Gütekriterien

Der Kreislauf der Förderplanung zeichnet sich durch verschiedene Aspekte aus, die es bei jeder Förderplanung zu beachten gilt. Im Folgenden werden diese näher ausgeführt:

Diagnose und Förderung im Prozess

Gütekriterium 1: 

Das Zusammenspiel von Diagnostik und Förderung ist ein einander beeinflussender Prozess. 

Die Förderung von Lernenden basiert nicht auf einer einmaligen, abgeschlossenen Bestandsaufnahme, sondern auf einem Mosaik von kontinuierlichen Beobachtungen und Datenerhebungen. Förderorientierte Diagnose ist stets auch Begleitdiagnose, interessiert an den Entwicklungsprozessen des Lernens, offen für neue, auch erwartungswidrige Erkenntnisse und für individuelle Anpassungen von Förderzielen und Fördermassnahmen.  

Für die Lehrperson bedeutet das: Sie vermeidet statische Zuschreibungen und nimmt in verschiedenen Bereichen Entwicklungsschritte wahr.  

Vorgehen im Unterricht: 

  • Kontinuierliches Beobachten und Erheben von Daten 

  • Ausnahmen erkennen 

  • Entwicklungsprozesse beachten  

Alltagsereignisse und Produkte der Lernenden

Gütekriterium 2: 

Hinter jedem Unterrichtsbeitrag einer resp. eines Lernenden (mündlich wie schriftlich, verbal wie nonverbal) verbergen sich Entwicklungspotenziale. 

Alltagsereignisse und Produkte der Lernenden bieten bei der Datenerhebung vielfältige Chancen. Unterrichtsintegriert lassen sich Vorgehensweisen beobachten. Lautes Denken der Lernenden und die Analyse von schriftlichen Produkten geben Einblick in ihre Lern- und Denkprozesse (bspw. bei Texten, mathematischen Lösungswegen …). Gespräche ermöglichen Einblicke in emotionale Befindlichkeiten und soziale Vorgänge.  

Für die Lehrperson bedeutet das: Förderorientierte diagnostische Tätigkeit ist stets auch integrierter Bestandteil des pädagogischen Handelns im Unterricht. 

Vorgehen im Unterricht: 

  •  Lautes Denken pflegen 
  • Produkte der Lernenden analysieren 

  • Gespräche führen 

Theoriebezug als Verstehensgrundlage

Gütekriterium 3: Diagnosen zum Lern- oder Entwicklungsstand in den einzelnen Förderbereichen brauchen Theorie.  

Im Prozess der Datenerhebung ermöglicht theoretisches Wissen die Erfassung der für einen bestimmten Förderbereich relevanten Informationen. Zu diesem Wissen gehören pädagogische, (fach-)didaktische sowie lern- und entwicklungspsychologische Kenntnisse. Theorie trägt hier zu einer differenzierten Wahrnehmung bei.  

Im Prozess der Dateninterpretation ergeben sich durch den Theoriebezug die Kriterien zur Analyse von Situationen, Lernprozessen und Produkten der Lernenden. Brauchbare förderdiagnostische Instrumente legen diesen Theoriebezug offen. 

Für die Lehrperson bedeutet das: Nur mit Theoriebezug lassen sich diagnostische Informationen verstehen und für die Förderplanung nutzen.  

Vorgehen im Unterricht: 

  • Theoriebezug klären 

  • Erfassungskriterien festlegen 

  • Theoriegeleitet Daten verstehen 

Ressourcen und erschwerte Bedingungen

Gütekriterium 4: Förderorientierte Diagnostik orientiert sich an den Ressourcen der resp. des Lernenden – nicht an ihren resp. seinen Schwächen. 

Beim Prozess der Förderplanung liegt der Fokus nicht auf Defiziten und Lernschwächen der Lernenden. Gesucht wird nach Ressourcen und Anknüpfungspunkten des Lernens. Dabei interessieren sowohl die fördernden wie auch die behindernden Bedingungen des Lernens. Mit welchen Lernbedingungen sieht sich der bzw. die Lernende konfrontiert - sowohl in Bezug auf sein bzw. ihr soziales und materielles Umfeld, als auch auf seine bzw. ihre eigenen Lernvoraussetzungen?  

Für die Lehrperson bedeutet das zu reflektieren und fragen, welche Bedingungen wie beeinflusst oder kompensiert werden können.  

Vorgehen im Unterricht: 

  • Anknüpfungspunkte des Lernens erkennen 

  • Behindernde Bedingungen abbauen 

  • Fördernde Bedingungen unterstützen 

Mehrperspektivität im Team

Gütekriterium 5: Förderorientierte Diagnostik bezieht verschiedene Blickwinkel ein. 

Förderorientierte Diagnostik und Förderplanung beruhen auf einer mehrperspektivischen Sichtweise. Nicht alle sehen, erleben und verstehen gleich. Es gibt verschiedene Wahrnehmungs-, Erlebnis- und Deutungsweisen. Mehrperspektivität ergibt sich zum einen durch den Einbezug mehrerer am Bildungsprozess der Lernenden beteiligter Personen. Zum anderen lässt sich dadurch eine bewusste Ausweitung der theoretischen Perspektiven und möglichen Interpretationen erreichen. Zur Mehrperspektivität gehört z.B. der Einbezug der Perspektive der bzw. des Lernenden und der Eltern. 

Für die Lehrperson bedeutet das: Mehrperspektivität gilt es bewusst herzustellen. 

Vorgehen im Unterricht: 

  • Perspektive der resp. des Lernenden einbeziehen 

  • Team aktivieren (Eltern, Kolleg*innen, Fachpersonen…) 

  • Mehrperspektivität bezüglich der Deutungs- und Erklärungsmuster 

Transparente Vorgehensweisen

Gütekriterium 6: Förderplanung ist ein für alle Beteiligten nachvollziehbarer Prozess. 

Bei der Förderplanung wird mit offenen Karten gespielt. Das Festlegen von Förderzielen erfolgt unter Einbezug aller Beteiligten. Der Einsatz von Erfassungsinstrumenten wird offengelegt, Beobachtungen, Test- und Erfassungsresultate sowie deren Interpretationen werden dokumentiert und transparent kommuniziert. Dies ermöglicht ein konstruktives Mitdenken aller Beteiligten.  

Für die Lehrperson bedeutet das: Sowohl gegenüber der bzw. dem Lernenden wie gegenüber anderen Lehrpersonen und Eltern ist grösstmögliche Transparenz anzustreben.  

Vorgehen im Unterricht: 

  • Transparenz bei Förderzielen und -massnahmen 

  • Klare Dokumentationsformen 

  • Verständliche Kommunikation