Didaktischer Kommentar

Vom Korn zum Brot

Relevanz und Übersicht

Das Thema „Vom Korn zum Brot“ ist stark mit dem Alltag der Kinder verbunden, weil es das Grundnahrungsmittel „Brot“ als Gegenstand hat und alle Kinder dazu einen Bezug herstellen können. Obwohl sie das Brot aus dem Alltag gut kennen, sind sie oft überrascht, wie viele offene Fragen zum Produktionsablauf noch auftauchen. Die sinnliche Begegnung mit dem Getreide entspricht den Kindern im 1. Zyklus und schärft ihre Wahrnehmung. Durch die fragende Herangehensweise und das damit verbundene Handeln erfahren und erleben die Kinder die Handarbeit. Dies bildet die Basis, um das Erlebte mit der heutigen maschinellen Produktion in der Arbeitswelt vergleichen zu können. Dadurch werden sie ermutigt, Vermutungen anzustellen, weshalb Hilfsmittel und Maschinen überhaupt entwickelt wurden. Der Einsatz unterschiedlicher Medienbeiträge soll den Kindern helfen, Informationen bewusst wahrzunehmen, zu entschlüsseln und für ihre selbständige Arbeit nutzen zu lernen. Durch den regelmässigen Austausch können die Kinder ihre Erkenntnisse reflektieren, darüber berichten und voneinander lernen.

Vorstellungen und Vorkenntnisse

Einige Kinder werden wohl wissen, dass Brot zu grossen Teilen aus Mehl besteht und weitere Bestandteile nennen können. Sie werden mit hoher Wahrscheinlichkeit schon Mehlpackungen zuhause oder im Kaufladen gesehen haben oder das Mehl mit dem Backen in Verbindung bringen. Es kann jedoch nicht erwartet werden, dass alle Kinder den Zusammenhang zwischen Körnern und Mehl erkennen. Einige Kinder werden wohl Körner benennen können, wobei sie sie selten einer Pflanze zuordnen können. Da die verschiedenen Getreidesorten oft nur als verarbeitete Produkte angeboten werden, haben die Kinder wenig Gelegenheit, mit den Rohstoffen in Berührung zu kommen. Über die unterschiedlichen Produktionsabläufe von früher und heute werden die wenigsten Kinder genau Bescheid wissen, weil die meisten Arbeiten unsichtbar ablaufen und selten von Privatpersonen noch zuhause ausgeübt werden. 

Lerngegenstand und thematische Schwerpunkte

Das IdeenSet „Vom Korn zum Brot“ behandelt folgende ausgewählte thematischeSchwerpunkte:

Vom Korn zum Mehl

Leitfrage: “Aus welchen Rohstoffen bestehen die Nahrungsmittel auf unserem Frühstückstisch, im Speziellen das Brot?“
In diesem Themenbereich können die Kinder den verschiedenen einheimischen Getreidearten (Weizen, Dinkel, Gerste, Roggen, Mais) mit allen Sinnen begegnen. Sie untersuchen die unterschiedlichen Getreidepflanzen als Ganzes sowie ihre Einzelteile und finden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den verschiedenen Arten heraus. Die Fragestellungen „Woraus wird Mehl gemacht?“ und „Wie wird Mehl gemacht?“ können Ausgangspunkte sein, um Vorkenntnisse und Präkonzepte der Kinder kennenzulernen. Dieser Themenbereich bietet sich an, um die Kinder aktiv handelnd Rohstoffe entdecken und erste Veränderungsprozesse erleben zu lassen.

Brot backen

Leitfrage: “Wie wird aus dem Mehl das Brot gemacht?“
In diesem Themenbereich steht die Verarbeitung von Rohstoffen zu Produkten im Zentrum. Die Kinder lernen unterschiedliche Anleitungen zu Arbeitsabläufen kennen und sie zu verstehen. Zudem begegnen die Kinder einem spezifischen Wortschatz, der durch gemeinsame Sequenzen geübt und in den Aktivitäten produktiv angewendet werden kann. Durch die selbständige Handlung werden Erkenntnisse gewonnen, welche die Grundlage bilden, um Vergleiche anstellen zu können. Nachdem die Kinder den Prozess des Brotbackens selber erlebt haben, kann eine Brücke zum Beruf des Bäckers/der Bäckerin geschlagen werden. Die Kinder können z. B. durch den Besuch einer Bäckerei Informationen zum Bäckerberuf sammeln und mit ihren Erlebnissen vergleichen.

Arbeiten - früher und heute

Anhand der Getreideernte und des Produktionsablaufs „Vom Korn zum Brot“ kann man mit unterstützenden Medien wie Filmen und Bildern die Entwicklung der Arbeiten und Hilfsmittel in Produktionsabläufen (Ernte, Mehlproduktion, Backen) mit den Kindern entdecken. Sie lernen, die Medienbeiträge genau zu beobachten, sie zu vergleichen und ihre Erkenntnisse vorzutragen. Es bieten sich aus allen thematischen Schwerpunkten Gelegenheiten, um die Arbeitsweisen und/oder Hilfsmittel von früher und heute zu betrachten und sich anhand folgender möglicher Fragen damit auseinanderzusetzen:

  • Welche Arbeiten führt der Mensch / der Bauer / die Bäuerin aus?
  • Welche Arbeit nimmt die Maschine dem Menschen / Bauer / Bäuerin ab?
  • Wieso haben die Menschen diese Maschine / dieses Hilfsmittel erfunden?
  • Was hat sich für den Menschen / Bauer / die Bäuerin verändert, seit sie mit der Maschine arbeiten?

