"Füreinander, nicht nur miteinander"

Ende September wurde Gottfried Hodel, Leiter des Instituts für Weiterbildung und Medienbildung (IWM) der PHBern, pensioniert. In den neun Jahren als Verantwortlicher des Instituts wurden viele neue Angebote entwickelt und auf den Markt gebracht. Sein Erfolgsrezept heisst: Teamarbeit.
Image
Bild von Gottfried Hodel
NEWS —

Ist es ein Garten, ein Gelände oder eher ein Park? So oder so, der Aussenbereich am Standort Weltistrasse 40 des IWM ist einzigartig und sehr inspirierend. Hier, unter einer mächtigen Baumkrone, findet an einem der wenigen lauen Spätsommertage ein spannender Austausch statt, der die Grundlage dieses Artikels bildet. Tausende von Lehrpersonen haben auf dem Areal des ehemaligen Hauswirtschaftslehrerinnenseminars im Innern und auch draussen Weiterbildungen genossen und sich für neue Aufgaben, zum Beispiel in der Schulleitung, qualifiziert. Da stellen sich viele Fragen an den Mann mit den lebhaften Augen, der sympathischen Stimme und dem schützenden Strohhut auf dem Kopf.

Corona brachte Innovationsschub

Von Meilensteinen spricht Gottfried Hodel nicht gerne. Die kontinuierliche und gute Zusammenarbeit steht für den Erziehungswissenschaftler und Psychologen, der sich sein Rüstzeug als Lehrer am Seminar Langenthal erworben hat, im Vordergrund. "Ja, Corona hat Innovationen ausgelöst. Wir und auch die Lehrpersonen haben gelernt, andere Formen der Kommunikation und Vermittlung besser zu nutzen. Dabei spielen auch Individualisierung und Flexibilisierung eine besondere Rolle", sagt Gottfried Hodel. Er blickt zurück auf die letzten anderthalb Jahre. Im März 2020 mussten die Dozierenden seines Instituts innert einer Woche auf Distance Learning umstellen. Eine absolute Ausnahmesituation, die aber viele gute Gespräche, neue Ideen und Projekte initiierte. Neben unzähligen Sitzungen an Videokonferenzen gab es zudem virtuelle Kaffeerunden. "Klar fehlten mir die vielen direkten Begegnungen, aber immerhin gab es zahlreiche Austauschmöglichkeiten, und in der Krise wurde der Zusammenhalt unter den Mitarbeitenden des IWM noch stärker spürbar als sonst", sagt der abtretende Institutsleiter.

Institut mit vielen Angeboten

Als Verantwortlicher für die Weiterbildungs-, Beratungs- und Dienstleistungsangebote, dazu gehört ebenfalls die Mediothek am Helvetiaplatz, verstand sich Gottfried Hodel als Vernetzer und Ermöglicher. "Füreinander, nicht nur miteinander", lautete sein Credo. Mit dieser Haltung organisierte das IWM auch die Weiterbildungen zum Lehrplan 21 für rund 12 000 Lehrpersonen und gegen 500 Schulleiterinnen und Schulleiter – eine der grössten Herausforderungen am IWM, die trotz vielen Unsicherheiten sehr gut gemeistert wurde.

"Immer wieder wurden wir mit Sparmassnahmen konfrontiert, eine davon führte 2015 zur Fusion, aus der das Institut für Weiterbildung und Medienbildung entstand", hält er fest. Sehr wichtig seien aber auch die Verhandlungen mit der Erziehungsdirektion gewesen zu den Leistungsaufträgen, welche die Arbeit des IWM stark mitgeprägt haben.

Gute Weiterbildung – was ist das?

Was ist eine gute Weiterbildung? Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, auch nicht für Gottfried Hodel. "Bei Reformprojekten geht es darum, nebst Basisinformationen, Anregungen für die Umsetzung im Unterricht zu vermitteln. Bei Hol-Angeboten hingegen wird den spezifischen Bedürfnissen der Schulen mit massgeschneiderten Angeboten möglichst gut entsprochen. Dazu braucht es Dozierende, die begeistern und ein Feuer entfachen können." Intensivweiterbildungen von drei oder sechs Monaten böten natürlich einen anderen Mehrwert aufgrund der inhaltlichen Vertiefungen als ein dreistündiger Input – ein solcher könne aber auch wichtige Impulse bieten, findet Hodel.

Wer sich die Mühe nimmt, die Angebote, die jeweils im Mai neu online aufgeschaltet werden, durchzublättern, staunt über die Vielfalt. Da gibt es Zertifikatsausbildungen, die mit einem CAS, DAS oder MAS abgeschlossen werden, aber auch Kurse und Tagungen für ganz unterschiedliche Zielgruppen. Am Helvetiaplatz bietet die Mediothek zudem eine grosse Fülle an analogen und digitalen Lehrmitteln. Dabei erfreuen sich die Ideensets nicht nur im Kanton Bern, sondern über die Kantons- und Landesgrenzen hinaus, grosser Beliebtheit – mittlerweile sind es mehr als achtzig.

