Didaktischer Kommentar

IdeenSet Abfall und Recycling

Ghüder - Abfall

Relevanz und Übersicht

Noch bis in die 1980er-Jahre wurde der ganze Abfall in der Schweiz auf Deponien gelagert. Heute wird vieles recycelt. Ein grosser Teil des Abfalls besteht jedoch aus Verpackungen, die nicht recycelt werden können. Zudem geht, gemäss Schätzungen der Food and Agriculture Organization (FAO), rund ein Drittel der weltweit produzierten Lebensmittel verloren. Für die Schweiz geht man von der gleichen Grössenordnung aus. Dies entspricht einer Menge von rund 2.3 Millionen Tonnen Lebensmitteln oder etwa 300 kg pro Person und Jahr. Obwohl wir fast täglich über die Medien mit diesen Fakten konfrontiert werden, wissen die wenigsten, was man dagegen tun kann und werden deshalb nicht von sich aus aktiv. Dieses IdeenSet zeigt unterschiedliche Möglichkeiten auf, wie das Thema mit den Schülerinnen und Schülern auf eine lebensnahe und sinnstiftende Weise bearbeitet werden kann, damit sich der Umgang mit unseren Ressourcen nachhaltig ändern kann.

Vorstellungen und Vorkenntnisse

Die Vorstellungen zum Thema „Abfall und Recycling“ stammen aus einer Umfrage mit einer 8. Klasse der Kantonsschule Solothurn, Stufe Progymnasium.

Als „Abfall“ definieren die meisten Schülerinnen und Schüler „Dinge, die nicht mehr gebraucht werden“. Diese Definition stimmt auch grösstenteils mit offiziellen Definitionen wie derjenigen aus dem Umwelt Lexikon überein: „Unter Abfall verstehen wir alle beweglichen Sachen, die für ihren Besitzer den Nutzen verloren haben, so dass er sich ihrer entledigt.“  Entscheidend ist die Tatsache, dass die Gegenstände für den Besitzer oder die Besitzerin den Nutzen verloren haben. Das heisst aber nicht, dass sie niemand anderes mehr nutzen kann. Denn oft enden Lebensmittel, die noch essbar sind oder Materialien, die durch Recycling wieder eine Verwendung finden könnten, im Abfall. Diese differenzierte Betrachtungsweise von Abfall sahen die Schülerinnen und Schüler nicht auf den ersten Blick. Deshalb wird den Themen Foodwaste und Recycling im IdeenSet besondere Beachtung geschenkt.

Differenzierte Beispiele der Auswirkungen von Abfall auf die Natur waren rar. Nur ein kleiner Teil der Klasse nannte konkrete Beispiele wie „Verschmutzung der Meere“ oder „Tiere ersticken“. Diese hatten in der 7. Klasse bereits das Thema Verschmutzung der Weltmeere im Unterricht. Wirtschaftliche Auswirkungen sind kaum bekannt. Auch die Auswirkungen von Littering auf die Gesellschaft ist wenig bis gar nicht bekannt. Ein paar wenige Schülerinnen und Schüler notierten sich: „Verunschönert das Landschaftsbild“ oder „Abfallverbrennung schadet der Luftqualität“. Zu den Auswirkungen von Abfall auf Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft muss im Unterricht unbedingt ein Fallbeispiel behandelt werden, damit die Lernenden auch die Wechselwirkungen zwischen diesen Systemen verstehen und vernetztes Denken schulen.

Abschliessend wurde erfragt, wie ein nachhaltiges Verhalten mit Abfall aussehen sollte. Es kamen vereinzelt sehr gute Antworten: „Lebensmittel mit viel Verpackungsmaterial vermeiden“, „Verpackung aus Plastik mit einer wieder verwendbaren Variante ersetzen“ oder „konsequent Abfall trennen“. Dies zeigte, dass die Schülerinnen und Schüler bereits wussten, wie man mit Abfall umgehen sollte. Zu wissen was gut wäre, heisst aber noch nicht, dass man das auch macht. Daher muss in diesem Bereich noch vermehrt handlungsorientierter unterrichtet werden.

Lerngegenstand und thematische Schwerpunkte

Foodwaste

Was sind Lebensmittelabfälle? Wie entstehen sie? Wie kann man sie vermeiden?

Zero Waste

Was versteht man unter dem Ansatz von "Zero Waste"? Wie lässt sich Abfall generell minimieren? Was ist die 5R-Methode?

Plastik und Littering

Welche Probleme stehen hinter Plastikabfall? Wie wirken sich Plastikabfälle auf die Umwelt aus?

Recycling

Welche Materialien werden heute wiederverwendet?

Themenübergreifend

Welche Probleme bringt Abfall generell? Welche Lösungsansätze gibt es?

