Didaktischer Kommentar

Aletschgletscher

Relevanz und Übersicht

Dem Thema Klimawandel begegnen Schülerinnen und Schüler sowohl in ihrer direkten Umgebung als auch in Medien und entsprechenden gesellschaftlichen Diskussionen. Nicht alltägliche Witterungserscheinungen, wie zum Beispiel der Schneemangel im Winter oder Hitzeperioden im Sommer, deuten auf die Auswirkungen des Klimawandels hin. Solche Ereignisse sind in den Medien omnipräsent und prägen den gesellschaftlichen Diskurs. Nachrichtensendungen berichten über Extremereignisse wie Wirbelstürme oder Dürreperioden oder über Klimakonferenzen und –abkommen. Auch die Filmproduktion aus Hollywood hat das Thema aufgegriffen und produziert seit einigen Jahrzehnten regelmässig apokalyptische Filme, die teilweise falsche Bilder vom Klimawandel vermitteln. Umso wichtiger ist es, die Schülerinnen und Schülern zu befähigen, evidenzbasierte Aussagen über den Klimawandel und Klimaschutz zu treffen.

Vorstellungen und Vorkenntnisse

Spätestens seit der Klimastreikbewegung ist das Thema in der Alltagswelt der Lernenden angekommen. Mit dem gerade von jungen Menschen zunehmend geführten Diskurs über klimaschonenden Lebensstil (z.B. Flugstreik, Veganismus) sowie durch den medial stark begleiteten politischen Diskurs, kann die Lehrperson auf einem breiten Vorwissen über Massnahmen und Handlungsebenen aufbauen. 

Dem gegenüber stehen hartnäckige Fehlkonzepte und grundsätzliche Wissenslücken in Bezug auf die klimaphysikalischen Ursachen des Klimawandels und die Funktionsweise des Klimasystems. In der Studie „Den Klimawandel verstehen“ von Kai Niebert wurden unterschiedliche Schülervorstellungen zum Klimawandel erhoben. Häufig anzutreffende Fehlkonzepte sind demnach: 

  • „Allein das giftige Kohlenstoffdioxid ist ein Treibhausgas“
  • „Luftverschmutzung führt zu Klimawandel“
  • „Das Ozonloch führt zum Klimawandel“
  • „Kohlenstoffdioxid zerfrisst die Ozonschicht“
  • „Umweltverschmutzung führt zum Klimawandel“

Eine Vielzahl von Umweltproblemen wie Müllberge, Wasserverbrauch, Ausstoss von Abgasen werden direkt mit Ursachen des Klimawandels in Verbindung gebracht. Die meisten Schülerinnen und Schüler kennen nur das Treibhausgas Kohlenstoffdioxid. Sie beschreiben die Verbrennung fossiler Brennstoffe im Verkehr als Hauptursache und denken nicht an weitere Prozesse wie beispielsweise die Brandrodung. 

Fälschlicherweise assoziieren viele Lernende den Begriff „Klimawandel“ mit globaler Erwärmung. Sie denken dabei nicht daran, dass die globale Erwärmung auch Veränderungen anderer Klimaelemente wie Niederschlag, Luftdruck und Wind verursacht. 

Lerngegenstand und thematische Schwerpunkte

Das IdeenSet beinhaltet Unterrichtsmaterialien zu den Themen, die in Abbildung 1 mit der Farbe blau hervorgehoben werden. Zusätzlich zu den aufgelisteten Themen deckt das Kapitel „Themenübergreifend“ mehrere Bereiche ab.  

Globale Kippelemente geben einen guten Überblick über die Breite der Auswirkungen des Klimawandels. Ein konkretes Fallbeispiel eignet sich aber besser, um die Auswirkungen vertiefend zu verstehen. Es ist ratsam, einen kleinen Theorieteil zum natürlichen und anthropogenen Treibhauseffekt und den Treibhausgasen zu machen, um die Schülerinnen und Schüler über die Ursachen des Klimawandels aufzuklären. Auf dieser Grundlage kann dann aufgebaut werden. 

