Didaktischer Kommentar

Relevanz und Übersicht

Der sexualkundliche Unterricht hat mit seinen lebensnahen Themen für viele Lernende eine hohe Alltagsrelevanz. Sie stehen mitten in der Pubertät und erleben körperliche, psychische und soziale Veränderungen. Viele Kinder und Jugendliche machen im Umfeld der Schule erste Erfahrungen mit Verliebtsein, des Flirtens, mit Beziehungen, Zärtlichkeit und Sexualität. Schule bildet somit den idealen Ort, um wertschätzend an diesen Erfahrungen anzuknüpfen. Im Alltag können Situationen in der Schule oder einem Klassenlager (Aussagen, Gespräche, Vorkommnisse, Zeitungsartikel usw.) spontan diskutiert werden und es kann grundsätzlich an einem achtsamen und respektvollen Umgang untereinander gearbeitet werden.
Lehrpersonen können im Aufklärungsunterricht Lernende bei ihren Interessen abholen und ihnen ermöglichen, Wissen, Fähigkeiten und Kompetenzen anzueignen, die ihnen für ihre weitere Entwicklung nützlich sein werden. Die meisten Lernenden sind motiviert und bringen sich gerne mit ihren Gedanken und Fragen ein.

Doch was beinhaltet sexuelle Gesundheit genau? Sexuelle Gesundheit ist nach WHO "ein Zustand des körperlichen, emotionalen, mentalen und sozialen Wohlbefindens in Bezug auf die Sexualität und nicht nur das Fehlen von Krankheit, Funktionsstörungen oder Gebrechen.Sexuelle Gesundheit setzt eine positive und respektvolle Haltung zu Sexualität und sexuellen Beziehungen voraus sowie die Möglichkeit, angenehme und sichere sexuelle Erfahrungen zu machen, und zwar frei von Zwang, Diskriminierung und Gewalt. Sexuelle Gesundheit lässt sich nur erlangen und erhalten, wenn die sexuellen Rechte aller Menschen geachtet, geschützt und erfüllt werden." (1)

Kinder und Jugendliche haben, wie alle Menschen, grundsätzlich und gleichberechtigt das Recht auf Bildung und Information sowie umfassende Sexualerziehung und -information (2). Sexuelle Bildung trägt in allen Lebensphasen dazu bei, dass Menschen über die nötigen Informationen und Kompetenzen verfügen, um selbstbestimmt und informiert Entscheidungen über ihre Sexualität und im Zusammenhang mit ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität zu treffen. Nicht alle Kinder und Jugendliche erhalten In-formationen zu Hause und können mit ihren Eltern über alle Themen der Sexualität sprechen. Wenn gewisse Themen in der Familie ein Tabu sind (jugendliche Liebesbeziehungen und sexuelle Aktivität, sexuelle Gewalt, Gewalt in Jugendbeziehungen, nicht-heterosexuelle Orientierungen, Transgender-Identität, usw.) kann schulische Sexualaufklärung diese Lücke füllen, indem Jugendliche üben, darüber zu sprechen und Orte kennen lernen, wo sie Antworten auf ihre Fragen und in unterschiedlichen Situationen professionelle und vertrauliche Unterstützung erhalten (3).

Schulische Sexualaufklärung ist für viele Kinder und Jugendliche eine wichtige Grundlage für die Bildung zu sexueller Gesundheit, die sich über die gesamte Lebensspanne erstreckt. Sexualaufklärung stärkt die Lebenskompetenzen (4) und fördert die Kenntnis der sexuellen Rechte (2). Dadurch wird ein respektvoller Umgang mit den Mitmenschen und das Bewältigen von schwierigen Situationen gefördert (3). Oder, wie es im Lehrplan 21 steht: "Der sexualkundliche Unterricht leistet einen wesentlichen Beitrag zur Gesundheitsförderung und zur Prävention von sexuellen Übergriffen. Wenn Lernende über Sexualität Bescheid wissen, können sie besser entscheiden, wo Grenzen sind." (5)

Studien zeigen, dass das Interesse von Jugendlichen im Bereich Sexualaufklärung weit über die Themen der Reproduktion und sexualitätsbezogenen Risiken hinausgeht (6). Sie interessieren sich für Beziehungsfragen wie:

  • Wie kann ich dem Jungen zeigen, dass ich verliebt bin? Wie mache ich Schluss? Freundschaft+ ja oder nein? Wie merkt man, dass man schwul ist?

