Juan Widmer - Das Gefühl, das ich suche.

Bildnerisches Gestalten

Widmer

Neun Portraits zeigen denselben suchenden Blick in unterschiedlichen Farb- und Malvarianten. Ausgehend von einer Schwarz-Weiss-Fotografie spielt die Serie mit der Balance zwischen Reduktion und Ausdruck. Durch variierende Farbsättigung und Pinselstriche wird die fragile Stimmung des Blicks in neun Nuancen spürbar. So lädt jedes Bild dazu ein, sich auf die leise Intensität der Suche einzulassen und eigene Empfindungen darin zu entdecken.

Neun Portraits, neun Versionen desselben Blicks. Der Kopf bleibt gleich, die Gesichtszüge auch – und trotzdem wirkt jedes Bild auf seine eigene Weise. Die Arbeit ist ein Versuch, ein Gefühl einzufangen, das oft unbeachtet bleibt: den träumerisch-suchenden Blick einer Person. Dieser Ausdruck bildet den Kern der Serie und wird in verschiedenen Abstufungen von Farbe und Malweise umgesetzt.

Am Anfang stand eine Schwarz-Weiss-Fotografie. Ohne Farben richtet sich der Blick automatisch stärker auf Ausdruck und Form, nichts lenkt ab. Diese Reduktion hat mich fasziniert. Daraus entstand die Frage: Wie lässt sich so ein Bild in Farbe übertragen, ohne dass die leise, suchende Intensität verloren geht – vielleicht sogar so, dass sie noch klarer hervortritt?

Die Serie ist als Matrix von drei mal drei Bildern angelegt. Von links nach rechts steigt die Anzahl der Pinselstriche, von oben nach unten die Farbsättigung. Ganz oben links hängt ein fast monochromes Portrait, gemalt mit gebrochenen Weisstönen, kühlen Dunkelheiten und einer bewusst schlichten Farbpalette. Es erinnert an die Fotovorlage und bildet einen stillen, fast zurückhaltenden Einstieg. Von dort aus steigern sich Komplexität und Farbigkeit: Striche werden zahlreicher, Flächen dichter, Töne kräftiger. Trotz dieser Veränderungen bleibt die Wirkung des Blicks fast gleich. Der Ausdruck – suchend, tastend, fast schleichend findend – zieht sich durch alle neun Bilder. Die Unterschiede in Malweise und Farbwahl dienen allein dazu, genau diese Stimmung zu stützen und ihr mehr Präsenz zu geben. Jedes Bild ist ein Versuch, mit anderen Mitteln dasselbe Gefühl zu transportieren.

Es geht nicht um reine Abwechslung, sondern um das Ausloten einer Grenze: Wie reduziert kann ein Portrait sein, ohne an Wirkung zu verlieren? Und umgekehrt: Wann unterstützt mehr Malerei den Ausdruck, ohne ihn zu überladen? So entsteht ein Wechselspiel zwischen Einfachheit und Dichte, zwischen Andeutung und Ausarbeitung, das den Blick immer wieder neu rahmt.

Die Serie lädt dazu ein, sich Bild für Bild auf diesen Blick einzulassen. Wer sich Zeit nimmt, merkt schnell: Die Suche, die hier sichtbar wird, gehört nicht nur der dargestellten Person. Sie springt über – still, aber nachhaltig – auf diejenige Person, die sie betrachtet. Und vielleicht entdeckt sie in der Begegnung auch etwas von der eigenen Suche.

Material und Technik

wasserlösliche Ölfarben auf Malkarton