PHBern – 10 Jahre alt und bestens gerüstet: Interview mit Rektor und Schulratspräsident

Der Schulratspräsident der PHBern, Martin Fischer, (rechts im Bild) und Rektor Martin Schäfer ziehen eine mehrheitlich positive Bilanz des Studienjahrs 2014/2015. Die Entwicklungen der vergangenen Dekade zeigen, dass die Institution auf Kurs ist.

Bild von Rektor Martin Schäfer (l.) und Schulratspräsident Martin Fischer.

 

Herr Fischer, Herr Schäfer, welches ist Ihre Bilanz des Studienjahres 2014/2015?
Martin Fischer: Eine grosse Herausforderung stellte die Umsetzung der vom Grossen Rat beschlossenen Sparvorgaben dar. Um bis Ende 2016 insgesamt 2,5 Mio. Franken einzusparen, hat der Schulrat unter anderem beschlossen, das Institut für Weiterbildung und das Institut für Medienbildung per 1. Januar 2015 zum Institut für Weiterbildung und Medienbildung (IWM) zusammenzuführen. Weiter wurde entschieden, im Leistungsbereich Forschung und Entwicklung Schwerpunktprogramme zu definieren und einzelne Angebote, welche die PHBern für externe Kundinnen und Kunden anbietet, stärker zu bewerben. Aber auch die Grundausbildungsinstitute waren betroffen.
Der Schulrat war bestrebt, klare Entscheide zu fällen und diese proaktiv zu kommunizieren. Trotzdem waren Phasen der Unsicherheit nicht zu vermeiden. Es ist mir deshalb an dieser Stelle ein Anliegen, den betroffenen Mitarbeitenden der PHBern für die Loyalität und das Engagement während dieser Zeit zu danken. 

Martin Schäfer: Das Berichtsjahr hat aber auch viel Erfreuliches gebracht. Da ist sicher die Tatsache zu erwähnen, dass die PHBern für Studierende sehr attraktiv bleibt. Das zeigen die nach wie vor steigenden Studierendenzahlen und der weiterhin hohe Anteil an Studierenden aus anderen Kantonen. Zudem konnte die PHBern im Jahr 2015 ihr zehnjähriges Jubiläum begehen. Aus diesem Anlass fanden eine Reihe gelungener Veranstaltungen statt – etwa der Erlebnistag im Mai, an dem über tausend begeisterte Schülerinnen und Schüler mit ihren Lehrpersonen teilnahmen. 
Die Aktivitäten im Jubiläumsjahr wären ohne die grosse Einsatzbereitschaft der Mitarbeitenden der PHBern nicht möglich gewesen. Ihnen gebührt ein grosser Dank. Ich glaube, dass der gemeinsame Einsatz das Zusammengehörigkeitsgefühl weiter verbessert hat. Am Sommerfest, dem jährlichen Mitarbeitendenanlass im Juni, nahm ich eine sehr positive Stimmung wahr. 

Sie erwähnten den Zusammenschluss zweier Einrichtungen zum IWM: Was bedeutet er für die praktizierenden Lehrpersonen? 
Fischer: Weiterbildung und Medienbildung – beides Angebote für praktizierende Lehrpersonen – kommen nun aus einer Hand und sind noch besser auf die Bedürfnisse des Berufsfelds ausgerichtet.
Schäfer: Für die betroffenen Mitarbeitenden war die Phase der Zusammenführung mit viel Ungewissheit verbunden. Dank dem hohen Engagement aller Angehörigen der beiden Institute ist es gelungen, die Prozesse rasch den neuen Gegebenheiten anzupassen. Die PHBern setzt alles daran, auch weiterhin ein möglichst umfassendes und qualitativ hochstehendes Angebot zur Verfügung zu stellen.

Auch der Leistungsbereich Forschung, Entwicklung und Evaluation ist von den Sparvorgaben betroffen. Wie sieht das konkret aus?
Fischer: Mit der Strategie 2014 bis 2017 hat der Schulrat beschlossen, Schwerpunktprogramme aufzubauen. Dies ermöglicht es, in Zukunft mit den vorhandenen finanziellen Ressourcen noch direkter konkrete Forschungs-, Entwicklungs- und Evaluationsprojekte zu unterstützen. Die Neuausrichtung des Leistungsbereichs Forschung, Entwicklung und Evaluation ist angelaufen und wird voraussichtlich im Studienjahr 2015/2016 zu ersten Ergebnissen führen. Die Mitarbeitenden haben den Auftrag, für ihre Projekte vermehrt Drittmittel einzuwerben. Ein strategisches Projekt prüft zudem die Möglichkeit von Kooperationen zwischen der PHBern und der Wirtschaft.