Jugendliche haben aber auch ganz konkrete Fragen zu Sex:

  • Tut das erste Mal weh? Welche Stellungen gibt es? Wieso stöhnen Menschen beim Sex? Was ist ein Orgasmus? In welchem Alter darf man Sex haben? Wie haben Homosexuelle Sex? Welches ist das beste Verhütungsmittel? Wann ist man zu dick?

Jugendliche haben Unsicherheiten in Bezug auf den Körper und das Aussehen:

  • Ist mein Penis normal? Ist es normal, dass ich die Periode noch nicht habe? Wie wird ein Tampon genau gebraucht?

Jede Lehrperson entscheidet selbst, mit welchen Themen sie sich wohl fühlt und welche Themen sie anderen Lehrpersonen oder Fachpersonen überlassen möchte. Lehrpersonen können sich bei der Berner Gesundheit in Bezug auf ihre Rolle und Unterrichtsmaterialien beraten lassen. Sie können dort auch frühzeitig ihre Klasse für ein geschlechtergetrenntes sexualpädagogisches Gruppengespräch anmelden. Diese orientieren sich über anonyme Fragen an den Interessen der Lernenden und dienen als Ergänzung zum schulischen Sexualkundeunterricht.

Oftmals helfen geeignete Methoden und Filme, Themen zu Sexualität im Unterricht zu behandeln und die Lernenden diskutieren auch gerne in Gruppen über Normen und Werte. Lehrpersonen können Diskussionen anstossen und Impulse geben. Es gibt verschiedenste Werte, Haltungen und Meinungen rund um Sexualität, diese sind geprägt durch (sexuelle) Bildung, Kultur (Musik, Film, Traditionen), Religion, das Elternhaus und werden zunehmend von den Jugendlichen selbst im Austausch mit Gleichaltrigen überprüft, übernommen oder auch eigenständig entwickelt. Sexualkundlicher Unterricht und die Lehrpersonen sollen zur Auseinandersetzung und Diskussion anregen, jedoch persönliche Haltungen Einzelner nicht werten. Jede Person darf ihre eigenen Normen und Werte haben. Äussern sich Lernende diskriminierend gegenüber Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie, Religion oder sexuellen Orientierung im Sinne von Artikel 261bis des Strafgesetzbuches, soll die Lehrperson klar Stellung beziehen und auf das Gesetz verweisen.

Vorstellungen und Vorkenntnisse

Jugendliche haben ganz unterschiedliche Vorkenntnisse. Dies wird beeinflusst durch das Elternhaus, persönliche Interessen, eigene Erfahrungen, dem Zugang zu Informationsquellen und dem Wissensstand ihrer Freund*innen. Je nach Gruppendynamik entsteht Druck, im Thema Sexualität kompetent zu sein oder viel Wissen oder Erfahrung (real oder Medien) auszuweisen und Jugendliche beteuern, bereits alles zu wissen. Dennoch sind die meisten interessiert. Gerade die Nutzung digitaler Informationsquellen zu Sexualität wie YouTube-Videos, Erlebnisberichte durch andere Jugendliche oder Pornografie können Jugendliche auch irritieren, verunsichern, Fragen aufwerfen. Manchmal entsteht ein medial geprägtes, verzerrtes Bild von gelebter Sexualität. Hier sind Jugendliche dankbar für zuverlässige und fundierte Informationsquellen und ein Gegenüber für die Diskussion. Studien zeigen, dass die Schule auch heute für Jugendliche ein zentraler Ort sexueller Bildung ist und die Jugendlichen an einer breiten sexuellen Bildung interessiert sind (3):

  • 38% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen geben an, dass Gleichaltrige die wichtigste Aufklärungsquelle sind, für 26% sind es die Eltern und für 18% die Schule. Für nicht heterosexuell orientierte Jugendliche stellt das Internet die wichtigste Aufklärungsquelle dar.
  • 93% der Befragten finden, dass das Thema Reproduktion in der Sexualaufklärung genügend thematisiert wird.
  • 88% erachten die Prävention in der Schule zu HIV/STI (für den englischen Begriff: Sexually Transmitted Infections) und zu ungewollter Schwangerschaft als ausreichend.
  • 33% der Befragten geben an, dass Stereotypen in Bezug auf Sexualität im Unterricht zur Sexualaufklärung ungenügend thematisiert wird.