Organisation und Beurteilung

Organisation

Um den handelnd entdeckenden Unterricht gut strukturieren zu können, bietet sich eine Mischform zwischen geführten Sequenzen im Sitzkreis, welche z. B. für Einführungen, Repetitionen und für den Austausch von Erkenntnissen genutzt werden, und schülerzentrierter Arbeit an Lernumgebungen oder Posten an.

Benötigtes Material

Handlungsorientierter Unterricht setzt gut strukturierte, kindgerechte Arbeitsmaterialien und Anleitungen voraus. Es versteht sich von selbst, dass es verschiedene Zugänge gibt, um das Material kennenzulernen und einzuführen. So kann in einer Sequenz das Material von den Kindern entdeckt werden, um dann im Klassenverband die Ergebnisse gemeinsam zu besprechen und nötigenfalls anzupassen.
Ein anderer Zugang wäre die Einführung im Klassenverband. Es ist wichtig, dass die Kinder ein Gerüst erhalten, damit sie sich später selbständig an die Aufgaben und Materialien heranwagen und sich selber helfen können.
Eine Auswahl von nach Qualitätsmerkmalen ausgesuchten Materialien sind im IdeenSet „Vom Korn zum Brot“, aufgeteilt in die verschiedenen Themenbereiche, zu finden. Dort sind auch Bezugsquellen, Anleitungen und Ideen zur Umsetzung dargestellt.

Zeitaufwand

Die Themenfelder können einzeln, nacheinander, zeitgleich oder kombiniert behandelt werden. Das Zeitgefäss pro Themenfeld kann je nach Klasse unterschiedlich sein. Es sollte jeweils genügend Zeit zur Verfügung stehen, den Kindern das Wiederholen der Aktivitäten zu ermöglichen, um ihre Erfahrungen und Erkenntnisse zu erweitern. Wird dem Aspekt der Sprachsensibilität und des Wortschatzaufbaus Gewicht gegeben, dann verlängert sich die Dauer oder erhöht sich die Lektionenzahl, weil zum Aufbau des Wortschatzes und zu dessen Anwendung eine regelmässige Wiederholung notwendig ist. Pro Themenfeld kann während ca. 2 Wochen gearbeitet werden.

Einstieg

  • Durch eine Geschichte

Im 1. Zyklus ist der Einstieg durch ein Bilderbuch eine oft gewählte und bewährte Variante, da es der Entwicklungsstufe der Kinder entspricht, sie in emotionaler Weise anspricht und auch während des Bearbeitens der Themen als Rahmen dienen kann.
Das Bilderbuch muss sich nicht ausschliesslich mit dem Thema "Vom Korn zum Brot" befassen, sondern kann Elemente des Themas wie z. B. das Getreide oder das Frühstück als Gegenstand haben. So könnte das Buch „Frederick“ von Leo Lionni einen möglichen Einstieg zum Themenbereich «Getreide» darstellen. Darin sammeln die Mäuse Getreide in Form von Ähren und Körnern, was als Anlass zur genauen Untersuchung der verschiedenen Getreidearten genommen werden könnte (siehe“ Ideen zur Umsetzung: Verschiedene Getreidearten“). Eine weitere Möglichkeit wäre an der Alltagssituation Frühstück anzuknüpfen und mit dem Buch „Familie Maus macht Frühstück“ einzusteigen. Auch hier sammeln die Mäuse in der Natur Lebensmittel. Obwohl sie kein Getreide sammeln, backen sie Brot für das Frühstück. Hier könnte man aktiv auf die Suche gehen und herausfinden, was die Mäuse wohl für das Brotbacken gesammelt haben. Es könnte auch als Einstieg ins Brotteig herstellen dienen und den Austausch zum Vorwissen oder zu den Umsetzungsideen der Kinder einleiten.

  • Durch Sinneswahrnehmungen

Ein weiterer Einstieg in das übergeordnete Thema „Vom Korn zum Brot“ könnte über selten bewusst gemachte Sinneserfahrungen mit Brot gemacht werden. Die Sinneswahrnehmungen können über mehrere Tage hinweg mit veränderten Brotsorten und Brotbeschaffenheiten gemacht werden. So könnte am ersten Tag an frischem Brot gerochen, ertastet, die unterschiedlichen Beschaffenheiten beschrieben und der Geschmack auf einer Skala von 1-10 eingetragen werden. Am nächsten Tag könnten die Kinder die genau gleichen Sinneserfahrungen mit dem „einen Tag alten“ Brot machen und die Unterschiede diskutieren. Diese Sinneserfahrungen könnte man mit dem Einsatz verschiedener Brotsorten erweitern.
Zudem werden weitere Einstiegsmöglichkeiten zu den einzelnen Themenfeldern in den “Ideen zur Umsetzung“ vorgeschlagen.

