Didaktischer Kommentar

IdeenSet_MauernundGrenzen_Titelbild

Relevanz und Übersicht

Mauern und Grenzen betreffen alle - auch Jugendliche in der Schweiz. Mauern und Grenzen sind allgegenwärtig, vom Gartenzaun zur Gefängnismauer, vom Grenzzaun zur virtuellen Firewall.  Anhand der Auseinandersetzung mit historischen und aktuellen Mauern (Berliner Mauer, EU-Aussengrenze, Israelische Mauer, Gated Communities,…)  sollen Lernende über Sinn und Zweck von Schutzwällen, Grenzanlagen, Sperren oder Sicherheitszäunen nachdenken. Weshalb bauen Menschen Mauern?

Vorstellungen und Vorkenntnisse

Lernende bringen Vorwissen und Grunderfahrungen aus ihrem Alltag mit: Wir und die andern; dazugehören wollen; Angst vor Ungewohntem und Fremde; sich verbünden gegen andere; physische und nicht physische Mauern im alltäglichen Leben. Die Erfahrungen der Lernenden mit Mauern und Grenzen sind sehr unterschiedlich. Um an ihre Vorkenntnisse und ihr Vorwissen anzuknüpfen, wurden Zugänge mit hohem Lebenswelt- und Aktualitätsbezug gewählt. Dieses Lernarrangement soll es den Lernenden ermöglichen, ein breites Spektrum an Mauern und Grenzen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und sich mit verschiedenen Grenzerfahrungen auseinanderzusetzen.

Methodische Ausrichung

Mauern und Grenzen trennen Menschen voneinander und bieten auch Schutz. Um die Auseinandersetzung mit verschiedenen Erfahrungen mit Mauern und Grenzen der Lernenden zu ermöglichen und unterschiedliche Bedeutungen, Funktionen und Perspektiven kennenzulernen, werden Zugänge aus der Didaktik von Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) gewählt: 1. Was weiss ich schon? (Präkonzepte) 2. Worum geht es? (Sache klären) 3. Wie beeinflusst der Sachverhalt mein Leben? (Bedeutung der Sache für mich) 4. Wie beeinflusst der Sachverhalt das Leben der anderen? (Bedeutung der Sache für andere) 5. Wie könnte eine nachhaltige Lösung aussehen? (Mögliche Lösungen abwägen).  Die Aufgaben basieren auf dem Modell kompetenzfördernder Aufgabensets nach Wilhelm et al. (2016) (Kalcsics und Wilhelm, 2017). Das Modell versteht den Aufbau von Kompetenzen als Prozess und nicht als blosse Aneinanderreihung von Lernaufgaben.

Organisation und Beurteilung

Das IdeenSet stützt sich grossmehrheitlich auf die empfohlenen Lehrmittel für RZG und ERG: Diercke, Gesellschaften im Wandel, Weltsicht, Zeitreise und Schauplatz Ethik. Ergänzend stehen einige zusätzliche Arbeitsmaterialien zur Verfügung. In das IdeenSet ist ein summativer Beurteilungsanlass mit Kriterienraster (Dokumentation und Präsentation einer Mauer) integriert. 

Lerngegenstände, Verlauf und Lehrplanbezug

Verlauf

Didaktische Phase * Lerngegenstände & Aufgaben
Explorieren

Was sind Mauern? Welche Absicht steht dahinter? Welche Arten von Mauern gibt es?

Wer ist drinnen - und wer ist draussen? Anhand der Betrachtung unterschiedlicher Mauer-Bilder sollen die Lernenden für verschiedenen Arten von Mauern, physische und nicht physische, sensibilisiert werden. Mit einer Vertiefung zur Insel Tuvalu kann der Begriff Mauer erweitert werden. Eine Insel als begrenzter Raum, das Meer als «Mauer», wird durch globale Auswirkungen zu einem lebensbedrohenden Ort (oder Unort). Menschen sehen sich gezwungen, diesen Raum zu verlassen.

Aufgabe 1: Bildbetrachtung Regionalgefängnis

Aufgabe 2: Bildbetrachtung weiterer Mauern aus nah und fern

Aufgabe 3: Insel Tuvalu

Erarbeiten

Wie beeinflussen Mauern und Grenzen mein und unser Leben?

