Jedes Jahr entstehen an der PHBern Arbeiten, die wissenschaftlich fundiert und praxisnah die Bildungslandschaft bereichern. Im Herbstsemester 2025 wurden vier herausragende Bachelorarbeiten prämiert, die inhaltlich kaum unterschiedlicher sein könnten: vom didaktischen Konzept CLIL (Content and Language Integrated Learning) im Textilen Gestalten über religiöse Vielfalt im Unterricht und bilinguale Bildungssettings in Kolumbien bis hin zur spielerischen Unterstützung des Übergangs vom Kindergarten in die 1. Klasse. Und doch zeigt sich beim Blick hinter die Lorbeeren ein gemeinsamer Nenner.
Wie die Themen entstanden
Die Themenwahl entstand aus Momenten, welche die Autorinnen berührt, irritiert oder neugierig gemacht haben. Vor allem aber neugierig.
Rebecca Röthlisberger kam im Englischunterricht zum ersten Mal mit dem CLIL-Ansatz in Berührung und spürte sofort, dass integriertes Sprachenlernen ihrem Verständnis von Unterricht entspricht. Mathusuja Uthayarajah wollte verstehen, wie Lehrpersonen religiöse Vielfalt wirklich thematisieren – und wie Sprache dabei Rollenbilder formt.
Nina Evard fand ihr Thema auf einer Forschungsreise nach Medellín (Kolumbien). Die Begegnung mit einem bilingualen Kindergarten eröffnete ihr einen neuen Blick auf Fragen zu Sprachentwicklung und kultureller Identität. Und Seraina König wollte eine Lücke schliessen, die sie aus der Praxis kennt: ein pädagogisches Produkt entwickeln, das den Übergang für Kinder vom Kindergarten in die Schule spielerisch und ressourcenorientiert begleitet.
Wie Hürden genommen wurden
Die Bachelorarbeiten führten die vier Studentinnen an persönliche Grenzen. Für die Umsetzung von CLIL im Textilen Gestalten galt es für Rebecca Röthlisberger, eine grosse Theorie auf eine konkrete Unterrichtseinheit herunterzubrechen. Die fehlende Literatur im Fachbereich führte dazu, dass sie flexibel bleiben musste, um eine geeignete Unterrichtseinheit zu schaffen. Die Analyse eines Interviews zu religiöser Vielfalt wiederum verlangte von Mathusuja Uthayarajah höchste Genauigkeit. Die Antworten mussten dahin gehend entschlüsselt werden, wie Routinen wirken und wie schnell Differenzen sprachlich entstehen können.
In Medellín war die Herausforderung eine andere: Nina Evard begann den Schreibprozess, als ihr Sohn gerade zwei Monate alt war. Begrenzte Arbeitszeiten machten eine klare Planung und viel Disziplin notwendig – eine äussere und innere Herausforderung zugleich. Die Entwicklung eines Spiels zum Schuleintritt erforderte bei Seraina König schliesslich die Reduktion komplexer Theorie auf verständliche, kindgerechte Situationen. Mehrere Überarbeitungsrunden und Feedback-Schleifen waren dafür notwendig.
Alle vier Wege zeigen: Forschung ist nie nur ein fachlicher Prozess, sondern verlangt auch Organisation, Offenheit und persönliches Durchhaltevermögen.
Verblüffende Erkenntnisse
Unerwartete Momente prägten jedes der vier Projekte – oft dann, wenn die vier nun ausgezeichneten Absolventinnen die Realität genauer betrachteten als zuvor.
Im CLIL-Projekt überraschten deutliche Lernfortschritte, die erst durch Videoaufnahmen sichtbar wurden. Bei der Analyse zum Religionsunterricht zeigte sich, wie schnell es zu einer Abgrenzung kommen kann – sogar Lehrpersonen, die bewusst religionsoffen unterrichten und handeln wollen, unterscheiden zwischen "wir" und "die anderen". Die Daten aus Medellín führten zu vielen kleinen "Heureka"-Momenten: Jedes erneute Lesen der Beobachtungen brachte neue Einsichten zu zweisprachigem Lernen. Und im Projekt zum Schuleintritt wurde deutlich, wie differenziert Kinder über Ängste, Wünsche und Erwartungen sprechen können – und wie stark sich städtische und ländliche Kontexte unterscheiden.
Diese Erkenntnisse erweiterten nicht nur das fachliche Wissen der Autorinnen, sondern prägten auch ihr pädagogisches Verständnis nachhaltig.
Vier Arbeiten, ein Fazit
Alle vier nehmen aus ihrer Bachelorarbeit etwas mit, das sie im Berufsleben begleiten wird:
- Die Erfahrung, dass Lernen durch Handeln (auch "learning by doing") besonders wirksam ist.
- Die Erkenntnis, dass Sprache mächtig ist – und Differenzen erzeugen oder abbauen kann.
- Die Einsicht, dass sich auch grosse Aufgaben mit kleinen, klugen Schritten bewältigen lassen.
- Und das Bewusstsein, dass Kinder ernst genommen werden müssen, wenn Übergänge gelingen sollen – mit Ritualen, Gesprächen und verlässlichen Beziehungen.
Vier Arbeiten, vier Perspektiven und ein gemeinsames Fazit: Die Forschungen haben nicht nur Antworten gegeben, sondern die Studierenden zugleich persönlich und als zukünftige Lehrpersonen gestärkt.