Beurteilung

  • Formative Beurteilung

Die von den Schülerinnen und Schülern erstellten Dokumente ihrer Vorkenntnisse, ihrer Arbeitsprozesse und Ergebnisse sowie die spezifischen Arbeitsblätter können in einem Lernjournal festgehalten werden. Sie dienen der Dokumentation der Arbeitsprozesse und können als Grundlage für den gegenseitigen Austausch mit der Lehrperson beigezogen werden. Dies ermöglicht zudem einen Austausch darüber, wie man Inhalte und Erkenntnisse festhalten kann und welche Instrumente dazu zur Verfügung stehen (Zeichnung, Mind Map etc.) Die prozessbegleitende Reflexion im Kreis dient dazu, den Kindern wie auch der Lehrperson bewusst zu machen, welchen Wissenszuwachs und welche Erkenntnisse die Kinder erarbeitet haben.

  • Summative Beurteilung

Die Möglichkeiten zur summativen Beurteilung sind in den jeweiligen thematischen Schwerpunkten angegeben.

Weitere Hinweise

Lehrmittel

Pfefferkorn: Produzieren - Konsumieren Im Katalog bestellen

Panorama Raum und Zeit Im Katalog bestellen

Lehrplanbezug

NMG (1. Zyklus)

Die Schülerinnen und Schüler…

  • … können ausgewählte Pflanzen- oder Tiergruppen auf ihre Eigenschaften untersuchen sowie Gemeinsamkeiten und Unterschiede beschreiben. (NMG 2.4) 
  • … können Objekte und Stoffe bearbeiten oder verändern und über das Verfahren berichten. (NMG 3.4)
  •  …können vermuten, wie es zu Erfindungen und Entwicklungen von Geräten gekommen ist (z.B. Backofen, Mixer, Bügeleisen, Regenschirm, Kugelschreiber, mechanische und elektrische Geräte). (NMG.5.3)
  • … können unterschiedliche Arbeitsformen und Arbeitsplätze erkunden. (NMG 6.1)
  • … können die Produktion und den Weg von Gütern beschreiben. (NMG 6.3)
  • … können Dauer und Wandel bei sich sowie in der eigenen Lebenswelt und Umgebung erschliessen. (NMG 9.2)

Deutsch (1. Zyklus)

  • … können Laute, Silben, Stimmen, Geräusche und Töne wahrnehmen, einordnen und vergleichen. Sie können ihren rezeptiven Wortschatz aktivieren, um das Gehörte angemessen schnell zu verstehen. (D1.A)
  • … können wichtige Informationen aus Sachtexten entnehmen. (D2.B)
  • …können ihren produktiven Wortschatz aktivieren, um sich in verschiedenen Themen und Situationen sprachlich angemessen auszudrücken. (D3.A)

Medien und Informatik (1. Zyklus)

  • …können Medien und Medienbeiträge entschlüsseln, reflektieren und nutzen. (MI.1.2)

Entwicklungsorientierte Zugänge

  • Wahrnehmung
  • Zusammenhänge und Gesetzmässigkeiten
  • Lernen und Reflexion
  • Sprache und Kommunikation

Überfachliche Kompetenzen

  • Förderung der Selbst- und Eigenständigkeit in der Erschliessung und Orientierung in der Welt, bei der Bearbeitung von Fragen und Aufgaben, der Planung und Umsetzung eigener Vorhaben
  • Förderung der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit

Quellen

  • Titelbild: CCO pixabay, https://pixabay.com/de/gerste-getreide-%C3%A4hren-getreidehalme-1528172/ (18. September 2017)
  •  Adamina, M., Müller, H., (2008). Lernwelten Natur – Mensch – Mitwelt, TS_ Der thematisch-strukturierte Zugang, 4. überarbeitete Auflage, Schulverlag, Bern.
  • Adamina, M., Wyssen, H.-P., (2005). Panorama Raum und Zeit, Hinweise für Lehrerinnen und Lehrer, 1. Auflage 2005, Schulverlag, Bern.
  • Lehrplan 21, Didaktische Hinweise NMG, Grundlagen: Schwerpunkte des 1. Zyklus
  • Kalcsics, K., Wilhelm, M., (2017). Lernwelten Natur-Mensch-Gesellschaft, Ausbildung Fach-didaktische Grundlagen, 1. Auflage 2017, Schulverlag plus AG.
  • Neugebauer, C. , Nodari, C., (2012). Förderung der Schulsprache in allen Fächern, 1. Aufla-ge, Schulverlag plus.
  • Kalcsics, K., Pisall, V., Loepfe, M., Gaschen, U., Herzig, B., Willhelm St., (2016). Dossier 4bis8, Früher und Heute, 1. Auflage, Schulverlag plus AG.