Lerngegenstand, thematische Schwerpunkte und Lehrplanbezug

Schulische Sexualaufklärung ist im Lehrplan 21 den Fächern Natur und Technik (NT.7.3, 7.4) und Ethik, Religion, Gemeinschaft (ERG.5.1, 5.2, 5.3, 5.4) zugeordnet. Sie überschneidet sich aber auch mit vielen überfachlichen Kompetenzen des Lehrplans 21 wie Selbstreflexion, Eigenständigkeit, Umgang mit Vielfalt und den Lebenskompetenzen (4) der Gesundheitsförderung wie kreatives und kritisches Denken, Beziehungsfähigkeit, Kommunikationsfertigkeit, Gefühlsbewältigung, Selbstwahrnehmung und Empathie. Weitere Informationen zum sexualkundlichen Unterricht sind im Lehrplan 21 des Kantons Bern unter Kapitel 6.4 Sexualkundlicher Unterricht in den Allgemeinen Hinweisen und Bestimmungen (AHB) festgehalten.

Ganzheitlicher sexualkundlicher Unterricht geht weit über die biologischen Grundlagen und die Prävention von Risiken wie ungewollte Schwangerschaft, sexuell übertragbare Krankheiten und Gewalt hinaus. Sie bezieht Themen wie Freundschaft, Liebe, Beziehung, Umgang mit Gefühlen, Bedürfnissen und Streit, sexuelle und geschlechtliche Vielfalt, Normen und Werte mit ein. Oder anders gesagt, sie setzt bei den Interessen, Lebenssituationen und Fragen der Lernenden an.

Die folgende Tabelle zeigt eine thematische Übersicht und mögliche Gliederung der sexualkundlichen Inhalte:

Mein Körper

(NMG. 1.5) Grundlagen aus dem Zyklus 2, evtl. aufarbeiten und aktivieren

Körperlich, hormonelle, neurobiologische Aspekte der Pubertät:
Geschlechtshormone, Menstruation, Samenerguss

Begriffe, Bau und Funktion der Geschlechtsorgane:
Aussenansicht und Querschnitt der Geschlechtsorgane, unterschiedliche Begriffe kennen, Fortpflanzungs- und Lust/Erregungsperspektive

Körperpflege, Gesundheitsvorsorge:
Hygieneprodukte, Menstruation, Gründe für Besuch bei Frauenärztin/Urologe

Ich in der Pubertät

(NMG. 1.5) ERG.5.1 a, b, d / ERG.5.4 a

Pubertät:
Emotionale, psychische, soziale Aspekte der Pubertät, Gefühle/Emotionen/Ambivalenzen wahrnehmen und Umgang damit, Werte und Normen, Umgang mit Widersprüchen

Positives Selbstbild/Körperbild und Schönheitsideale:
Anerkennung unterschiedlicher Körperformen, was stärkt mein Selbstbild, was gibt mir ein gutes Körpergefühl, Zugehörigkeit, eigener Stil

Vielfältige Lebensformen, sexuelle und geschlechtliche Identität

ERG.5.2 / ERG.5.3

Vielfältige Lebensformen:
Familienformen, Wohnformen

Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt:
Sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität

Geschlecht und Rolle:
Rollenerwartungen und Gleichberechtigung

Freundschaft, Liebe, Beziehung

ERG.5.3 a, b

Verlieben, Flirten, Liebeskummer:
Gefühle, Unterschied Freundschaft und Liebe, verlieben, wie zeigen, wie in Kontakt kommen, erste Schritte, Umgang mit Enttäuschungen und Liebeskummer

Liebe, Beziehung, Beziehungsformen:
Gefühle, Erwartungen, Ansprüche, Werte in Beziehungen, Kommunizieren, Verhandeln, Streiten, gleichberechtigt und respektvoll Beziehungen gestalten, Gewalt in Jugendbeziehungen

(Jugend)sexualität und Konsens

ERG.5.3 b, d

Jugendsexualität:
Selbstbefriedigung, Lust, Orgasmus, Küssen, Petting, 1. Mal, Sexualpraktiken, Gesetz, Jugendschutz, Fragen und Unsicherheiten

Konsens:
Über Sexualität kommunizieren, sexuelle Handlungen einvernehmlich, konsensuell aushandeln, Wünsche erfragen, Unsicherheiten und Grenzen erkennen und darüber sprechen

Verhaltensweisen und ihre Auswirkungen kritisch beurteilen:
Risiken, Promiskuität, Prostitution, Pornografie

Sexualität und digitale Medien

ERG.5.1 c / ERG.5.3 c, d

Risiken und Chancen im Umgang mit digitalen Medien:
Online-Plattformen zum Kennenlernen, Sexting, Pornografie

Geeignete Infoquellen für Jugendliche:
Websites, Podcasts, Videokanäle etc.