Um den Anspruch einer Bildung für nachhaltige Entwicklung gerecht zu werden, soll der grösste Teil der Unterrichtseinheit handlungsorientiert sein und sich den Themen des Klimaschutzes widmen. Dies sollte an das Fallbeispiel geknüpft sein, um im gleichen Lernsetting konstruktive Lösungen zu entwerfen. 

Themenstruktur IdeenSet Klimawandel

Zusätzlich beinhaltet das IdeenSet nach Themen gegliederte Hintergrundinformationen, die der Lehrperson dazu dienen, sich Fachwissen anzueignen oder zu aktualisieren. Die folgende wissenschaftliche Arbeit des Lehrganges „Didaktisches Zertifikat in Umweltlehre“ der ETH bietet Hintergrundwissen und eine Unterrichtseinheit zum Thema Klimawandel. Für aktuelle Zahlen und Grafiken sollte aber die Webseite des Intergouvernemental Panel on Climate Change (IPCC) konsultiert werden.

Organisation und Beurteilung

Methodische Ausrichtung

Grundlegend richten sich die Aufgaben nach dem Ziel, die vier Handlungsaspekte kennenzulernen und anzuwenden, um eine Handlungsfähigkeit im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung zu erlangen. Welches Fallbeispiel im Unterricht behandelt werden soll, sollen die Schülerinnen und Schüler selbst entscheiden. Dies fördert die Mitbestimmung und die eigene Steuerung bei Lerninhalten. Eine Exkursion zum Thema Klimawandel sollte unbedingt eingeplant werden. Ansonsten findet der Unterricht im Klassenzimmer vor allem in Gruppen statt. Die meisten Aufgaben regen die Schülerinnen und Schüler an zu diskutieren, zu argumentieren und zu beurteilen.

Vier Handlungsaspekte der Kompetenzentwicklung

Organisatorisches

Bei einigen Aufgaben müssen die Schülerinnen und Schüler ein Video auf dem Smartphone schauen. Dazu benötigen sie einen QR Code Reader und bringen am besten die eigenen Kopfhörer mit.

QR Code Reader (Apple)

QR Code Reader (Google)

Einstieg

A. Vorwissen erforschen mit Wordle

Auftrag: Die Schülerinnen und Schüler kreieren in Gruppen ein Wordle mit ihrem Vorwissen zum Klimawandel. Anschliessend werden die Wordles in der Gruppe anhand der folgenden Fragen kategorisiert und besprochen:

  1. Was assoziiert ihr mit den Begriffen?
  2. Welche Begriffe kommen bei allen Gruppenmitgliedern vor? Weshalb?
  3. Welche Begriffe kommen selten vor? Weshalb?
  4. Können die Begriffe mit Farben sinnvollen Kategorien zugeordnet werden? Gibt es Konflikte betreffend der Farbwahl? Beispielsweise kann der Begriff „Regenwald“ als Ursache des Klimawandels kategorisiert werden, wenn man damit die Abholzung der Regenwälder meint oder als Teil des Kohlenstoffkreislaufs bzw. als CO2 Speicher. Deshalb hat der Begriff im Wordle in der Abbildung 4 zwei Farben. Die Kategorien kann die Lehrperson vorgeben oder sie von Schülerinnen und Schülern bestimmen lassen.
  5. Welche Begriffe interessieren euch am meisten?
  6. Am Ende der Diskussion stellen die Gruppen ihre Ergebnisse der Klasse vor. Für die Lehrperson eignet sich diese Erhebung, um den weiteren Unterricht zu planen.

Vorbereitung: Erstellen eines Wordles. Eine Anleitung ist als Word-Dokument abrufbar.

Klimawandel Wordle

B. Klimatabu

Wer eine kürzere Variante wählen möchte, spielt ein "Klima-Tabu" nach Vorlage. Anschliessend sollen die Schülerinnen und Schüler der Lehrperson zurückmelden, welche Begriffe sie bereits gut kannten und welche für sie neu waren.

Beurteilung

Durch den BNE Unterricht eignen sich die Schülerinnen und Schüler unterschiedliche Kompetenzen an. Dazu gehören fachlich-methodische, soziale und personale Kompetenzen. Die Lehrperson informiert die Schülerinnen und Schüler am Anfang der Unterrichteinheit darüber, welche Kompetenzen sie prüfen wird.

