Ein Theaterprojekt mit der Klasse in der Schule zu realisieren, ist in der Regel sowohl für die Lernenden als auch für die Lehrpersonen und die Eltern ein unvergessliches Erlebnis. Genauso handelt es sich aber auch um eine Form von Projektarbeit, welche oft zu Unrecht mit viel Aufwand, Stress und Angst assoziiert wird. Das folgende IdeenSet möchte aufzeigen, wie auch mit wenig Aufwand ein Projekt auf die Beine gestellt werden kann, das alle Beteiligten mit Leidenschaft und Stolz erfüllt. Das IdeenSet zum Theater wurde für die Zyklen 2 und 3 entwickelt. Es enthält verschiedene Hilfsmittel, wie Planungsgrundlagen, Übungen und Beispiele.
Relevanz und Übersicht
Ziel dieses IdeenSets ist es, sowohl die Planung als auch die Umsetzung zu einem angenehmen und erfolgreichen Erlebnis zu machen. Dazu werden verschiedene administrative Hilfestellungen, technische Grundlagen und kreative Umsetzungsideen in Form von Checklisten, Arbeitsblättern und Übungen sowie einigen Beispielen zur Verfügung gestellt.
Thematisch sind Theaterprojekte besonders flexibel und individuell anpassbar. So können sie sowohl für aktuelle Inhalte (Mobbing, regionale Geschichten, Aktuelles aus Medien etc.) als auch Themen aus der BNE (Klima, Geschlechterrollen, Demokratie etc.) oder aus anderen Fächern zum Hauptinhalt der Theatererzählung gemacht werden.
Grosse Relevanz erhalten bei Theaterprojekten die überfachlichen Kompetenzen. So sind sowohl Selbstkompetenz, Sozialkompetenz als auch Methodenkompetenz für die Lernenden in einem solchen Projekt erfahrbar und erlernbar.
Vorstellungen und Vorkenntnisse
Das Aufgreifen von Themen für Theaterstücke, die die Lernenden bewegen, ist sehr sinnvoll, da dadurch eine inhaltliche Tiefe und aktuelle Bedeutung für die Lernenden erreicht wird. Hier bietet es sich an, mit den Lernenden bereits vor der Stückwahl ein entsprechendes Brainstorming zu machen, um sondieren zu können, welche Themen besonders interessieren (klasseninterne Thematiken, NMB, regionale oder aktuelle Themen).
Ein besonders weit verbreiteter Irrtum, der durch Theaterprojekte ausgeräumt werden kann, ist die Annahme, schauspielerisches Talent sei eine Voraussetzung für ein überzeugendes und gelungenes Szenenspiel. Im Kapitel "Grundlagen und Technik" finden sich Übungen und Wissensgrundlagen, die zeigen, wie sich jeder Mensch Bühnenkompetenz aneignen kann.
Lerngegenstand und thematische Schwerpunkte
Planung Inhaltsrelevanz schaffen (Gesellschaft, Volition & Kooperation) |
Selbst erarbeitetes Stück Gesellschaft: Die Lernenden suchen ein Thema, welches alle betrifft bzw. gesellschaftlich bedeutsam ist. Volition: Die Lernenden finden individuell emotionalen Zugang zur Thematik (Warum ist es mir persönlich wichtig, das Projekt/die Inszenierung zu unterstützen?) Kooperation: Die Lernenden arbeiten als Kollektiv an der Entstehung (schriftlich und/oder enaktiv) des Stücks. Bestehendes Stück Gesellschaft: Die Lernenden suchen gemeinsam im ausgewählten Stück eine für sie als Gruppe/die Gesellschaft bedeutsame Thematik. Volition: Die Lernenden finden individuell emotionalen Zugang zum Stück und zur Thematik (Warum ist es mir persönlich wichtig, das Projekt/die Inszenierung zu unterstützen?). Kooperation: Die Lernenden arbeiten als Kollektiv an der Bearbeitung/Anpassung (schriftlich und/oder enaktiv) des Stücks. |
In Szene setzen (Szenenanalyse, Schauspieltechnik & Kooperation) |
Konkretisieren und Umsetzen Szenenanalyse: Die Lernenden lesen aus einem Text die Handlungen und Emotionen von Figuren heraus und interpretieren diese. Kooperation: Die Lernenden arbeiten als Team, zeigen Verständnis für das Gegenüber (Rolle wie auch Mensch) und erfahren positive Interdependenz. |
Eine Produktion realisieren |
Inszenierung: Die Lernenden erarbeiten mittels Bühnenbild, Kostüm, Requisite u.a. ein Konzept, welches die Inszenierungsthematik für das Publikum zugänglich macht. Administration: Die Lernenden organisieren sich selbst, die Gruppe und das Projekt als Ganzes (Kommunikation nach aussen, Technik, Kasse, Bar, etc.) Einstieg, Ankommen Fokuskontrolle: Vor der Aufführung aktivieren die Lernenden ihre Konzentration und Fokus mit Hilfe der erlernten Übungen, um ihre bestmögliche Leistung auf der Bühne zu erbringen. |
Verlauf und Lehrplanbezug
Organisation
Der zeitliche Aufwand für ein Theaterprojekt ist sehr unterschiedlich. Ein Produkt kann in einer Woche, aber auch im Laufe eines Schuljahres entstehen. Die Organisation eines Theaterprojekts erfordert allerdings eine langfristige Planung. Deshalb ist der Planung ein Themenschwerpunkt gewidmet.
