Fachliche Einbettung

Die Entscheidung für die Farbe und das Malen als Lerngegenstand des vorliegenden Projektes basiert auf der Bedeutsamkeit des Themas für Kinder und Jugendliche sowie auf der Komplexität und vielschichtigen Zugänglichkeit (vgl. Oswald 2003, 411–415) mit rezeptiven als auch produktiven Zugangsweisen. Malerei ist innerhalb der etablierten Bildgestaltungsverfahren eine gängige Darstellungsform und die farbige Darstellung hat als kulturell und lebensweltlich relevantes Feld menschlichen Könnens und Wissens eine eigene Spezifik (vgl. Sowa & Glas 2016, 2). Die Relationalität des Farbverstehens setzt Farbwahrnehmung, Farbvorstellung und Farbdarstellung in einen dynamischen Bezug. Das malerische Bildhandeln ist aus Perspektive des BG-Unterrichts bildungsbedürftig und lernbar (vgl. Sowa & Glas 2016, 3).

Über die Einbettung des Lerngegenstandes Farbe und Malerei in die drei fachlichen Kompetenzbereiche des Lehrplan 21 BG Wahrnehmung und Kommunikation, Prozesse und Produkte, Kontexte und Orientierung mit unterschiedlichen Akzentuierungen von fachlichen und überfachlichen Kompetenzen sollen Schülerinnen und Schüler Bildkompetenz (vgl. D-EDK 2015) erwerben, wobei durch kognitive Aktivierung die Reflexion subjektiven Erlebens und ästhetischer Urteile ebenso gewichtet werden wie die Entwicklung handwerklicher Kompetenzen (vgl. Peez 2012, 27).

Malerische Zugänge eröffnen auch Möglichkeiten für das Verbinden von analogem und digitalem Gestalten und Kombinationen von unterschiedlichen bildnerischen Verfahren und Materialien. Mit der Vielfalt möglicher Motive von gegenständlich über expressiv bis abstrakt können Schülerinnen und Schüler vielfältige Bildlösungen entwickeln. Gegenseitiger Austausch während malerischer Prozesse wird als Potenzial der Lerngruppe zur Vergewisserung und als Inspiration genutzt. Die Realisierung einer Malerei bedingt eine gute Organisation des Arbeitsplatzes und verlangt Konzentration und Motivation für Überarbeitungsprozesse sowie ausdauerndes Arbeiten bezüglich der Elaboration der eigenen Arbeit oder auch um auch grössere Formate fertigzustellen.

Gemalte Bilder stehen, verstanden als ein produktiver Zugang zu Bildern, für Bildkompetenz (vgl. Bering & Niehoff 2005; Niehoff 2012), die im aktuellen Fachdiskurs im Kontext der allgemeinen Bildung einen wichtigen Stellenwert hat. Das Bild- und Kunstverständnis ermöglicht den Lernenden sich in einer von Bildern geprägten Welt zu orientieren: Sie untersuchen und analysieren Bilder und Kunstwerke bezüglich Wirkung und Funktion von Farbe. Hierzu gehören die Kommunikation mit und über farbige Bilder, aber auch der im neuen Lehrplan geforderte erweiterte Bildbegriff, der innere Bilder als Vorstellungen, Fantasien, Empfindungen und Assoziationen von äusseren Bildern unterscheidet, welche sich auf Objekte und Phänomene aus Natur, Kultur und Kunst beziehen (vgl. D-EDK, 2015).

Das im Projekttitel angesprochene Bilder wagen assoziiert Offenheit für malerische Prozesse, den Mut zu experimentieren, Neues zu entdecken, unvoreingenommen Bildersammlungen aufzubauen und daraus Bildideen zu entwickeln, die eine Weiterentwicklung der farbgestalterischen Ausdrucksfähigkeit ermöglichen. Dies erfordert eine entsprechende Disposition der Lehrperson (vgl. Blömeke & Kaiser 2017), Lernprozesse zu initiieren ohne auf ein im Vornherein definiertes Lernergebnis hinzusteuern und den Schülerinnen und Schülern auch ungewohnte visuelle Wahrnehmungen zu ermöglichen.