Sexuelle Rechte und sexuelle Selbstbestimmung

ERG.5.3 c

Sexuelle Rechte:
Kennen und Anerkennen von sexuellen Rechte, Bezugspunkte finden, Situationsbeispiele, Umgang mit widersprüchlichen persönlichen und sozialen Normen in Familie und Gesellschaft

Prävention sexueller Gewalt:
Grenzverletzungen wahrnehmen, was tun wenn, Unterstützungsangebote kennen, erkennen ob Kontaktaufnahmen und Berührungen erwünscht sind

Schwangerschaftsabbruch:
Gesetz kennen, Haltungen in Bezug auf Situationen entwickeln

Fruchtbarkeit und Fortpflanzung

NT.7.3 a, b, d

Verhütung und Notfallverhütung:
Verschiedene Verhütungsmittel und ihre Anwendung, Risiken und Nebenwirkungen, gemeinsame Verantwortung, Zugang zu Verhütungsmittel und Beratungsstellen, Notfallverhütung, Urteilsfähigkeit

Elternschaft und andere Lebensperspektiven:
Lebensentwürfe, Pro/Contra Elternschaft, Frühe Mutter-/Vaterschaft

Sexuell übertragbare Krankheiten

NT.7.3 c / NT.7.4 a/b

Sexuell übertragbare Krankheiten:
Erreger, Symptome, Folgen, Behandlung, Übertragungswege, Leben mit HIV, Funktionsweise des Immunsystems

Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten:
Safer-Sex-Regel, Kondom, Femidom und Dental Dam und ihre Anwendung, Safer-Sex in jugendnahen Situationen

Eine weitere Aufbereitung des Themas «Sexuelle Gesundheit» finden Sie auch in den Planungshilfen sexuelle Gesundheit der PH Zürich.

Genauere Hinweise zu den Lerngegenständen finden Sie unter dem jeweiligen Schwerpunkt. Die im IdeenSet ausgearbeiteten Schwerpunkte enthalten je noch einen eigenen, spezifischen didaktischen Kommentar.

Aktuell finden Sie in diesem IdeenSet den Schwerpunkt «Sexuell übertragbare Krankheiten» ausgearbeitet. Voraussichtlich werden weitere Unterrichtsmaterialien später ergänzt.

Schon jetzt finden Sie für den Einstieg in den sexualkundlichen Unterricht wie auch für viele Themen auf der Website der Berner Gesundheit zahlreiche Materialien, Onlinefilme und Unterrichtsvorschläge in Verbindung mit den Kompetenzen des Lehrplans 21.

Unterrichtsorganisation und Beurteilung

Zeitaufwand
29 Lektionen werden dem sexualkundlichen Unterricht in der Zyklusplanung des Fächernet Lehrplan 21 des Kantons Bern eingeplant (siehe Zyklusplan NMG ERG 3. Zyklus: Geschlecht, Rolle, Sexualität und Zyklusplan NMG NT 3. Zyklus: Eigener Körper). Der Unterricht ist hälftig aufgeteilt in den ERG-Unterricht mit «Geschlecht, Rolle, Sexualität – Identität und Körper» und «Eigener Körper – Humanbiologie: Sexualkunde» im Fach NT. Bezüge bieten sich auch zu den Sprachfächern an: Eine Klassenlektüre, ein Lied, ein Ge-dicht, ein Schreibanlass oder ein Film zum Thema.

Es ist von Vorteil, sich mit an der Klasse oder auch Parallelklassen unterrichtenden Klassen- und Fachlehrpersonen abzusprechen, wer was übernimmt. Jungen wie Mädchen schätzen auch geschlechtergetrennte Sequenzen für bestimmte Themen wie z.B. Menstruation, Samenerguss/Ejakulation, Sexualität und digitale Medien sowie die Beantwortung anonymer Fragen.
Da das Thema stark entwicklungsabhängig ist, kann es gut über den 3. Zyklus verteilt bearbeitet werden. War es im Zyklus 2 kaum Thema, empfiehlt es sich, das Thema früh im 3. Zyklus zu beginnen.