Wie sieht die Situation bei den Grundausbildungsinstituten aus?
Schäfer: Auch dieser Leistungsbereich ist von den Sparvorgaben betroffen, und zwar insofern, als sie mit den gleichen finanziellen Mitteln mehr Studierende ausbilden müssen. Das bedeutet zum Beispiel, dass die Gruppengrössen erhöht werden mussten.

Bezüglich Sparmassnahmen hat sich die PHBern zu einem radikalen Schnitt entschieden statt zu einem stetigen Abbau über Jahre. Wieso das?
Fischer: Eine stufenweise Sparpolitik über Jahre hinweg hätte aus unserer Sicht zu noch mehr Verunsicherung bei den Mitarbeitenden geführt. Mit der umgehenden Senkung der Ausgaben auf allen Ebenen erreichten wir hingegen, dass die PHBern in den kommenden Jahren über die notwendigen Ressourcen verfügt, um einerseits den Leistungsauftrag des Regierungsrats nach wie vor weitgehend zu erfüllen, andererseits die Weiterentwicklung im Sinne der vom Schulrat verabschiedeten Strategie voranzutreiben.

 

Bild des Rektors Martin Schäfer

Im Studienjahr 2014/2015 wurde die PHBern zehn Jahre alt. Was hat sich in den zehn Jahren ihres Bestehens verändert?
Fischer: Vor zehn Jahren wurden die Aus- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern sowie die Leistungsbereiche Bildungsmedien/Medienbildung und Forschung, Entwicklung und Evaluation unter ein gemeinsames organisatorisches Dach zusammengeführt. Aus einem heterogenen Verbund von einzelnen Organisationseinheiten ist die PHBern inzwischen zu einer gut funktionierenden Gesamtinstitution zusammengewachsen; und als solche wird sie auch wahrgenommen. Zur Einheit beigetragen hat unter anderem die Reduktion der Standorte von rund einem Dutzend auf heute noch drei. Alle Grundausbildungsinstitute sind seit Sommer 2013 auf dem zeitgemäss ausgestatteten Areal des Hochschulzentrums vonRoll vereint. Der Zusammenzug erlaubt es, Synergien noch stärker als bis anhin zu nutzen. Nur die räumliche Distanz zwischen dem vonRoll-Areal und den Standorten des Instituts für Weiterbildung und Medienbildung an der Weltistrasse und am Helvetiaplatz erschwert die Zusammenarbeit noch.
Schäfer: Zu Beginn wurde der PHBern wie allen Pädagogischen Hochschulen oft vorgeworfen, ihre Studierenden praxisfern auszubilden. Dieser Vorwurf ist heute kaum noch zu hören, gelingt es der PHBern doch immer besser, die Stärken ihrer Ausbildung zu kommunizieren. Es ist wichtig, dass Politik und Verwaltung zur Kenntnis nehmen, dass die Studierenden heute mehr Zeit in den Praktika verbringen, als dies während der seminaristischen Ausbildung der Fall war.
Seit der Überführung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung Kanton Bern (LLB) in die heutige PHBern haben sich zudem die Studieninhalte verändert. Der Fokus liegt heute profilierter auf den einzelnen Aufgabenbereichen im Lehrberuf – Unterricht, Schule, Persönlichkeit. Damit werden den Lehrpersonen wichtige Kompetenzen auf den Weg gegeben, den eigenen Unterricht und das eigene Berufsverständnis auch nach der Ausbildung an der PHBern selbstständig weiterzuentwickeln.

Wo steht die PHBern heute?
Fischer: Sie ist gut positioniert, und zwar in allen vier Leistungsbereichen. Dementsprechend absolvieren nur wenige Studierende aus dem Kanton Bern eine Ausbildung an einer ausserkantonalen Pädagogischen Hochschule. Umgekehrt ist der Anteil an ausserkantonalen Studierenden, die sich für ein Studium an der PHBern entscheiden, sehr hoch. Die jährlichen Kosten pro Vollzeitäquivalenz einer Studentin oder eines Studenten der Grundausbildungen der PHBern liegen unter dem gesamtschweizerischen Durchschnitt. 
In der Weiterbildung und der Medienbildung hat sich die PHBern dank ihres zeitgemässen Angebots als wichtige Partnerin für die Weiterentwicklung von Schule und Unterricht positioniert. Dieser Leistungsbereich greift aktuelle Themen auf und orientiert sich an den Bedürfnissen des Berufsfelds. So laufen zurzeit die Vorbereitungen für die Weiterbildungsangebote im Hinblick auf die Einführung des Lehrplans 21. Im August 2015 haben erste Veranstaltungen begonnen. Mit der Mediothek am Helvetiaplatz verfügt die PHBern über ein bedeutendes Kompetenzzentrum im Bereich Medienbildung und Bildungsmedien.
Und punkto Forschung hat ein kürzlich an der PHBern durchgeführtes Projekt ergeben, dass der Leistungsbereich Forschung, Entwicklung und Evaluation an der PHBern wie auch an den anderen Pädagogischen Hochschulen der Schweiz einen klaren Bezug zum Berufsfeld aufweist und damit sehr anwendungsorientiert ist. Dieser Weg soll fortgesetzt werden. Die Strategie 2014 bis 2017 sieht Schwerpunktprogramme zu Themen vor, die für das Berufsfeld von zentraler Bedeutung sind oder sein werden. Die PHBern verfügt mit Veranstaltungen wie dem "Treffpunkt Schule und Wissenschaft" oder der Publikationsreihe "Beiträge für die Praxis" zudem über Gefässe, in denen die Ergebnisse der Forschung einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden können. Für die gute Qualität und das Engagement der Forschung an der PHBern spricht auch, dass Referentinnen und Referenten der PHBern immer besser an Kongressen und Tagungen vertreten sind. 