Sehr geschätzt werden auch die verschiedenen Beratungsangebote. Dazu gehört u.a. das Case Management. In diesem werden Lehrpersonen an vier regionalen Standorten beraten, wenn sie länger als einen Monat krankgeschrieben sind. Im Auftrag der Bildungs- und Kulturdirektion und unterstützt von der Bernischen Lehrerversicherungskasse BLVK wird mit den Betroffenen der Wiedereinstieg in den Beruf geplant und professionell begleitet. "Wir konnten aufzeigen, dass eine gute Beratung die Dauer der Krankschreibung markant verkürzt und sich auch für den Kanton und die BLVK lohnt", freut sich Hodel.

Das Gespräch unter dem Baum neigt sich langsam dem Ende zu. Gottfried Hodel, der seit 30 Jahren zusammen mit seiner Frau, der Künstlerin Susan Hodel, in Zürich wohnt, lässt sich noch einige Stationen seines beruflichen Wirkens entlocken. Seiner Zeit als Primarlehrer im oberaargauischen Roggwil folgte ein Studium der Erziehungswissenschaft der Psychologie und Geschichte. Er unterrichtete als Dozent an diversen Ausbildungsstätten für Lehrpersonen, wurde Studienleiter an der Zürcher Paulus-Akademie, später Leiter des Volksschulamtes in Baselland und startete am 1. Mai 2012 als Institutsleiter an der PHBern.

Erwähnenswert ist an dieser Stelle auch seine Dissertation zum Thema "Lehrer- und Lehrerinnenmangel". Sie trägt den Titel: "Kinder, immer nur Kinder, aber Lehrer bringt keiner!" Bildungspolitische Massnahmen zur Steuerung des Bedarfes an Primarlehrkräften in den Kantonen Bern und Solothurn zwischen 1848 und 1998. Dieses Thema war und ist immer wieder aktuell. Dabei gab es auch Phasen, in denen viele Lehrpersonen über längere Zeit hinweg arbeitslos waren. Bei der Regulation hatten die politischen Behörden laut Gottfried Hodel aber vielfach keine glückliche Hand. "Die Komplexität und die Dynamik wurden häufig unterschätzt, die Steuerungsmöglichkeiten hingegen oft überschätzt. Meist kamen die Massnahmen zudem zu spät, was zu einer Übersteuerung der Situation und Verschärfung der nachfolgenden Problemlage führte. Die Bildungspolitik sollte sich deshalb nicht zu stark nur auf kurzfristige Massnahmen zur Steuerung des Bedarfs an Lehrerinnen und Lehrern fokussieren". In der historischen Darstellung wird sichtbar, dass Klassengrössen, die Feminisierung des Berufsfeldes, aber auch wirtschaftliche Prosperität und Rezessionen eine grosse Wirkung auf die Arbeitsmarktsituation der Lehrpersonen hatten. Aus heutiger Sicht sei zudem erschreckend, wie lange die Ungleichbehandlung der Geschlechter und damit verbunden die Diskriminierung der Lehrerinnen angedauert habe.

Was bleibt als Erinnerung?

"Es sind viele Begegnungen, Projekte und kreative Augenblicke während meiner Zeit als Institutsleiter. Dazu zählen auch szenische Darbietungen im Rahmen einer IKAS-Tagung, an der Schulleiterinnen und Schulleiter aus den Kantonen Freiburg, Wallis und Bern zusammenkommen", erzählt Hodel. An der IKAS-Tagung in Grindelwald 2014 zum Thema "Kopf, Herz oder Bauch? Führen im Spannungsfeld von Entscheidungen" konnte Gottfried Hodel seine Lust am Theaterspiel ausleben und sorgte für unvergessliche Momente bei den Teilnehmenden. Ist da ein bisschen Wehmut in der Stimme?

"Ich werde jetzt nicht gerade eine Weiterbildung mit einem Diplom anpacken", antwortet Gottfried Hodel auf die Frage nach seinen Zukunftsplänen. Er freue sich darauf, wieder mehr Zeit zu haben für Literatur und Kunst, das Fotografieren und Reisen, sobald dies wieder unbeschwert möglich sein werde. Auch dabei sind ihm Begegnungen mit Menschen ganz wichtig – da gibt es keine Zweifel nach dem Gespräch unter dem Baum.

Jürg Arpagaus folgt auf Gottfried Hodel

Der promovierte Bildungssoziologe Jürg Arpagaus ist der neue Leiter des Instituts für Weiterbildung und Medienbildung der PHBern. Er ist seit rund 20 Jahren im Bildungsbereich tätig, vor allem in der Lehre und Forschung sowie im Bildungsmanagement. Er war Prorektor Weiterbildung und Mitglied der Hochschulleitung der Pädagogischen Hochschule Luzern. Seine fachlichen Interessen sind Chancengleichheit in der Bildung, Professionalitäts- und Laufbahnentwicklung von Lehrpersonen, Arbeits- und Bildungsmarkt sowie Bildungsmanagement.

Dieser Beitrag erschien in der Ausgabe 4.21 von EDUCATION.