Das Klassenzimmer zu verlassen und den Unterricht ins Freie oder an andere Orte zu verlegen, bietet zahlreiche Möglichkeiten für authentische Begegnungen und lebendiges Lernen. Viele Fragestellungen und Themen werden in der Natur, im Quartier, im Museum oder in einer Werkstatt einfacher fassbar. Wenn das Klassenzimmer sich öffnet und draussen unterrichtet wird, entsteht eine Lernkultur, die mit der Welt verbunden ist – eine, in der Schülerinnen und Schüler aktiv, im Dialog mit ihrer Umwelt und ihren Interessen lernen. So wird Lernen nicht nur anschaulich, sondern bedeutungsvoll.
Vorteile von Draussenlernen:
- Welt wahrnehmen: vertraute und bekannte Welten systematisch erschliessen
- Kompetenzen stärken: forschend-entdeckend fachliche und überfachliche Kompetenzen entwickeln
- Gemeinschaft erleben: Gemeinsam unterwegs sein stärkt den Zusammenhalt und die soziale Kompetenz.
- Nachhaltigkeit verstehen: Draussenlernen fördert interdisziplinäres Denken und vernetzte Zusammenhänge im Sinne der BNE.
- Wohlbefinden fördern: Bewegung und frische Luft tun Körper und Seele gut.
Das Draussenlernen bildet mit dem Lernen im Klassenzimmer eine Einheit. So erhält es nicht den Charakter eines Ausflugs, sondern unterstützt das Lernen.
Was gilt es zu beachten?
Draussen mit der Klasse unterwegs sein, ist wie ein kleines Abenteuer: Nicht alles ist planbar und manchmal sorgt eine unverhoffte Begegnung für einen besonderen Lernmoment. Zusätzlich zu einer guten Vorbereitung braucht es Flexibilität und Gelassenheit, wenn etwas anders läuft als geplant. Mit gezielten Aufträgen, Routinen und Ritualen wird das Unterrichten draussen für Lehrpersonen zunehmend einfacher. Übrigens: Auch Schülerinnen und Schüler brauchen Zeit, um sich an das neue Lernsetting zu gewöhnen. Die einen machen es gerne, die anderen fühlen sich dadurch gestresst.
Hilfreich bei der Vorbereitung:
- Ziele definieren: Was soll draussen gelernt werden? Warum eignet sich der gewählte Ort besonders gut?
- Ort und Aufträge vorbereiten: Den Ort im Voraus besuchen und organisatorische Details wie Wegzeit, Materialbedarf und Begleitperson(en) klären. Aufträge vorab testen, um Herausforderungen besser einschätzen zu können.
- Integration in den Lernprozess: Draussenlernen ist kein zusätzlicher Aufwand, sondern eine bewusste Verlagerung des Lernens nach draussen.
- Kommunikation: Schülerinnen und Schüler, Schulleitung sowie Eltern müssen über Ziele, Abläufe und Regeln informiert sein.
Aktivitäten für den Start
Draussenlernen eignet sich für zahlreiche Aufgabenstellungen aus vielen Fächern. Besonders im Fach NMG ist die Begegnung mit der Umwelt zentral. Aber auch in anderen Fächern wie Bewegung und Sport oder TTG können Unterrichtseinheiten rund um das Schulhaus, im Schulgarten oder im Quartier stattfinden. Draussen zu unterrichten bedeutet also nicht in erster Linie Natur zu erleben, sondern sich mit Lebensräumen, sozialen und kulturellen Gegebenheiten auseinanderzusetzen.
Mögliche Aktivitäten für den Unterricht draussen:
- Natur erkunden: Blätter bestimmen, Wildkräuter sammeln oder Tiere beobachten, Entwicklungen im Jahreskreis festhalten.
- Quartier entdecken: Interviews mit Anwohnenden führen oder Konsumsituationen analysieren.
- Forschung im Kleinen: Hypothesen aufstellen, Beobachtungen dokumentieren und Ergebnisse vergleichen.
Praktische Tipps für Lehrpersonen
Lernen in neuer Umgebung beeinflusst auch die Klassendynamik. Es erfordert Mut und Vertrauen der Lehrpersonen, um den neuen Gegebenheiten offen zu begegnen. Aber es ermöglicht auch, dass sich die Schülerinnen und Schüler von einer neuen Seite zeigen. Um Sicherheit zu gewinnen, hilft es, zu üben und der Klasse etwas zuzutrauen. Zudem ist es wichtig, im Kollegium und mit der Schulleitung ein Sicherheitskonzept abzustimmen: Welche Regeln gilt es zu beachten, wenn Unterricht draussen stattfindet? Braucht es eine Begleitperson? Oder ist in der Schule eine Apotheke zum Mitnehmen vorhanden?
Wichtige Aspekte:
- Klein anfangen: Kurze Draussen-Lernphasen in den Unterricht integrieren, um sich langsam an das Konzept zu gewöhnen.
- Grosszügiges Zeitmanagement: Genügend Zeit für Wege, Pausen und Reflexion einplanen, um Stress zu vermeiden. Zudem braucht die Klasse Zeit, um sich an das neue Lernumfeld zu gewöhnen.
- Gegenseitige Inspiration: Hospitationen an Schulen mit Erfahrung im Draussenlernen können wertvolle Impulse liefern.
Bereit für neue Erfahrungen?
Draussen unterrichten erfordert einerseits Mut und Planung, bietet gleichzeitig auch unvergleichliche Lernmöglichkeiten und Erlebnisse mit der Klasse. Das Fachdidaktikzentrum (FDZ) der PHBern bietet vielseitige Expertise bei Lernerfahrungen an ausserschulischen Lernorten. In einem Interview haben Stefan Valkanover und Vitus Furrer vom FDZ darüber gesprochen, wie Lernsituationen ausserhalb des Klassenzimmers nachhaltig wirken.
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