Im Bereich der fachlich-methodischen Kompetenzen kann die Lehrperson interdisziplinäres und mehrperspektivisches Wissen überprüfen, indem sie die Lernenden die Aussagen von Klimaskeptikern anhand von wissenschaftlichen Fakten beurteilen lässt.

Das vernetze Denken kann mit einem Wirkungsgefüge überprüft werden, indem die Schülerinnen und Schüler die unterschiedlichen Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels in den Bereichen Gesellschaft, Natur und Wirtschaft grafisch darstellen und in einem kurzen Text erläutern.

Als dritte Möglichkeit kann auch vorausschauendes Denken und Handeln geprüft werden, indem die Lernenden Lösungsvorschläge zum Klimaschutz auf globaler, nationaler und individueller Ebene entwerfen und dann diese Lösungsvorschläge im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung beurteilen.

Weitere Hinweise

Lehrplanbezug

Räume, Zeiten, Gesellschaften (3. Zyklus, Lehrplan 21)

Die Schülerinnen und Schüler …

  • …können sich über den Klimawandel informieren, Ursachen erläutern und Auswirkungen des Klimawandels auf verschiedene Regionen der Welt, insbesondere die Schweiz, einschätzen. (RZG 1.2c
  • …können die aktuelle Situation in die Klimaentwicklung einordnen, sowie Beiträge zur Begrenzung des Klimawandels in der Zukunft formulieren. (RZG 1.2d)
  • …können zwischen erneuerbaren und nicht-erneuerbaren Energieträgern unterscheiden. (RZG 1.4b)
  • …reflektieren das eigene Verhalten im Hinblick auf einen nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen. (RZG 1.4e)
  • …können die Auswirkungen von Transport und Mobilität auf Mensch, Umwelt und Raumstrukturen untersuchen und benennen: öffentlicher Verkehr, Individualverkehr (RZG 2.4b)
  • …kennen Kriterien für ein nachhaltiges und sicheres Mobilitätsverhalten und können diese für die Reflexion des eigenen Mobilitätsverhaltens anwenden. (RZG 2.4c)

Natur und Technik (3. Zyklus, Lehrplan 21)

Die Schülerinnen und Schüler …

  • …können Stoffkreisläufe erklären und darstellen. (NT 3.3b)

 

Weiterführendes

Das IdeenSet beinhaltet unterschiedliche Exkursionstipps. Somit kann die Lehrperson auswählen, ob sie mit einer Exkursion das Thema Energie vertiefen möchte oder das Thema Klimawandel im Gebirge erarbeiten möchte.

Ausserschulische Lernorte, unter anderem in der Jungfrau-Aletsch Region, zeigen die Auswirkungen des Klimawandels sehr eindrücklich und lassen dadurch die Schülerinnen und Schüler Betroffenheit aufgrund des Gletscherrückgangs empfinden. Es empfiehlt sich eine Exkursion in das Gebiet oder eine Projektwoche im Gebiet zu organisieren. Weitere Informationen finden Sie über den folgenden Link oder im IdeenSet im Kapitel Exkursionen.

Quellen

Literatur

  • Niebert, K. (2007). Den Klimawandel verstehen. Eine theoriegeleitete und evidenzbasierte Entwicklung von Interventionen. Leibniz Universität Hannover. S. 47-29
  • Uherek, E. ﴾2008﴿. European efforts in earth science and climate change education." Physical Geography 29(6)

Abbildungen

  • Titelbild: Aletschgletscher 2012
  • Abbildung 1: Themenstruktur IdeenSet Klimawandel. De Maddalena, Cinzia.
  • Abbildung 2: Vier Handlungsaspekte für die Kompetenzentwicklung. http://be.lehrplan.ch/index.php?code=e|6|2 [Stand 17.7.2017]
  • Abbildung 3: Erster Schritt Wordle erstellen. De Maddalena, Cinzia
  • Abbildung 4: Zweiter Schritt Wordle Begriffe kategorisieren inkl. Legende und diskutieren. De Maddalena, Cinzia