Ronja Kubik - Re:Paired

Textiles Gestalten

Kubik

Wie gehen wir mit Fehlern um? Im Gegenstand? In der Welt? In uns selbst?

Ein Stuhl aus Stahl und zerbrochenen Geschirrfragmenten. Keine Reparaturen, nur Neuanordnungen. Fragmente. 

In der Brocki entsorgt und ihrer ursprünglichen Funktion beraubt, werden Teller im Mosaik zu einer neuen Einheit gefügt. Mit weniger wird mehr geschaffen: Ein Chaos, eine Frage an die Gesellschaft. 

Warum immer mehr, wenn das Zuviel bereits im Überfluss an Strassenrändern und in Brockis sichtbar ist?

Re:Paired ist nicht isoliert zu betrachten, sondern gemeinsam mit dem Projekt Re:Framed. Während Re:Framed Narben, Falten und Brüche des menschlichen Körpers und Geistes aufgreift, suchte ich im TTG nach einer materiellen Übersetzung derselben Thematik. Beide Arbeiten kreisen jedoch um dieselbe Frage: Wie gehen wir mit Fehlern um? Im Gegenstand, in der Welt, in uns selbst.

Inspiriert durch die japanische Handwerkskunst Kintsugi und der damit verbundenen Philosophie des Wabi-Sabi, wurde mir klar, dass ich diese Haltung gänzlich im Projekt integrieren möchte. Doch womit? Meine Gedanken kreisten um zerbrochene Alltagsgegenstände, aber welche? Und warum ist in meinem Haushalt so vieles neu? Die Realisierung: Überfluss und Überkonsum. 

Auf Recherchen in verschiedenen Brockis stiess ich auf eine enorme Menge an Objekten, besonders Kleidung und Küchenware türmten sich in den Regalen und sogar hinter den Kassen. Eine Überfülle im wahrsten Sinne. Kleinere Brockis glichen fast einer Müllhalde und ich fragte mich, warum wir so unaufhörlich produzieren und konsumieren, wenn bereits ein Übermass vorhanden ist. Die vor mir türmende Masse an Tellern, einst vertraute und benutzte Alltagsobjekte, drängte sich als Material für meinen Stuhl geradezu auf.

Stühle stehen für Sitzen, Verweilen und Innehalten und nicht für eine gewisse Unbequemlichkeit, die hier bewusst in Kauf genommen wird. Denn dieser Stuhl soll keine Gemütlichkeit ausstrahlen, sondern etwas provozieren. Ist er noch funktional? Oder ist er ein Spiegel einer Gesellschaft, die im Zuviel erstickt? Ist es ein Möbel, Kunst oder Kritik?

Die Teller sind weder als solche erkennbar, noch werden sie es je wieder sein. Trotzdem leben sie in diesem Stuhl in veränderter Form weiter. Die Schweissnähte, Fugen und Fragmente sind lange nicht perfekt und die Sitzplatte wirkt nicht einladend, ein Sinnbild der imperfekten Vollendung.

Re:Paired weist auf die materielle Welt der Gesellschaft hin, zusammen mit dem Projekt Re:Framed fordert es zum Nachdenken über Makel, Überfluss, Konsum und Vergänglichkeit auf. Sichtbar wird eine paradoxe Schönheit in Brüchen, Hinweis auf die Absurdität der Konsum- und Wegwerfgesellschaft: unbequem, irritierend, notwendig. 

Material und Technik

Stuhl aus Winkelstahl mit Teller-Mosaik