Fokussierte Kompetenzen LP 21, inhaltlich präzisiert

Fachliche Kompetenzen

Kompetenzbereich Wahrnehmung und Kommunikation
BG.1.A.2: Schülerinnen und Schüler können Malereien wahrnehmen, beobachten und darüber reflektieren.
BG.1.A.3: Schülerinnen und Schüler können ästhetische Urteile zu eigenen und fremden Malereien bilden und begründen.
BG.1.B.1: Schülerinnen und Schüler können malerische Prozesse und Produkte dokumentieren, präsentieren und darüber kommunizieren.

Kompetenzbereich Prozesse und Produkte
BG.2.A.1 Schülerinnen und Schüler können eigenständige Bildideen für eine Leinwandmalerei entwickeln.
BG.2.B.1: Schülerinnen und Schüler können die Wirkung bildnerischer Grundelemente untersuchen und für ihre Bildidee nutzen (Farbe, Form, Komposition).
BG.2.C.1: Schülerinnen und Schüler können die Wirkung malerischer Verfahren untersuchen und für ihre Bildidee nutzen.
BG.2.D.1: Schülerinnen und Schüler können Eigenschaften und Wirkungen von Farbmaterialien und Malwerkzeugen erproben und im bildnerischen Prozess einsetzen.

Kompetenzbereich Kontexte und Orientierung
BG.3.A.1: Schülerinnen und Schüler können Gemälde aus verschiedenen Zeiten sowie Farberfahrungen und Farbanwendungen aus dem Alltag lesen, einordnen und vergleichen.

Überfachliche Kompetenzen

Personale Kompetenz - Selbstständigkeit
Schülerinnen und Schüler können malerische Prozesse organisieren und konzentriert und ausdauernd arbeiten.

Methodische Kompetenz - Sprachfähigkeit
Schülerinnen und Schüler können farbige und malerische Phänomene mit fachlichen Begriffen beschreiben und Prozesse und Produkte mit fachspezifischem Wortschatz kommentieren und präsentieren.

Methodische Kompetenz - Aufgaben/Probleme lösen
Schülerinnen und Schüler kennen verschiedene Strategien beim Lösen von malerischen Aufgabenstellungen und können diese gezielt einsetzen. Sie können Herausforderungen annehmen, sich kreative Lösungen ausdenken, Informationen nutzen und Umsetzungsschritte planen.

Literatur

Bering, K. & Niehoff, R. (2005). Bilder. Eine Herausforderung für die Bildung. Oberhausen: Athena.

Blömeke, S. & Kaiser, G. (2017). Understanding the Development of Teachers' Professional Competencies as Personally, Situationally and Socially Determined. In D. J. Clandinin & J. Husu (Hrsg.), The SAGE Handbook of Research on Teacher Education, 783–802. London: SAGE Publications.

D-EDK, Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz (2015). Lehrplan21. Online: https://v-fe.lehrplan.ch/ [26.05.2020].

Niehoff, R. (2012). Vermittlung von Bildkompetenz als leitende Aufgabe von Kunstunterricht. BDK INFO Fachverband für Kunstpädagogik 1(2012), 25–30.

Oswald, M. (2003). Aspekte der Farbwahrnehmung bei Schülern im Alter zwischen 11 und 16 Jahre. Weimar: VDG.

Peez, G. (2018). Einführung in die Kunstpädagogik. Reihe Grundriss der Pädagogik- Erziehungswissenschaft. Stuttgart: Kohlhammer Verlag

Sowa, H. & Glas, A. (2016). Editorial – Malen. IMAGO Zeitschrift für Kunstpädagogik 2, 2–4.