"Das WIE wird wichtiger als das WAS"

Nicht nur die PHBern feiert ein Jubiläum: Auch Rektor Martin Schäfer kann auf 20 Jahre Pädagogische Hochschule zurückblicken. Er ist wie eh und je mit Herzblut bei der Sache – und verrät, warum und was ihn an der Entwicklung der Hochschule so beeindruckt. Von deren künftiger Rolle hat er klare Vorstellungen.
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Martin Schäfer_Rektor PHBern_Dezember 2022

Martin Schäfer, was bedeutet Ihnen das Jubiläum der PHBern? 

Dieser Geburtstag ist für mich eine wichtige Wegmarke. Mit 20 Jahren haben wir als Institution eine gewisse Reife erlangt, sind aber zugleich voller Tatendrang und Energie. Wir waren, sind und bleiben in Bewegung. Und was seit der Gründung gilt, gilt weiterhin: Wir wollen mit, für und von unseren Partnerinnen und Partnern im Berufsfeld Schule lernen und uns gemeinsam weiterentwickeln. 

Sie sind seit dem Anfang dabei: ab 2005 als Leiter des Instituts Sekundarstufe I, seit 2009 als Rektor. Was treibt Sie nach all den Jahren immer noch an? 

Zum einen meine Überzeugung, dass wir eine Verantwortung dafür haben, den Kindern und Jugendlichen die bestmögliche Bildung zu ermöglichen. Als PHBern spielen wir dabei eine Schlüsselrolle, weil wir die künftigen Generationen von Lehrpersonen aus- und die aktuellen weiterbilden und unterstützen. 

Zum andern ist es das Erreichte: Wir sind nicht mehr aus der Bildungslandschaft im Kanton Bern wegzudenken. Dies verdanken wir dem stetigen Anstieg bei den Studierendenzahlen und den Diplomvergaben sowie der Unterstützung durch die kantonale Politik und Verwaltung. Die hohe Studienzufriedenheit, die wir kürzlich bei einer Umfrage mit grosser Beteiligung festgestellt haben, zeigt mir ebenfalls, dass wir auf einem guten Weg sind. Aber immer mit dem Anspruch, Schwachstellen auszumerzen und noch besser zu werden – eine weitere Motivation für mich. Denn als Optimist bin ich überzeugt, dass es uns mit unseren Partnerinnen und Partnern gelingt, Dinge zu verändern und zu entwickeln. Bei uns an der PHBern genauso wie an den Schulen. 

Wenn Sie Bilanz ziehen: Was sind die wichtigsten Erfolge in den letzten zwei Jahrzehnten? 

Heute können wir fast alles rund um die Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen aus einer Hand bieten. Wir sind für die gesamte berufliche Laufbahn da. Zudem leisten wir mit unseren berufstätigen Studierenden – wir sprechen von rund 1500, also der Hälfte! – einen bedeutenden Beitrag zur Bewältigung der aktuell wie künftig zentralen Herausforderung: des Lehrpersonenmangels. Was gelungen ist, weil wir die Studiengänge Schritt für Schritt flexibilisiert haben, damit sich das Studium noch besser mit beruflichen Verpflichtungen und dem Privatleben vereinbaren lässt. So gibt es zum Beispiel heute keine umfassende Präsenzpflicht mehr. 

Und im Innenleben der PHBern? 

Ein wichtiger Meilenstein war der Orientierungsrahmen, den es seit 2012 gibt. Damit haben wir einen gemeinsamen Rahmen für die Grundausbildung, die Berufseinführung und die Weiterbildung definiert. Also ein gemeinsames Verständnis der Kompetenzentwicklung von Lehrpersonen über alle Stufen hinweg. Das prägt die PHBern seither. In der Forschung wiederum ist es uns gelungen, uns mit Schwerpunkten auf konkrete Fragestellungen aus dem Berufsfeld Schule zu fokussieren und mit diesem zusammen zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. Nicht zuletzt aber haben sich sämtliche Verwaltungsbereiche in den vergangenen 20 Jahren umfassend professionalisiert.  

