Lehrperson werden im 19. Jahrhundert? Das war eine reine Männersache. Damals bereiteten Pfarrer oder Schulmeister Schüler in sogenannten "Normalanstalten" auf den Beruf vor.
1831 brachte das erste Schulgesetz im Kanton Bern zwei zentrale Neuerungen: Schulpflicht und staatliche Schulaufsicht – doch wo sollte unterrichtet werden? Es mussten passende Bauten und Räume gefunden oder neu gebaut werden. Das erste Lehrerseminar öffnete 1833 im Schloss Münchenbuchsee seine Türen. Dort absolvierten zukünftige Landschullehrer eine zweijährige Ausbildung.
Die Architektur der Ausbildungsstätten war dabei stets von den sich wandelnden Bildungsidealen und den Anforderungen des Unterrichts geprägt. So entstanden eigene Gebäude, oft mit Übungsschulen (den "Muster"- oder "Modellschulen"), in denen angehende Lehrpersonen das Unterrichten praxisnah erlernen und unterschiedliche Lehrmethoden erproben konnten. Diese Übungsschulen boten gleichzeitig die Gelegenheit, eine passende architektonische Gestaltung für die jeweils neuesten Unterrichtsformen zu entwickeln – viele dieser Ideen wurden später auch für öffentliche Schulhäuser übernommen.
Ein Treffpunkt für Lehrpersonen
Die enge Verbindung zwischen Bildungskonzepten und Architektur zeigt sich auch an einem anderen wichtigen Ort für Lehrpersonen: der heutigen Mediothek der PHBern. 1879 als schweizerische Schulausstellung gegründet, war die ehemalige Schulwarte eine zentrale Anlaufstelle für Lehrmittel, Fortbildungen und Schulhausbau-Ideen. Der Name "Schulwarte" spiegelte ihre Vision wider: ein Ort mit Weitblick für die Entwicklung des Schulwesens. In den 1930er-Jahren zog sie an den Helvetiaplatz in einen Bau im Stil des "Neuen Bauens", geprägt von funktionaler, schlichter Gestaltung.
Bis heute bleibt die Mediothek der PHBern ein lebendiger Treffpunkt für Bildung, Austausch und Inspiration – für Lehrpersonen, Studierende und alle, die sich mit Schule und Lernen beschäftigen. Sie bietet Austauschplattformen, Veranstaltungen und innovative und praxisorientierte Unterrichtsmaterialien – von analog bis digital.
Eine Bildungsoase
Am östlichen Stadtrand, nahe dem Zentrum Paul Klee, befindet sich das Institut für Weiterbildung und Dienstleistungen (IWD) der PHBern. Hier besuchen Schulbeteiligte – Lehrpersonen, Schulleitende oder Schulische Heilpädagoginnen und Heilpädagogen – Weiterbildungen und Veranstaltungen oder erhalten fachkundige Beratungen.
Das ehemalige Seminar für Haushaltungslehrerinnen aus den 1950er-Jahren war einst eine klassische Pavillonanlage. Einzelgebäude, verbunden durch einen gedeckten Laufgang, umschlossen einen Garten. 1981 brachte ein Umbau eine markante Veränderung: Ein moderner Treppenturm aus Stahl und Glas und halbrunde Vordächer, in auffälligem Rot gestrichen, setzten neue Akzente. Die Mischung aus Alt und Neu zeigt eindrucksvoll, wie Architektur sich an neue Anforderungen anpassen kann – ohne ihre Geschichte zu verlieren.
Ein moderner Lerncampus: Tradition trifft auf Innovation
Zeitsprung. Mit der Gründung der PHBern 2005 wurde die Lehrpersonenbildung grundlegend transformiert: weg von der traditionellen Seminarausbildung, hin zu einem Hochschulstudium. Diese Neuausrichtung machte auch eine räumliche Neugestaltung notwendig. Statt vieler kleiner, über die Stadt verteilter Seminargebäude sollte ein konzentrierter und dadurch effizienter Hochschulcampus für rund 4000 Studierende und 850 Mitarbeitende entstehen.
Das ehemalige Industrieareal der Maschinenfabrik von Roll AG in der Länggasse wurde durch eine Umnutzung zu einem modernen Campus für die Lehrpersonenbildung. Die Spuren der industriellen Vergangenheit sind auch heute noch sichtbar: Einige der historischen Fabrikgebäude blieben erhalten und sind umsichtig in das Hochschulareal integriert.
Der preisgekrönte Umbau zum lichtdurchfluteten Hörsaalzentrum sorgte dafür, dass die historische Weichenbauhalle mit Backsteinwänden und Sprossenfenstern ihren Charme bewahrte. Ergänzt wurden die umgenutzten historischen Industriebauten durch ein neu errichtetes Institutsgebäude mit Klinkerfassade. Es erinnert ebenfalls an die Vergangenheit und ermöglicht gleichzeitig durch flexible Räume, gläserne Innenhöfe und modernste Infrastruktur zeitgemässes Lehren und Lernen.
Ein Campus für die Zukunft
Auf dem Gelände des Hochschulzentrums vonRoll entstanden in den letzten Jahren weitere Ausbildungsräume. Die ehemalige Kraftzentrale wurde zwischen 2014 und 2018 zum Musikhaus umgebaut, das heute schweizweit einzigartige Unterrichtsräume für angehende Musiklehrpersonen beherbergt.
Heute ist das Hochschulzentrum vonRoll ein lebendiger Campus. Er bereitet durch modernste Infrastruktur, darunter Fotografie-, Ton- und Videostudios sowie komplett ausgerüstete Werk- und Atelierräume künftige Lehrpersonen optimal auf den Beruf vor. Erholungs- und Fitnessräume ergänzen das Angebot und schaffen eine produktive Lernatmosphäre. Eine unterirdische Parkanlage bietet Platz für knapp 1000 Velos.
Dank einer visionären Bauweise bleibt der Campus wandelbar. Durch die Trennung von langlebigen Bauteilen von kurzlebigen Elementen sind Anpassungen über Jahrzehnte hinweg möglich. Mobile Wände ermöglichen eine flexible Raumgestaltung, und das Gebäude könnte bei Bedarf sogar um zwei Stockwerke erhöht werden.
Die Räumlichkeiten der PHBern vereinen Alt und Neu, Tradition und Innovation, Geschichte und Zukunft – es sind inspirierende Lehr- und Lernorte, die auch künftigen Anforderungen entsprechen.
Dieser Beitrag entstand in Zusammenarbeit mit Anne-Catherine Schröter, Architekturhistorikerin und Co-Präsidentin des Berner Heimatschutzes, Region Bern Mittelland.
Rund ums Jubiläum
Zum 20-Jahr-Jubiläum lanciert die PHBern eine Spezialwebsite, die Einblicke in die bewegte Geschichte der PHBern gibt. Ausserdem erzählen Studierende und Mitarbeitende, welches ihre Lieblingsorte an der PHBern sind oder welche Momente an der PHBern besonders in Erinnerung geblieben sind.