Lehrpersonen fördern mit ihrer Arbeit und ihrem Engagement junge Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung und geben ihnen Orientierung und Unterstützung. Gerade die Corona-Pandemie zeigt, wie wertvoll eine persönliche Begleitung durch die Lehrperson ist. Im Gespräch mit Bildungsdirektorin Christine Häsler.
Die Schulen im Kanton Bern haben den Präsenzunterricht in all diesen Monaten aufrechterhalten. Wie nehmen Sie die aktuelle Stimmung in der Lehrerschaft wahr?
Die Situation an unseren Schulen ist äusserst herausfordernd. Die Lehrpersonen sind engagiert und leisten hervorragende Arbeit. Dafür bin ich sehr dankbar. Den ganzen Tag mit Maske zu unterrichten und dafür zu sorgen, dass die Kinder und Jugendlichen die Hygiene- und Verhaltens-vorschriften beachten, ist nicht nur für die Schülerinnen und Schüler, sondern auch für die Lehrpersonen belastend.
Mit den gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen verändert sich auch der Lehrberuf. Worin liegt heute seine Attraktivität?
Im Lehrberuf stehen die Beziehun-gen zu den Schülerinnen, Schülern und Eltern im Zentrum. Lehrpersonen haben die anspruchsvolle, aber wertvolle Aufgabe, junge Menschen in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu fördern und sie dabei zu unterstützen, grundlegende Fertigkeiten und Kompetenzen zu erwerben. Das ist eine sinnstiftende Arbeit. Attraktiv am Lehrberuf ist der grosse Spielraum bei der Gestaltung des Unterrichts. Lehrpläne und Lehrmittel geben einen gewissen Rahmen vor, doch wie die Lehrpersonen den Lehrplan konkret umsetzen, darin haben sie zahlreiche Freiheiten.
Welche Bedeutung hat für Sie der Lehrberuf im gesamtgesellschaftlichen Rahmen?
Der Schulunterricht steht und fällt mit den Lehrpersonen. Wie wichtig der Lehrberuf ist, haben wir in der Coronazeit erfahren: Der Fernunterricht kann den Präsenzunterricht nicht vollständig ersetzen. Es hat sich gezeigt, dass eine persönliche Begleitung der Kinder und Jugendlichen unabdingbar ist. Lehrerinnen und Lehrer haben aus gesamtgesellschaftlicher Sicht eine bedeutende Aufgabe. Mit ihrer Arbeit prägen sie die nachfolgende Generation und die Gesellschaft der Zukunft.
Eine Lehrperson muss heute vielen Anforderungen gerecht werden, dies macht ihr Berufsfeld sehr vielfältig. Worin besteht aus Ihrer Sicht ihre Kernaufgabe?
Im Schulalltag liegt der Schwerpunkt auf dem Unterrichten. Lehrpersonen vermitteln aber nicht nur Wissen, sondern wirken ebenfalls durch ihre Persönlichkeit, ihre Authentizität und geben den Schülerinnen und Schülern dadurch Orientierung und Unterstützung. Kinder und Jugendliche sind auf soziale Kompetenzen angewiesen, die ihre Zuversicht in sich selbst und ins Leben stärken. Lehrpersonen sind dafür verantwortlich, dass sich die Kinder und Jugendlichen wohl fühlen und sich optimal entwickeln können.
Gute Anstellungs- und Arbeitsbedingungen sind für den Kanton als Arbeitgeber ein wichtiges Anliegen. Wo steht die Berner Volksschule im Vergleich zu anderen Kantonen?
Letzten Sommer konnten die Löhne für die Primarstufe angehoben wer-den. Vergleicht man die bernischen Löhne mit den anderen Kantonen, liegt der Kanton Bern nicht auf dem gleichen Niveau. Anders verhält es sich bei Anstellungsbedingungen wie zum Beispiel der Altersentlastung oder dem Pflichtpensum, hier kann der Kanton Bern dem Vergleich gut standhalten. Angesichts der aktuellen Finanzlage müssen wir in kleinen Schritten vorwärtsgehen. Dem Regierungsrat ist es aber wichtig, die Lohn-entwicklung beizubehalten.
Die Anmeldungen an der PHBern entwickeln sich dieses Jahr positiv. Können sich auch Berufsleute und Interessierte anderer Fachrichtungen für die Ausbildung zur Lehrerin oder zum Lehrer melden?
Die PHBern ermutigt auch Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger, sich für eine Lehrerinnen- oder Lehrerausbildung anzumelden. Weil sie zusätzliche Erfahrungen und Kompetenzen mitbringen, sind sie eine grosse Bereicherung für das Berufsfeld. Ausgewiesene Berufsleute über dreissig mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis und genügend Berufserfahrung können «sur dossier» aufgenommen werden.
Wie sieht die aktuelle Stellensituation im Kanton Bern aus?
Wer eine Stelle als Lehrperson sucht, hat eine breite Auswahl. Insbesonde-re auf der Vorschul- und der Primarstufe sind Lehrerinnen und Lehrer gesucht. In den nächsten Jahren steigen die Schülerzahlen und überdurchschnittlich viele Lehrpersonen gehen in Pension. Wir werden auch künftig engagierte Lehrerinnen und Lehrer brauchen. Viele Studierende der PHBern helfen mit ihren Praxiseinsätzen, dass an den Schulen keine Lücken entstehen. Dafür danken wir ihnen sehr.