Katja Sutter - Alte Socke gut im Schuss

Textiles Gestalten

Sutter

Alte Kleidung neu im Schuss- Mit verschiedenen Flick- und Sticktechniken habe ich meine beschädigte Kleidung funktional erneuert und zugleich gestalterisch weiterentwickelt. Löcher wurden gestopft, Flecken überstickt, alte Jeans zu einer neuen Jacke zusammengesetzt, inspiriert von den Farb- und Formwelten Paul Klees. Die sichtbaren Eingriffe machen den Prozess erfahrbar: Aus alter, defekter Kleidung entstehen tragbare Unikate, die Spuren des Alten mit dem Neuen verbinden. Das Projekt stellt die Frage, wie wir Kleidung länger nutzen können – und versteht Reparatur als praktischen wie ästhetischen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit.

In einer Zeit, in der Kleidung immer schneller produziert, konsumiert und entsorgt wird, stellt dieses Projekt eine bewusste Gegenbewegung dar. Anstelle von Neukauf und Wegwerfmentalität steht die Verlängerung der Lebensdauer von Kleidungsstücken im Zentrum – durch sichtbare Reparaturen und durch Patchwork. Ausgangspunkt war die Frage, wie beschädigte Kleidung nicht nur funktional wiederhergestellt, sondern zugleich gestalterisch aufgewertet werden kann.

Die Auseinandersetzung begann mit dem Erlernen und Erproben traditioneller Reparaturverfahren. In einem Fachkurs zu Visible Mending wurden Techniken wie Webstopfen, Maschenstechen, Nadelspitze, Kettstich und Applikationen erlernt und anschließend an Alltagsstücken angewandt. Pullover, Blusen und T-Shirts erhielten durch diese Eingriffe neue Formen und Oberflächen, die Spuren des Gebrauchs nicht verdecken, sondern sichtbar machen. Damit entsteht ein Perspektivwechsel: Aus einem Defekt wird ein Gestaltungselement, aus einem Mangel eine Ressource.

Parallel dazu entstand eine Patchworkjacke aus alten Jeans. Hier wurden die Stoffe zerlegt, neu zusammengesetzt und durch Stickereien verstärkt. Die Farb- und Formensprache orientierte sich an den Werken Paul Klees, dessen geometrische Flächen und linearen Kompositionen eine ästhetische Verbindung zur Handarbeit eröffneten. So verbindet die Jacke textile Traditionen mit künstlerischer Referenz und verdeutlicht, dass Reparatur und Gestaltung eng zusammengehören.

Das Projekt versteht Reparatur nicht nur als handwerkliche Praxis, sondern auch als kulturelle Haltung. Geflickte Kleidung verweist auf einen bewussten Umgang mit Ressourcen, eröffnet kreative Handlungsspielräume und stellt die Frage nach dem Wert unserer Alltagsgegenstände. Während Fast Fashion Kleidung austauschbar macht, entstehen hier individuelle Unikate, die von den Spuren ihres Gebrauchs erzählen.

Die präsentierten Objekte – geflickte Kleidungsstücke, die Patchworkjacke sowie Materialproben – machen den gesamten Prozess sichtbar: von der Analyse der Schäden über die Wahl der Techniken bis zur Umsetzung. In dieser Transparenz liegt eine weitere Botschaft: Nachhaltigkeit ist kein abstrakter Begriff, sondern wird durch konkrete Handlungen erfahrbar. Jeder Stich ist ein kleiner Akt des Widerstands gegen die Wegwerfgesellschaft – und zugleich Ausdruck einer neuen Ästhetik, die Unvollkommenheit als Qualität begreift.

Material und Technik

Lebensverlängernde Massnahmen für meine alte Kleidung