«Hier hast du nichts zu suchen!» In einem kurzen Rollenspiel, mit Aufgaben zu Chancen(un-)gleichheiten aus dem ERG Lehrmittel, Schauplatz Ethik und dem Animationsfilm Frontière setzen sich die Lernenden mit «sozialen Mauern und Grenzen» auseinander. Um den Lernenden den Transfer von real existierenden Mauern zu den Mauern in den Köpfen zu erleichtern, erstellen sie eine Mauer aus Papier.

Aufgabe 4a: Wir und die anderen

Aufgabe 4b: Soziale Gerechtigkeit / Chancenungleichheit 

Aufgabe 4c: Film Frontière / Mauer bauen

Warum grenzen sich Menschen und Staaten ab?

Mauern vermitteln das Gefühl von Sicherheit und sind oft ein Zeichen sozialer Segregation. Wohlhabende grenzen sich von Armen ab. Anhand des Dokumentarfilms zur «Mauer der Schande» in Lima und einem digitalen Rundgang in Paraisopolis (São Paolo, Brasilien) setzen sich die Schüler*innen mit sozialen Disparitäten auseinander. Das historische Beispiel der mittelalterlichen Stadtmauern bestätigt das Bedürfnis sozialer Abgrenzung, es verdeutlicht aber auch, dass Mauer ihre Bedeutung verlieren können und abgerissen werden.

Aufgabe 5a: «Ist das eine Mauer der Schande?»

Aufgabe 5b: Digitaler Rundgang in Paraisopolis, São Paolo

Aufgabe 6: Wo sind die Stadtmauern hin?

Üben und Vertiefen

Historische und aktuelle Mauern

Die Lernenden vertiefen in einer arbeitsteiligen Gruppen- oder Partnerarbeit ihr Wissen zu einer historischen oder aktuellen Mauer und präsentieren diese im Plenum. Die zuhörenden Lernenden ordnen Gründe zu, die für oder gegen den Mauerbau sprechen und begründen ihre Wahl. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der vorgestellten Mauern werden eruiert.

Aufgabe 7: Präsentation einer historischen Mauer, Vertiefung, arbeitsteilige Gruppen- oder Partnerarbeit

Anwenden

Wo sind Mauern sinnvoll – wo nicht?

Die Lernenden verschaffen sich einen Überblick zu den verschiedenen Mauern in ihrer Unterrichtsdokumentation. Sie überlegen sich, welche Mauern sie als positiv und welche als negativ bewerten und begründen ihre Einschätzungen. Abschliessend setzen sie sich mit Lösungsansätzen zur Überwindung von Mauern, Meinungsverschiedenheiten oder Disparitäten auseinander. 

Aufgabe 8: Warum brauchen Menschen Mauern?

Aufgabe 9: Wie kann man Mauern überwinden?

Übertragen Aufgabe 10: Das gemeinsame Leben gestalten

* Die didaktischen Phasen basieren auf dem Modell kompetenzfördernder Aufgabensets nach Kalcsics & Wilhelm, 2017.

Lehrplanbezug

Kompetenzen: RZG 2.2, RZG 6.2, RZG 8.3, ERG 1.1, ERG 2.1

Quellen

Bild- und Textquellen sind zu vermerken. Es dürfen nur Bilder mit einer offenen Lizenz (Creative Commons) verwendet werden.

  • Titelbild: Klinkerfassade. Kühn, Stefan. CC by SA 3.0. Online Zugriff
  • Wals, Arjen, Mirroring, Gestaltswitching and transformative social learning: Stepping stones for developing sustainability competence (2010). International Journal of Sustainability in Higher Education 11(4). Online Zugriff.
  • Wals, Arjen, Deconstructing a Happy Meal – making everyday life routine practices a source of transformative learning – indeed: food for thought! (2018) Blogeintrag. Online Zugriff.
  • Wilhelm, Markus & Kalcsics, Katharina (2017). Lernwelten: Natur – Mensch – Gesellschaft - Studienbuch. Bern: Schulverlag plus AG.