Bildnerisches Gestalten
Zwischen Anspruch und Atemzug richtet den Blick auf das Gefühl von Stress im Berufsalltag von Lehrpersonen. In persönlichen Momentaufnahmen werden emotionale Reaktionen, innere Spannung und stille Erschöpfung festgehalten - zwischen hohen Ansprüchen, Zeitdruck und dem Wunsch nach Atempausen. Das Tagebuch spürt dem Gefühl von Stress in unterschiedlichen beruflichen Situationen mithilfe visueller Darstellungen nach.
Jahresplanungen, Schuljahresstart (und Schuljahresende natürlich), Einführung der Kinder und Jugendlichen in den Schulalltag, Elternarbeit – Kennenlerngespräche, Elternabende, Standortgespräche, Apéros, Theateraufführungen – Feinplanungen des Unterrichts, Kollegiumstage, Sitzungen, Onlinemeetings, Weiterbildungen, Fachgruppen, Austauschtage, Teamanlässe, unruhige, kreative und energiegeladene Kinder und Jugendliche, Kommunikation, Klassenführung (wie führe ich überhaupt gut?), Unterrichtsgestaltung, Disziplinmanagement, …
Die Liste ist noch lange nicht abgeschlossen. Kommen dir diese Schlagwörter bekannt vor? Führen diese Dinge bei dir auch manchmal, oft oder sogar immer zu einer inneren Anspannung im Brustbereich, einem stark klopfenden Herz, einem mulmigen Gefühl im Bauch und einer flachen und kurzen Atmung? Kannst du dich mit den beschriebenen Gefühlen bzw. physischen Symptomen identifizieren? Kennst du das? Ich nenne das, Stress.
Noch bevor ich Lehrperson geworden bin, habe ich in meinem Umfeld immer und immer wieder gehört, wie der Lehrpersonenjob Lehrpersonen ausbrennt und sie im Burnout landen. Ich konnte mir dies damals nicht vorstellen: 13 Wochen Ferien, einen guten Lohn, immer um spätestens 17:00 Uhr Feierabend, gemütliches Kaffeetrinken in der langen Mittagspause, Kinder und Jugendliche um einem herum, fröhliche Eltern, welche einem unterstützen – naja, so einfach ist das nicht. Ich habe schnell gemerkt, dass diese Vorstellungen nichts anderes als Vorstellungen waren. Die Realität sieht anders aus. Zumindest sah sie zu Beginn meines Berufseinstiegs anders aus, oder – vielleicht etwas besser gesagt – ich nahm sie anders wahr, stressig.
Von riesiger Vorfreude, endlich in meinen Traumberuf zu starten, zum Gespräch mit meiner Schulleitung, ob ich einige wenige Lektionen einer Stellvertretung übergeben könnte, da ich es selbst nicht mehr bewältigen konnte, verging knapp ein Jahr. Alles kam schneller als erwartet und der Stress spitzte sich innerhalb weniger Monate enorm zu. Müdigkeit, Erschöpfung, bis hin zu kurzzeitigen Angstzuständen. Ja, ich bin eine Perfektionistin – das war sicher ein grosser Teil, der zu diesem Zustand beitrug – heute ist mir das bewusst.
Einige Zeit später lernte ich mich neu kennen. Ich gab plötzlich Acht auf meine Gesundheit, hörte auf meinen Körper und dessen Signale, lernte meine Grenzen kennen und konnte sie auch mehr und mehr kommunizieren.
Heute durchlebe ich immer noch unzählige stressige Momente in meinem Beruf, doch der Umgang damit ist anders, reguliert und ruhig. Ich bin gerne Lehrerin, trotz einer solchen Erfahrung, und ich wünsche mir für alle zukünftigen Junglehrpersonen einen achtsamen, gut unterstützen und nicht allzu perfektionistischen Berufseinstieg! Gehe in dich, nimm deine Grenzen wahr, schreite nicht darüber hinaus und kommuniziere deine Bedürfnisse.