Im Fokus an der IF-Tagung 2024: Neue Autorität

Rekord: Über 270 Pädagoginnen und Pädagogen haben an der IF-Tagung 2024 teilgenommen. Das Motto lautete "Gemeinsam Freiräume schaffen – Herausforderungen stark begegnen". Das Referat von Regina Haller setzte einen deutlichen Akzent.
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In der Welt der Bildung ragt der Begriff Neue Autorität immer wieder hervor und eröffnet spannende Diskussionen. Dieser neue Ansatz stand auch im Fokus der IF-Tagung 2024 (Integrative Förderung). Denn Neue Autorität zeigt vielversprechende Erfolge im Umgang mit Vielfalt und herausfordernden Verhaltensweisen. 

Die Hauptreferentin Regina Haller gab Einblicke in ihre Erfahrungen und teilte zahlreiche Erfolgsgeschichten. Sie ist Schulleiterin in Zürich, Supervisorin, Teamentwicklerin und Coach. Bekannt wurde sie unter anderem auch dank ihres Buches "Raus aus der Ohnmacht", welches sie mit Professor Dr. Haim Omer geschrieben hat. Ihr Buch zeigt Lehrpersonen wirksame und praxisnahe Handlungsmöglichkeiten auf. Offensichtlich nach dem Prinzip der Neuen Autorität. 

Die Idee der Neuen Autorität sei nicht neu, so Haller: "Sie ist eine Mischung aus Prinzipien und Praktiken, die von Denkenden seit Jahrtausenden erörtert wurden." Somit sei das Fundament der Neuen Autorität bekannt, und doch werde es in der praktischen Umsetzung oft vernachlässigt.

Neue Autorität bedeutet nicht, keine Regeln 

Ein möglicher Grund, wieso die Neue Autorität trotz bekanntem Fundament noch nicht weiter verbreitet ist: Viele Lehrpersonen haben Bedenken, dass sie nicht ernst genommen werden. Haller entkräftet diese Befürchtungen wie folgt: "Neue Autorität bedeutet keinesfalls keine Regeln." Im Gegenteil: Beharrlichkeit sei ein wichtiges Prinzip der Neuen Autorität. Regeln respektive eine verbindliche Schulkultur ist Voraussetzung. "Diese gibt Orientierung, Sicherheit und vermittelt auch eine Zugehörigkeit", betont die Schulleiterin. 

Es handle sich eher um einen anderen Ansatz: "Nicht: Dies ist verboten, jetzt musst du nachsitzen. Sondern der Fokus liegt auf der Frage, weshalb wir hier Kooperation erwarten." Eine zentrale Botschaft sei auch: "Wir geben in unseren Erwartungen nicht nach, aber wir geben dich auch auf keinen Fall auf."

Die zentrale Botschaft ist: Wir geben nicht nach, aber wir geben dich auch nicht auf.
Regina Haller  -  Schulleiterin und Co-Autorin "Raus aus der Ohnmacht".

Wie kann Neue Autorität in der Praxis umgesetzt werden? "Neue Autorität kann als ein Interventionskonzept angesehen werden", erklärt Haller. Selbstverständlich sei es auch ein Kulturwandel, aber primär können es Schulen einsetzen, wenn es herausfordernd wird. Dort, wo die Lehrpersonen nicht weiterkommen – besonders im Bereich des Verhaltens.

Präsenz, Beziehung und Kooperation

"Aus Erfahrung weiss ich, dass die Prinzipien der Neuen Autorität nachhaltige Veränderungen im Verhalten bewirken können", sagt die Schulleiterin. Diese Prinzipien fördern Autorität durch Präsenz, Beziehung und Kooperation statt durch Kontrolle und Bestrafung. Die Kernprinzipien umfassen:

Präsenz

Eine konstante, beruhigende Anwesenheit der Autoritätsperson ist entscheidend. Sie muss physisch und emotional für das Kind oder den Jugendlichen verfügbar sein.

Selbstkontrolle und Deeskalation

Ziel ist es, Eskalationen zu vermeiden und einen kühlen Kopf zu bewahren, statt impulsiv auf Konflikte zu reagieren.

Beziehung

Eine starke, positive Beziehung, die auf gegenseitigem Respekt, Verständnis und Empathie basiert, ist entscheidend.

Klare und transparente Regeln und Grenzen

Verhaltenserwartungen und damit verbundene Regeln und Grenzen müssen klar kommuniziert und konsequent, aber fair angewendet werden.

Wiedergutmachung statt Bestrafung

Fehler und Fehlverhalten werden als Lerngelegenheiten gesehen.

Empowerment

Kinder und Jugendliche sollen Verantwortung für ihr Verhalten übernehmen und ihre Problemlösungsfähigkeiten entwickeln.

Unterstützungsnetzwerk

Ein Netzwerk aus Familie, Freundinnen und Freunde, Lehrpersonen sowie Fachpersonen schafft ein unterstützendes Umfeld.

Beharrlichkeit

Autoritätspersonen bleiben standhaft in ihren Erwartungen und der Durchsetzung von Regeln, auch in schwierigen Situationen.

Öffentlichkeit

Massnahmen und Grenzsetzungen erfolgen transparent und beziehen die Gemeinschaft mit ein.

Diese Prinzipien fördern die Entwicklung von Autonomie, Resilienz und Problemlösungsfähigkeiten, indem sie ein Umfeld schaffen, das Sicherheit, Verbundenheit und gegenseitigen Respekt unterstützt.  

Die IF-Tagung mit ihren vielen Workshops zeigte, dass die Prinzipien der Neuen Autorität nicht nur theoretisch fundiert, sondern auch in der Praxis wirksam sind. Sie bieten wertvolle Ansätze für Bildungseinrichtungen, die zunehmend mit komplexen Herausforderungen konfrontiert sind.