Ist Ihre Hochschule somit seit 2005 eine komplett andere geworden? 

Sagen wir es so: Wenn man in der Gründungszeit eingeschlafen wäre und heute erwachen würde, würde man wohl nicht mehr viel von dem erkennen, was die PHBern einst ausgemacht hat. Es ist diese Gesamtentwicklung, die mich beeindruckt: von etwas anfänglich Zusammengewürfeltem, einer Schicksalsgemeinschaft, hin zu einem starken gemeinsamen Verständnis der Hochschule. 

Sie haben einleitend das von-, für- und miteinander Lernen im Berufsfeld Schule betont. Warum liegt Ihnen das am Herzen? 

Das Jubiläum der PHBern sollte auch Anlass sein, den Blick in die Zukunft zu richten. Den offenen Austausch mit unseren Partnerinnen und Partnern zu intensivieren und den weiteren Weg gemeinsam zu gehen, wird immer wichtiger. Denn die Bildungsinstitutionen Schule und PH stehen vor grossen gesellschaftlichen Herausforderungen wie Nachhaltigkeit, Diversität und Digitalität – und damit an der Schwelle zu einem neuen Rollenverständnis: noch stärker hin zur Förderung von Fähigkeiten wie kritischem Denken und Problemlösung sowie von sozialen Kompetenzen. Das schaffen wir nur alle zusammen, mit vereinten Anstrengungen und ein- und demselben Ziel: den Kindern und Jugendlichen die besten Chancen zu bieten, ihr Leben und die Gesellschaft von morgen zu gestalten. 

Was heisst das für das Miteinander von PHBern und Schulen? 

Ich verstehe Theorie, das heisst begründetes Wissen, als Fundament und damit wichtigen Teil der Praxis. Theorie und Praxis beeinflussen sich gegenseitig: Wenn sich Gesellschaft, Schule und die Tätigkeit der Lehrpersonen verändern, entwickeln wir – in enger Zusammenarbeit mit den Schulen – in der Forschung und Aus- und Weiterbildung neue Konzepte, Methoden und Instrumente. Diese fliessen dann wieder in der Schulpraxis ein. Zugleich muss die PHBern vorausblicken und vorausgehen und den Schulen forschungsbasierte Grundlagen für ihre künftigen Aufgaben liefern. 

Stichwort vorausgehen: Derzeit entsteht die neue Strategie der PHBern für die Jahre 2026 bis 2033. Wohin geht die Reise? 

Ein Hauptmerkmal unserer Zeit ist, dass niemand mehr Vorhersagen über die Welt in zehn oder zwanzig Jahren machen kann. Deshalb steht bei der neuen Strategie die Klärung von Leitprinzipien für die Weiterentwicklung der PHBern im Vordergrund. Solche Leitprinzipien wirken sich insbesondere darauf aus, WIE wir als PHBern agieren, und weniger darauf, WAS wir tun. Das WIE wird also bei der strategischen Weiterentwicklung wichtiger als das WAS. Aus- und Weiterbildung, Dienstleistungen, Verwaltung sowie Forschung und Entwicklung werden sich künftig entlang dieser Leitprinzipien verändern. Als Antwort auf die zentrale Frage: WIE können wir Lehrpersonen befähigen, Kinder und Jugendliche auf das Leben in einer Gesellschaft vorzubereiten, die von der Diversität der Menschen und einem reflektierten Umgang mit der Digitalität geprägt sowie auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist? 

Was wünschen Sie der PHBern persönlich für die nächsten 20 Jahre? 

Ich wünsche mir, dass die PHBern ihre Dynamik behält, um mit den Entwicklungen in der Gesellschaft und in den Schulen Schritt zu halten und sie mitzugestalten. Und ich hoffe, dass unsere über 1000 Mitarbeitenden weiterhin mit Freude und motiviert ihren Beitrag an eine gute Ausbildung der Lehrpersonen leisten können. Denn wir alle, völlig unabhängig von der jeweiligen Funktion, machen etwas, das dazu und zu einer auch in Zukunft hochwertigen Bildung der Kinder und Jugendlichen beiträgt.