"Nach dem Praktikum war klar: Das ist mein neuer Beruf"

Wer einen Bachelor- oder Masterabschluss hat, kann darauf aufbauend das Lehrdiplom für die Sekundarstufe I (7. bis 9. Klasse) erlangen. Michael Aeberhardt, Student an der PHBern, ist auf diesem Weg. Mehr über seine Motivation und die Ausbildung erzählt er im "Einsteiger", einer Artikelserie des Berner Mittelschul- und Berufsbildungsamts.
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Michael Aeberhardt, Student "Konsekutiver Master"
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Herr Aeberhardt, Sie sind 49, haben einen Master in Physik und viele Jahre im Risikomanagement einer Bank gearbeitet. Jetzt werden Sie Volksschullehrer. Weshalb?

Die Arbeit bei der Bank hat mir lange gefallen. Trotzdem verspürte ich nach über zwanzig Jahren das Bedürfnis, mich beruflich neu zu orientieren. Zwei Richtungen standen dabei im Vordergrund: eine Tätigkeit im Bereich Klima und Umwelt oder eine Tätigkeit als Lehrer. Mit der Idee, Lehrer zu werden, hatte ich schon während meines Physikstudiums geliebäugelt.

Jugendliche im Berufswahlalter gehen schnuppern, um einen Beruf kennenzulernen. Wie haben Sie sich ein Bild des Lehrberufs gemacht?

Während meiner Neuorientierung intensivierte ich den Kontakt zur Schule meiner Kinder. Ich war bei einigen Ausflügen und in einem Lager dabei, sprach mit mehreren Lehrpersonen und besuchte deren Unterricht. Nach einem Berufscoaching schrieb ich mich schliesslich bei der PHBern ein. Spätestens nach dem ersten Praktikum war klar: Das ist mein neuer Beruf.

Sie absolvieren an der PHBern den Studiengang «Konsekutiver Master Sekundarstufe I». Wie ist das, mit 49 Jahren wieder Student zu sein?

Das hört sich speziell an, ist es aber nicht. An der PHBern gibt es viele Studierende mit vergleichbarer Berufs- und Lebenserfahrung. Ich bin mitnichten der Älteste … (lacht) Und den Austausch mit den jüngeren Studierenden erlebe ich als bereichernd. Ich lerne im Studium viele spannende Menschen kennen. Es ist ein Privileg, in meinem Alter nochmals studieren zu dürfen und sich intensiv mit spannenden Themen zu beschäftigen.

Wie ist der Studiengang aufgebaut?

Die Zulassung bedingt ein abgeschlossenes Bachelor- oder Masterstudium an einer Universität oder einer Fachhochschule. Der konsekutive Master baut auf der fachwissenschaftlichen Vorbildung auf. Wer beispielsweise Mathematik studiert hat, fokussiert sich in diesem Fachbereich nur auf die fachdidaktischen Inhalte. Dazu kommen Module zu Aspekten wie Unterrichtsplanung, Beurteilung oder Klassenführung. Ergänzt wird das Studium durch Querschnittsthemen wie Heterogenität und Inklusion oder Digitalität. Im Masterstudium werden diese Gebiete mit Leistungsnachweisen in Form von Arbeiten erbracht. Vollzeit kann das Studium in vier bis sechs Semestern absolviert werden. Arbeitet man nebenher, dauert es entsprechend länger.

Beim konsekutiven Master muss man sich für zwei Fachbereiche entscheiden. Welche haben Sie gewählt?
Mathematik sowie Räume, Zeiten, Gesellschaft. Für den ersten Fachbereich erhalte ich als Physiker mit Nebenfach Mathematik die erwähnte Entlastung. Beim Fachbereich Räume, Zeiten, Gesellschaft absolviere ich das volle Studienprogramm. Aber dieses Fach wollte ich unbedingt studieren, weil ich mit den Schülerinnen und Schülern über Klima- und Umweltfragen oder über geschichtliche und gesellschaftliche Themen diskutieren kann. Das finde ich spannend.

Was lernen Sie im Studium, das Sie aufgrund Ihrer Vorbildung und Ihrer Berufserfahrung nicht bereits wissen bzw. können?
Extrem viel. Alle didaktischen Themen sind für mich neu. Aber auch in den einzelnen Fächern lerne ich dazu. Es gibt an der PHBern viele hochkompetente und motivierte Dozentinnen und Dozenten, die spannende Seminare veranstalten. Geschichte macht mir beispielsweise gerade sehr viel Spass. Da erziele ich einen grossen Wissenszuwachs.

Sie haben Familie, sind berufstätig und absolvieren ein Vollzeitstudium. Wie geht das?
Es braucht eine Familie, die das mitträgt, und einen Arbeitgeber, der flexibel ist. Seit ich wieder studiere, habe ich mein Pensum bei der Bank auf 60 Prozent reduziert. Im Sommer werde ich eine 40-Prozent-Stelle als Co-Klassenlehrer einer 7. Klasse antreten, die mich aber zu Beginn bestimmt deutlich mehr beschäftigen wird.

Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn Sie an Ihr künftiges Tätigkeitsfeld denken?
Darauf, in den Beruf einzutauchen, junge Menschen auf das Leben vorzubereiten und mit ihnen über gesellschaftliche Themen zu diskutieren. Die Vorfreude ist mit grossem Respekt für diese verantwortungsvolle Aufgabe gepaart.