Verlauf
Didaktische Phase | Aufgaben (bestehendes Stück) | Aufgaben (selbst erarbeitetes Stück) |
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Rezeption (Was kann Theater?) |
Theateraufführung besuchen Theater selbst ausprobieren (Erfahren - Betrachten - Beobachten - Beschreiben) |
Theateraufführungen besuchen Verschiedene Aufführungen miteinander vergleichen Verschiedene Berufe/Aufgaben am Theater Theater selbst ausprobieren (Erfahren - Betrachten - Beobachten - Beschreiben) |
Kreation (Was wollen wir?) |
Theatertext(e) lesen, diskutieren, auswählen Text und Gruppenimmanente Themen analysieren Inszenierung erarbeiten (Textbearbeitung, Darstellung etc.). |
Oberthema festlegen Passendes Material und/oder Geschichte(n) dazu suchen, erfinden, erspielen Mit Material oder aus eigenen Erlebnissen Szenen entwickeln. |
Realisation (Wie können wir unsere Ideen am besten darstellen?) |
Szenen schreiben Szenen probieren |
Ablauf und Szenen schreiben und spielend weiterentwickeln. Passende Umsetzungsformen festlegen. |
Evaluation (Zeigt unser Produkt, was wir aussagen wollen?) |
Szene evaluieren (danach zurück zur Realisation) |
Szenen und Ablauf evaluieren. (danach zurück zur Realisation) |
Beurteilung
Von einer Beurteilung wird abgeraten. Zwar eignet sich ein Theaterprojekt besonders gut, gerade überfachliche Kompetenzen zu bewerten, eine reliable Bewertung in einem längerfristig geplanten und fächerübergreifenden Projekt erweist sich jedoch als schwierig. Es lohnt sich jedoch, zu Beginn individuelle und Gruppenziele festzulegen, diese während des Prozesses laufend zu überprüfen und das Theaterprojekt am Ende gemeinsam mit den Lernenden auszuwerten.
Lehrplanbezug
Ein Theaterprojekt ist gemäss Lehrplan 21 nicht obligatorisch. Welche fachspezifischen Kompetenzen ein Theaterprojekt mit sich bringt, hängt von der Art des Stücks und seiner Bearbeitung ab. Grundsätzlich sind Bezüge zur L1, NMG, BNE, Fremdsprache(n), Gestalten, Bewegung und Sport, Musik möglich.
Kompetenzen:
Deutsch: D.1.A.1, D.1.C.1, D.2.C.1, D.3.A.1, D.3.C.1, D.6.A.1, D.6.A.2, D.6.B.1, D.6.C.1
Gestalten: BG.1.A.2, BG.1.A.3, BG.2.C.2, BG.3.A.1, BG.3.B.1
Bewegung und Sport: BS.3.A.1, BS.3.B.1
Überfachliche Kompetenzen
Die überfachlichen Kompetenzen finden in Theaterprojekten eine besonders grosse Bedeutung. Dies betrifft alle drei Kategorien gleichermassen.
Lehrmittel und Grundlagen
Da es sich bei Theater um kein reguläres Unterrichtfach handelt, besteht weder ein nationales noch ein kantonales Lehrmittel. Selbstverständlich gibt es jedoch zahlreiche einschlägige Literatur zur Erarbeitung von Theater mit Lernenden. Hierbei verweisen wir gerne auf die dem IdeenSet angehängte Literaturliste oder auf die Literaturangaben in den diversen Input-Dokumenten.
Quellen
- Titelbild: CC0, Pxhere.com, https://pxhere.com/de/photo/335433 (25.09.2024)
- Bilder Theater von Ruben Dellers, Yoshiko Kusano oder Rahel Zuber mit freundlicher Genehmigung von Bea Schild, Theaterfrühling
- Bilder Theater von Ketty Bertossi mit freundlicher Genehmigung von Sibylle Heiniger und Sandra Forrer, Widde Widde