Didaktischer Kommentar

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Relevanz und Übersicht 

Täglich sterben in der Schweiz durchschnittlich zwei Menschen durch Suizid. Österreich und die Schweiz bilden die Spitze im Ländervergleich. Glücklicherweise sinkt die Anzahl an vollendeten Suiziden seit zwanzig Jahren stetig. Bei Jugendlichen zeigen sich jedoch zunehmend suizidale Gedanken und Handlungen. 

Die Kinder- und Jugendstiftung Pro Juventute schätzt, dass jede elfte jugendliche Person bereits versucht hat, sich das Leben zu nehmen. Die Adoleszenz birgt durch Veränderungen und Entwicklungsaufgaben eine Gefährdung der psychischen Gesundheit und somit auch das Risiko für suizidale Gedanken. Jungen haben eine höhere Inzidenz von vollzogenem Suizid. Mädchen weisen jedoch eine höhere Zahl von Suizidversuchen auf. Dieses Paradoxon findet sich weltweit. Es verstärkt sich durch die Tatsache, dass ein versuchter Suizid als einer der stärksten Risikofaktoren für einen weiteren Versuch darstellt. 

Über Suizid zu sprechen, kann Leben retten – jeder Suizid ist zu viel. 

Lerngegenstand und thematische Schwerpunkte 

Das IdeenSet Suizid besteht aus vier Unterrichtseinheiten.  

Unterrichtseinheit Inhalt 
Einführungssequenz 
  • Herantasten an die Thematik
  • Bildbetrachtung
  • Vorwissen einbinden
  • Nachdenken über Terminologie 
Mythen und Fakten 
  • Entmystifizierung von Suizid
  • Eigene Vorstellungen und Glaubenssätze reflektieren
  • Hilfsangebote kennenlernen 
Unterstützung und Kommunikation 
  • Film Linus schauen und Handlungsoptionen erarbeiten
  • Durch Rollenspiele verschiedene Blickwinkel einnehmen, empathische Gesprächsführung üben und Handlungsoptionen erarbeiten 
Eigene Ressourcen 
  • Nachdenken über eigene Handlungsstrategien in schwierigen Zeiten
  • Austauschen über und erweitern von Handlungsstrategien in Krisenzeiten 

Organisation 

Suizid als Thema im Unterricht soll behutsam, aber klar angegangen werden. Es ist wichtig, dass eine Enttabuisierung stattfindet, sodass der Nachahmungseffekt (Werther-Effekt) entgegengewirkt wird. Forschungen zeigen, dass sich nach einem vollzogenen Suizid, die Suizidalität an der betroffenen Schule ansteigt.  

Wann und wie soll über Suizid gesprochen werden? 


Do’s 

  • Die Auseinandersetzung soll im Kontext Lebenssinn oder Umgang mit Krisen eingebettet werden
  • Geeignet sind Berichterstattungen wie zum Beispiel Suizid einer bekannten Persönlichkeit oder in Serien
  • Lösungsstrategien sollen im Vordergrund stehen 
  • Lernende können ihre thematische Beteiligung selbst bestimmen und haben die Möglichkeit, sich der Auseinandersetzung zu entziehen, wenn es für sie belastend wird
  • Reaktionen der Lernenden beobachten, ihnen offen und unterstützend begegnen 


Don’ts: 

  • Kein geeigneter Zeitpunkt: Klassen mit Lernenden mit suizidalen Gedanken oder wenn im näheren Umfeld der Lernenden ein Suizid stattgefunden hat (professionelle Hilfe holen)
  • Keine Filme und Texte behandeln, die Suizidmethoden in den Vordergrund stellen und detailliert aufzeigen 
     

Die meisten Menschen, welche suizidale Gedanken haben, senden Warnsignale aus. Diese gilt es ernst zu nehmen und anzusprechen. Anbei eine Tabelle, welche die Anzeichen benennt und einschätzt:  

 Merkmale Suizidalität Einschätzung 
Anzeichen  
  • Konzentrationsschwierigkeiten, Leistungsabfall
  • Schwänzen, viele Absenzen
  • Gereiztheit, Energielosigkeit, Lustlosigkeit
  • Freundschaftsabbrüche, Rückzug (virtuelle Welt) 
  • Selbstverletzung, Unfälle, risikobehaftetes Verhalten
  • Gefühle der Perspektivlosigkeit 
Einzelne Nennungen können einer «normalen» Entwicklung zugeordnet werden. Häufungen weisen auf eine Krise hin. 
Warnzeichen  
  • Auseinandersetzung mit dem Tod
  • Zeichnungen, Texte, Gedichte zum Thema Tod 
  • Unkonkrete Aussage zu Suizidgedanken: «Alle hassen mich», «Ich schaffe das nicht», «Ich bin eine Last» 
Warnzeichen stehen meist in Zusammenhang mit Anzeichen. Ihnen sollte nachgegangen werden.  
Alarmzeichen 
  • Verbalisieren von Suizidabsichten: «Bald habt ihr Ruhe vor mir», «Bald seid ihr mich los», «Ich bringe mich um»
  • Pläne und Schilderung von Suizidmethoden. 
  • Entspanntheit und Gelöstheit nach einer Krise, obwohl sich scheinbar nichts geändert hat  
Konkrete Äusserungen von suizidalen Absichten müssen ernstgenommen werden. Sofort handeln.  

(vgl. Kanton Zürich, 2021) 
 

Wichtig ist, den Kontakt zu Eltern und Fachpersonen zu suchen. Suizidprävention soll immer die Förderung psychischer Gesundheit beinhalten. Überfachliche Kompetenzen unterstützen Lösungsstrategien zu entwickeln, die bei der Bewältigung von Lebenskrisen helfen. Ein positives Schul- und Klassenklima wirkt sich ebenfalls förderlich aus. Tragfähige und vertrauensvolle Beziehungen helfen bei Krisenfällen. 

Verlauf und Lehrplanbezug 

Verlauf 

Das IdeenSet bietet die Möglichkeit die Sequenzen einzeln oder als Serie durchzuführen. Je nach Bedarf. Ausserdem kann es mit dem IdeenSet Tod ergänzt werden.  
 

Beurteilung 

Da Suizid als Unterrichtsthema sehr persönlich und sensibel ist, raten wir davon ab diese Unterrichtseinheiten zur Beurteilung zu nutzen. Die Gestaltung des Plakates und dessen Präsentation (Unterrichtseinheit zu Fakten und Mythen) kann als Beurteilungsmoment genutzt werden.  
 

Lehrplanbezug 

Die folgenden Unterrichtseinheiten fokussieren sich auf folgende Kompetenzen aus dem Lehrplan:  

  • ERG 1. Existentielle Grunderfahrungen reflektieren. Der Fokus liegt dabei vor allem auf den Kompetenzbereich ERG 1.1.
  • ERG 5 Die Lernenden können verschiedene Lebenslagen und Lebenswelten erkunden und respektieren. Wobei der Fokus auf dem Kompetenzbereich ERG 5.5 liegt.
  • Besonderes Augenmerk liegt auf der Förderung der überfachlichen Kompetenzen. 

Quellen