Jeannine Holzer - Im Strom der Massen

Bildnerisches Gestalten

Holzer

Der Streifen folgt den Strömen, die den Alpenraum durchziehen. 

Menschen und Tiere.

Touristen und Herden. 

In einer Videocollage verweben sich ihre massenhaften Bewegungen zu irritierenden Bildern. Der gezielte Kontrast zwischen menschlichem und tierischem Verhalten schärft den Blick und stört die gewohnte Wahrnehmung. So entsteht eine provokative Auseinandersetzung mit der Frage, wem die Berge gehören und ein kritischer Blick auf die Dynamiken des Massentourismus.

Der Alpenraum ist seit Jahrhunderten Lebensraum, Wirtschaftsgebiet, Sehnsuchtsort und Projektionsfläche zugleich. Hier leben Einheimische, die seit Generationen mit der Landschaft verbunden sind, ebenso wie Tiere, deren Routen sich über Jahrhunderte kaum verändert haben. Zwischen alten Pfaden und neuen Strömungen begegnen sich Menschen aus aller Welt auf der Suche nach Erholung, Abenteuer oder dem perfekten Bild. So teilen sich Einheimische, Tourist*innen, Athlet*innen, Nutztiere und Wildtiere denselben Raum.

Alle in Bewegung, alle auf eigenen Wegen. Doch wem „gehören“ die Berge eigentlich?

Die Videocollage untersucht diese Frage, indem sie massenhafte Bewegungen unterschiedlicher Gruppen sichtbar macht. Menschliche und tierische Dynamiken werden bewusst gegenübergestellt: das Gewimmel von Tourist*innen auf dem Jungfraujoch, das aus der Vogelperspektive an einen Ameisenhaufen erinnert.

Paraglider, die in eleganten Bögen durch die Luft ziehen, im Kontrast zu einem Schwarm Vögel, der fast dieselben Bahnen fliegt.

Der endlose Autostau mit seinen pulsierenden roten Rücklichtern, der sich wie eine künstliche Ameisenstrasse durch das Tal schlängelt. 

Tradition und Moderne treffen aufeinander, wenn Trichler mit schweren Glocken an den Schultern durchs Dorf ziehen, während Freestyle-Wintersportler*innen waghalsige Sprünge über Kicker vollführen oder beim „Chinese Downhill“ in rasanter Masse den Hang hinunterstürzen, wie eine bunte sich bewegende Lawine.

Die Montage verzichtet auf lineare Erzählung und setzt stattdessen auf das visuelle Nebeneinander, auf rhythmische Schnitte und überraschende Bildfolgen. So entstehen Momente, in denen die Grenzen zwischen touristischem Freizeitverhalten, gelebter Tradition und instinktgeleiteter Bewegung verschwimmen. Mal wirken die Menschen wie Teil einer Herde, mal scheinen die Tiere die Rolle der „Einheimischen“ zu übernehmen, die ihr Terrain behaupten.

Der Streifen versteht sich nicht als moralischer Zeigefinger, sondern als Einladung, den eigenen Blick auf den Alpenraum zu hinterfragen. Er richtet einen kritischen Fokus auf die Dynamiken des Massentourismus, ohne dabei einfache Antworten zu liefern. Stattdessen öffnet er Raum für Ambivalenz: Die Faszination für die Bergwelt und ihre Anziehungskraft bleibt spürbar, ebenso wie die Frage, wie viel Bewegung ob 

menschlich, tierisch, traditionell oder modern, diese Landschaft verträgt.

Material und Technik

Videocollage erstellt in Adobe Premiere, eigene Aufnahmen gespickt mit Sequenzen aus Reportagen und Dokumentationen