Hintergrundinformation

Inclusion Handicap

In der Schweiz leben rund 1,8 Millionen Menschen mit Behinderungen. Als Dachverband der Behindertenorganisationen in der Schweiz engagiert sich Inclusion Handicap für eine inklusive Gesellschaft, die diesen Menschen eine vollumfängliche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben garantiert.




Als vereinte Stimme vertritt Inclusion Handicap die gemeinsamen Interessen von 22 Organisationen und deren Mitgliedern gegenüber den Behörden, der Politik und Wirtschaft. Als Dachverband koordiniert Inclusion Handicap die Zusammenarbeit mit zentralen Akteuren auf nationaler, interkantonaler und internationaler Ebene.

Gleichzeitig analysiert und informiert Inclusion Handicap über politische Entwicklungen in den Bereichen Behindertengleichstellung und Sozialversicherung sowie über die Rechtssprechung.

Rechtliche Grundlagen - Ein gut verankertes Recht

Die rechtlichen Grundlagen für eine Inklusion von klein auf sind in der Schweiz gegeben. In Art. 8.2 der Bundesverfassung ist die Rechtsgleichheit aller verankert. Im zweiten Absatz werden Gründe aufgeführt, die keinesfalls zur Diskriminierung führen dürfen. Ausdrücklich genannt werden dort Menschen mit einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung. Ein Ausschluss von Dienstleistungen und aus Angeboten verstösst gegen diesen Grundsatz.

Seit 2002 verfügt die Schweiz über ein Behindertengleichstellungsgesetz. In Art. 20.2 werden die Kantone aufgefordert, mit entsprechenden Schulungsformen die Integration behinderter Kinder und Jugendlicher in die Regelschule zu fördern. Da die Schule Hoheit der Kantone ist, entfaltet ein nationales Gesetz wenig Wirksamkeit. Als 2008 im Rahmen der Neuverteilung der Aufgaben und Finanzen zwischen Bund und Kantonen (NFA) die Sonderschulung in die Verantwortung der Kantone überging, formulierten die Kantone die interkantonale Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Bereich der Sonderpädagogik. Sie hält in Art. 4c fest, dass die Betreuung in Tagesstrukturen zum sonderpädagogischen Grundangebot gehört und integrative Lösungen den separativen vorzuziehen sind.

Wegweisend für die inklusive Ausrichtung ist die UNO-Behindertenrechtskonvention (UNO-BRK), die die Schweiz 2014 unterzeichnet hat. Sie strebt die volle Teilhabe der Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereich an. Art. 7 ist den Kindern gewidmet, Art. 24 der Bildung.

UNO-BRK

Art. 7 Kinder mit Behinderungen

(1) Die Vertragsstaaten treffen alle erforderlichen Massnahmen, um zu gewährleisten, dass Kinder mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen Kindern alle Menschenrechte und Grundfreiheiten geniessen können.

(2) Bei allen Massnahmen, die Kinder mit Behinderungen betreffen, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.

(3) Die Vertragsstaaten gewährleisten, dass Kinder mit Behinderungen das Recht haben, ihre Meinung in allen sie berührenden Angelegenheiten gleichberechtigt mit anderen Kindern frei zu äussern, wobei ihre Meinung angemessen und entsprechend ihrem Alter und ihrer Reife berücksichtigt wird, und behinderungsgerechte sowie altersgemässe Hilfe zu erhalten, damit sie dieses Recht verwirklichen können.

Volksschulgesetz Kanton Bern

(Art. 17) Integration und besondere Massnahmen

(1) Schülerinnen und Schülern, deren schulische Ausbildung durch Störungen und Behinderungen oder durch Probleme bei der sprachlichen und kulturellen Integration erschwert wird, sowie Schülerinnen und Schülern mit ausserordentlichen Begabungen soll in der Regel der Besuch der ordentlichen Bildungsgänge ermöglicht werden. *

(2) Die Bildungsziele werden soweit nötig durch besondere Massnahmen wie Spezialunterricht, besondere Förderung oder Schulung in besonderen Klassen, die grundsätzlich in Schulen mit Regelklassen zu integrieren sind, angestrebt.

(3) Der Regierungsrat regelt das Nähere durch Verordnung, insbesondere *

a* die Organisation des Spezialunterrichts und der besonderen Klassen,

b* die Massnahmen zur besonderen Förderung,

c* die Zuweisungsverfahren.

Behindertengleichstellungsgesetz

(Art. 20, Absatz 1 und 2)

Die Kantone sorgen dafür, dass behinderte Kinder und Jugendliche eine Grundschulung erhalten, die ihren besonderen Bedürfnissen angepasst ist. Die Kantone fördern, soweit dies möglich ist und dem Wohl des behinderten Kindes oder Jugendlichen dient, mit entsprechenden Schulungsformen die Integration behinderter Kinder und Jugendlicher in die Regelschule.

Interkantonale Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Bereich der Sonderpädagogik

Art. 1 Zweck

Die Vereinbarungskantone arbeiten im Bereich der Sonderpädagogik zusammen mit dem Ziel, den in der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, in der Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule und im Bundesgesetz über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen statuierten Verpflichtungen nachzukommen. Insbesondere:

a. legen sie das Grundangebot fest, welches die Bildung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit besonderem Bildungsbedarf garantiert,

b. fördern sie die Integration dieser Kinder und Jugendlichen in der Regelschule.

Art. 2 Grundsätze

Die Bildung im Bereich der Sonderpädagogik basiert auf folgenden Grundsätzen:

a. die Sonderpädagogik ist Teil des öffentlichen Bildungsauftrages;

b. integrative Lösungen sind separierenden Lösungen vorzuziehen, unter Beachtung des Wohles und der Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes oder des Jugendlichen sowie unter Berücksichtigung des schulischen Umfeldes und der Schulorganisation.

Art. 4 Grundangebot

1 Das sonderpädagogische Grundangebot umfasst

a. Beratung und Unterstützung, heilpädagogische Früherziehung, Logopädie und Psychomotorik,

b. sonderpädagogische Massnahmen in einer Regelschule oder in einer Sonderschule, sowie

c. Betreuung in Tagesstrukturen oder stationäre Unterbringung in einer sonderpädagogischen Einrichtung.

2 Die Kantone sorgen für die Organisation notwendiger Transporte und übernehmen deren Kosten für Kinder und Jugendliche, die aufgrund ihrer Behinderung den Weg zwischen Wohnort, Schule und/oder Therapiestelle nicht selbstständig bewältigen können.

Bundesverfassung

Art. 8.2 Rechtsgleichheit: „Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.“

Art. 8.4 „Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor.“

Art. 11.1 Schutz der Kinder und Jugendlichen: „Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und auf Förderung ihrer Entwicklung.“