Freiwilligkeit und Vertrauen
Die Themen Liebe, Beziehung, Sexualität und Grenzverletzungen fühlen sich für jede Person ganz unterschiedlich an. Schaffen Sie einen Rahmen der Freiwilligkeit und Vertraulichkeit. Geben Sie ihren Lernenden die Möglichkeit, eigene Schwerpunkte zu setzen oder an einem anderen Thema zu arbeiten. Stellen Sie klare Regeln auf, wie sie mit der Klasse am Thema arbeiten wollen (z.B. nichts Persönliches weitererzählen, nicht auslachen, jede Frage ist ok, einander zuhören, unterschiedliche Meinungen willkommen heissen).
Je nach Klassendynamik kommen Diskussionen nicht in Gang, weil zu wenig Vertrauen in die Gruppe oder Angst vor Auslachen vorhanden ist. Hier hilft es, die Klasse erst in Murmelgruppen oder ganz in freigewählten Gruppen mit Rückzugsmöglichkeit diskutieren zu lassen.

Aus dem Lehrplan 21 zur Unterrichtsorganisation
Im Abschnitt 6.4 Sexualkundlicher Unterricht in den Allgemeinen Hinweisen und Bestimmung des Lehrplan 21 für den Kanton Bern steht (5):

"Die Sexualerziehung ist eine gemeinsame Aufgabe von Schule und Eltern. Die Lehrpersonen informieren die Eltern über Themen, die im Unterricht behandelt werden. Im sexualkundlichen Unterricht nehmen die Lehrpersonen Rücksicht auf das Alter, die Entwicklung und die Intimsphäre der Lernenden. Sie führen den Unterricht idealerweise bei bestimmten Themen nach Geschlechtern getrennt durch. Dabei wird empfohlen, bei einzelnen Themen eine Lehrperson des anderen Geschlechts beizuziehen.

Grundsätzlich ist der Besuch des Unterrichts obligatorisch. Die Eltern haben die Möglichkeit, ihr Kind von Unterrichtssequenzen des Sexualunterrichts dispensieren zu lassen. Die Dispensation erfolgt aufgrund einer schriftlichen Mitteilung der Eltern. Eltern, die von diesem Recht Gebrauch machen, legen zu Beginn des Schuljahres mit der verantwortlichen Lehrkraft fest, von welchen Themen des Sexualunterrichts sie ihr Kind dispensieren lassen möchten."

"Sofern eine Lehrperson einzelne Themenbereiche nicht selber unterrichten möchte, kann sie diese in Absprache mit der Schulleitung an eine schulexterne Fachperson einer sexualpädagogischen Beratungsstelle delegieren. Lernende, Lehrpersonen und Eltern sollten wissen, bei welchen Fachstellen sie Informationen, Beratung und Unterstützung einholen können."

Beurteilung
Es wird empfohlen, nur ausgewählte Bereiche zu beurteilen, denn nicht alle Schwerpunkte können gleich gut beurteilt werden. So können z.B. die humanbiologischen Grundlagen gut mit einer Wissensabfrage überprüft werden oder die Präsentation eines Verhütungsmittels kann beurteilt werden. Ein wesentlicher Teil ist jedoch der Transfer des Wissens in Handlungen und diese werden im schulischen Bereich kaum sichtbar und zu beurteilen sein. Auch die Reflexion von Normen und Werten sowie die Entwicklung eigener Haltungen ist einerseits schwer beurteilbar und andererseits stark entwicklungsabhängig und wenig sinnvoll. Sie finden in den einzelnen Schwerpunkten konkrete Hinweise zu möglichen Beurteilungsformen.

Quellen

Literatur

(1) Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) (2011): Standards für die Sexualaufklärung in Europa, S. 19. (Zugriff 19.01.2023)

(2) International Planned Parenthood Federation (IPPF) (2009): Sexuelle Rechte: Eine IPPF-Erklärung. (Zugriff 12.02.2019)

(3) Allianz für Sexualaufklärung in der Schweiz (2019): Factsheet Sexualaufklärung No.1/5. Sexualaufklärung und Bildung zu sexueller Gesundheit. Sexualaufklärung in der Schule: Grundstein der Bildung zu sexueller Gesundheit für alle Lebensphasen. (Zugriff 25.11.2020)

(4) World Health Organisation (2003): Skills for health : skills-based health education including life skills : an important component of a child-friendly/health-promoting school. (Zugriff 06.02.2019)

(5) Erziehungsdirektion des Kantons Bern: Lehrplan für die Volksschule des Kantons Bern: Allgemein Hinweise und Bestimmungen (AHB). Module und fächerübergrefende Themen. (Zugriff 25.11.2020)

(6) Institut universitaire de médecine sociale et préventive (IUMSP) (2018): Sexual health and behavior of young people in Switzerland, S.89. (Zugriff 12.02.2019)

Abbildung

Titelbild: CC0 geralt, https://pixabay.com/de/photos/herz-liebe-holz-bretter-astholz-3280748/ (Zugriff 20.11.2020)