Organisation und Beurteilung

Methodische Ausrichtung

Im IdeenSet befinden sich unzählige Unterrichtsdossiers, Unterrichtsvorschläge und Projektideen, welche einen möglichen Aufbau des Lernprozesses innerhalb des gewählten thematischen Schwerpunktes aufzeigen. Sie beinhalten Aufgaben und Anregungen, wie die Schülerinnen und Schüler in den unterschiedlichen didaktischen Phasen selbstwirksam aktiv werden können. Zudem stehen im IdeenSet die dazu benötigten Unterrichtsmaterialien in Form von Informationen in digitaler und analoger Form sowie Materialkisten und Videos bereit.

Für den kompetenzfördernden Unterricht ist es zentral, dass er von einer reellen Anforderungssituation ausgeht (Helbling, 2016) und die Präkonzepte der Schülerinnen und Schüler mit einbezieht. Fehlkonzepte sollten sichtbar werden, woraus motivierende Fragen entstehen. Die Fragen der Schülerinnen und Schüler sollen also aufgenommen und im Unterricht unbedingt integriert werden. Parallel zu den strukturiert geführten Unterrichtseinheiten der Lehrperson haben die Schülerinnen und Schüler Zeit, ihren individuellen Fragen nachzugehen. Dabei sind unterschiedliche Lernwege möglich. Alle Lernspuren werden von den Schülerinnen und Schülern laufend dokumentiert. Die Lernenden berichten einander in regelmässigen Abständen, was sie bereits herausgefunden haben und welche Schlüsse sie daraus ziehen. So erhält die Lehrperson Gelegenheit, den individuellen Lernprozess einzuschätzen und zu unterstützen (formative Beurteilung).

Organisatorisches

Die Thematischen Schwerpunkte können im regulären, projektartigen Unterricht oder in einer Projektwoche umgesetzt werden. Die benötigten Materialien sind angegeben oder im IdeenSet verlinkt. Es ist möglich, nur einen thematischen Schwerpunkt auszuwählen oder mehrere miteinander zu kombinieren.

Einstieg

Die unterschiedlichen Einstiegsmöglichkeiten in den Lernprozess sind in den einzelnen thematischen Schwerpunkten in den Unterrichtsdossiers angegeben.

Beurteilung

Die Beurteilung einer Auswahl der oben angegebenen Kompetenzen kann im prozessbegleitenden Klassengespräch mündlich eruiert und auf einer Klassenübersicht von der Lehrkraft festgehalten werden. Weitere Lernspuren können in einem Lernjournal, einer Projektdokumentation oder digital z.B. auf Padlet oder mit Bookcreator festgehalten werden. Hier befinden sich hilfreiche Erklärvideos zur Anwendung von Padlet und Bookcreator im Schulzimmer.

Lehrplanbezug

2. Zyklus

Die Schülerinnen und Schüler können …

  • die Herkunft von ausgewählten Lebensmitteln untersuchen und über den Umgang damit nachdenken (z.B. lokale, saisonale Produkte; sparsamer/verschwenderischer Umgang mit Lebensmitteln). Lebensmittelverschwendung, Footprint als verbindlicher Inhalt. (NMG 1.3)
  • Einflüsse des Menschen auf die Natur einschätzen und über eine nachhaltige Entwicklung nachdenken. (NMG.2.6)
  • philosophische Fragen stellen und über sie nachdenken. (NMG.11.2)
  • Werte und Normen erläutern, prüfen und vertreten. (NMG.11.3)
  • eine gestalterische und technische Aufgabenstellung erfassen und dazu Ideen und Informationen sammeln, ordnen und bewerten Die Schülerinnen und Schüler experimentieren und können daraus eigene Produktideen entwickeln. (TTG.2.A.1)

3. Zyklus

Die Schülerinnen und Schüler können …

  • wirtschaftliche Prozesse und die Globalisierung untersuchen. (RZG.3.2)
  • Stoffe als globale Ressource erkennen und nachhaltig damit umgehen. (NT.3.3)
  • Folgen des Konsums analysieren. (WAH.3.2)
  • eine gestalterische und technische Aufgabenstellung erfassen und dazu Ideen und Informationen sammeln, ordnen und bewerten. Die Schülerinnen und Schüler experimentieren und können daraus eigene Produktideen entwickeln. (TTG.2.A.1)

Quellen

Titelbild: CC0 RitaE, https://pixabay.com/photo-2729608/ (05.September 2017)

Helbling, D. (2016). Kompetenzfördernde Aufgabenkultur in Religionskunde. In: Zeitschrift für Religionskunde (3), 34-47.

Kalcsics, K., Wilhelm, M., (2017). Lernwelten Natur-Mensch-Gesellschaft, Ausbildung Fachdidaktische Grundlagen, 1. Auflage 2017, Schulverlag plus AG.

Luthinger, H., Wilhelm, M., Wespi, C., Wildhirt, S., (2018). Kompetenzförderung mit Aufgabensets, 1. Auflage 2018, hep Verlag AG, Bern.