Als Co-Schulleiterin unterstützte ich einen pragmatischen, einen “lebbaren” Zugang zum Fernunterricht. Digitalisierung hin oder her: Die Lehrpersonen unserer Schule haben vor den Frühlingsferien einmal pro Woche telefonisch mit allen Schülerinnen und Schülern Kontakt aufgenommen. Das hat sich bewährt und wurde geschätzt.

Simona Cattaneo, Co-Schulleiterin in Kirchberg BE, aufgezeichnet von Caroline Bühler

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Simona Cattaneo

Kürzlich habe ich den OECD-Bildungsexperte Andreas Schleicher im Radio gehört. Beim Fernunterricht spricht er von exzellenten Lernplattformen, innovativen Unterrichtskonzepten, von Lehrpersonen, denen es gelingt, die Technologie in den Unterricht pädagogisch und technisch gewinnbringend zu integrieren, von Lernenden, die in virtuellen Laboratorien entdecken, wie sie selbständig und nicht mehr nur von einer einzigen Lehrperson lernen können. Von einem solchen Szenario ist der Alltag mit geschlossenen Schulen weit weg. Im Moment erhalten wir täglich Angebote, wie unsere Schule nun noch aufrüsten könnte und welches Hilfsmittel wir zwingend noch brauchen und welche Lizenzen nun gratis zur Verfügung stehen würde. Mich überfordert das alles und ich will das auch nicht auf die Eltern überwälzen.

Wir haben uns dagegen entschieden, Neues einzuführen (also z.B. allen SuS ein Office 365 Konto einzurichten), weil wir den Mehrwert nicht erkennen. Wir sind das so angegangen, dass wir versucht haben, Kanäle zu nutzen, die die Schülerinnen und Schüler bereits kennen und die Mehrheit keine Unterstützung der Eltern braucht. Für den Zyklus 1 setzen die Lehrpersonen an unserer Schule WhatsApp Broadcast ein, limitiert mit täglich einem Input. In diesem Zusammenhang habe ich eine Persönlichkeitsvereinbarung formuliert, einerseits für die Eltern mit der Schulleitung, andererseits für die Lehrperson mit der Schulleitung. Unsere Schülerinnen und Schüler der 5. und 6. Klasse haben alle ein  Office 365 Konto, also arbeiten sie damit. Die jüngeren haben ein Antolin-Konto, da gibt es eine Chatfunktion, also arbeiten sie damit. In diesem Punkt sind wir aber mit der Tatsache konfrontiert worden, dass es für Eltern, die Schulkinder in verschiedenen Schulstufen haben, sehr anspruchsvoll ist, die Kinder auf dem jeweiligen Kanal zu begleiten, weil sich eben die Kanäle je nach Stufe unterscheiden. Wir fanden aber, dass die Lehrpersonen mit dem Tool arbeiten können, das sie mit ihren Schülerinnen und Schüler (ungesteuert durch die SL) vielleicht bereits vor Corona eingeführt hatten, den Eltern, die Kinder in verschiedenen Klassen haben, mag das vielleicht chaotisch erscheinen.

Kinder können momentan dank den digitalen Medien auch dann lernen, wenn die Schule geschlossen ist, das ist unbestritten. Was die für die Begleitung ihrer Kinder nötigen IT-Kenntnisse der Eltern angeht, ist die Schere einfach riesengross. Die Eltern, die fachliche Unterstützung brauchen, sind grösstenteils auch mit Verweisen auf Links überfordert. Die Lehrpersonen haben auch mit Eltern telefonisch Kontakt aufgenommen, beispielsweise, wenn eine “Entgleitung” befürchtet wurde. Wir haben auch mit den Beistandschaften und Familienbegleitungen der einzelnen Familien Kontakt aufgenommen, die auch Zugang zum Fernunterrichtsmaterial der Schülerinnen und Schüler haben. Für einige Familien haben wir ein Betreuungsangebot organisiert. In einem der Kindergärten können diese Kinder ihre Arbeitsaufträge machen und nachher spielen. Es ist immer das gleiche Setting, die gleiche Lehrperson, die gleiche Kindergruppe. Nach den Frühlingsferien möchten wir weitere solche Angebote organisieren. Wir wissen ja, in welchen Familien es unsere Hilfe braucht. Der Raum ist da, die Betreuung ist auch da.

Die unterrichtsfreie Zeit nutzen wir, um Bilanz zu ziehen und die Erkenntnisse für die kommenden Wochen zu nutzen, in denen die Schule vermutlich noch geschossen bleiben wird. Den Klassenlehrpersonen haben wir einen Fragekatalog geschickt (Wie hast du den Fernunterricht bis jetzt organisiert? Wie läuft die Kommunikation zwischen euch und euren Schülerinnen und Schülern/Eltern? Welche Kanäle nutzt ihr? Welche Unterstützung braucht ihr von uns? usw.). Anhand der Antworten und Einsichten er-arbeiten wir einen Leitfaden für die Organisation des Fernunterrichtes nach den Ferien.