 

Bild des Schulratspräsidenten Martin Fischer

 

Wie hat die PHBern ihr 10-Jahr-Jubiläum begangen?
Schäfer: Wir haben uns entschieden, keine rauschenden Feste zu feiern, sondern über das Jahr verteilt verschiedene Anlässe für Lehrpersonen, Schülerinnen und Schüler aller Stufen sowie für eine interessierte Öffentlichkeit durchzuführen. Ein besonderes Ereignis war der Erlebnistag im Mai 2015, an dem wir Kindergarten- und Schulklassen aus dem ganzen Kanton an die Fabrikstrasse und an den Helvetiaplatz eingeladen haben. Die Resonanz war überwältigend. Über tausend Schülerinnen und Schüler samt ihren Lehrpersonen strömten an die PHBern und nahmen an den angebotenen Workshops teil. Gerne erinnere ich mich auch an den jährlichen Mitarbeitendenanlass im Juni zurück. Auch er stand im Zeichen des Jubiläums. Eingeladen waren mit Ursula Haller und Peter Santschi zwei Persönlichkeiten, denen grosse Verdienste um die Lehrerinnen- und Lehrerbildung zukommen. Peter Santschi hat mit der Grossratsmotion "Eigene pädagogische Hochschule für die Lehrkräfte der Volksschule" die Grundlage für die PHBern gelegt, während Ursula Haller als Mitglied des Gründungsschulrats die PHBern wesentlich mitgeformt hat. Sie beide haben auf die Gründungszeit und die Entwicklung der PHBern zurückgeblickt und lobende Worte für die heutige Arbeit der Institution gefunden.

Welche Aufgaben stehen in nächster Zeit an?
Schäfer: Was die PHBern direkt betrifft, hat Martin Fischer schon auf die wesentlichen Punkte hingewiesen: die Schwerpunktthemen, die Institutszusammenführung und die Strategie 2014 bis 2017. Diese Themen werden uns noch eine Weile beschäftigen. Auf gesamtschweizerischer Ebene wird die Umsetzung des Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetzes (HFKG) ein Thema sein. Die PHBern geht die damit verbundene institutionelle Akkreditierung im Jahr 2016 an.

Wo steht die PHBern in zehn Jahren?
Schäfer: Für die kommenden Jahre sehe ich diverse Herausforderungen. Die Heterogenität der Studierenden an der PHBern wird zunehmen. Das gilt sowohl in Bezug auf die lebens- und berufsbiografischen Situationen der einzelnen Studierenden als auch in Bezug auf die Wege, die sie an die PHBern führen. Diese Heterogenität ist mit der Anforderung verbunden, individuelle und flexible Studienangebote zur Verfügung zu stellen. Das bedeutet für die PHBern, dass sie sich mit Lehr- und Lernformen des orts- und zeitunabhängigen Studierens auseinandersetzen muss. Eine weitere Herausforderung ist der Umgang mit überfachlichen Themen wie Medien und Informatik sowie mit Fragestellungen der Inter- und Transdisziplinarität. Zudem steht eine Profilierung innerhalb der Schweizer Hochschullandschaft mit den Schwerpunktthemen aus der Strategie 2014 bis 2017 an. Dasselbe gilt für den Aufbau der Fachdidaktikzentren Sport, Technisches und Textiles Gestalten sowie Natur, Mensch, Gesellschaft.
Fischer: Für den Schulrat, die Schulleitung und alle Mitarbeitenden der PHBern bedeutet dies, sich mit dem gleichen Engagement wie bis anhin für ein umfassendes und qualitativ hochstehendes Angebot für das Berufsfeld Schule einzusetzen. Gleichzeitig hoffe ich, dass sich die Zusammenarbeit mit Politik und Verwaltung weiterhin so konstruktiv entwickelt wie bis anhin. Grundsätzlich blicke ich sehr optimistisch in die Zukunft.