Die Zukunft des Lernens lernen

Künstliche Intelligenz und Virtual Reality verändern den Unterricht. Die PHBern gestaltet den Wandel mit. Sie lotet die Potenziale dieser Technologien aus, entwickelt Lerneinheiten und konzipiert Weiterbildungen für Lehrpersonen.
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Fluch oder Segen? Diese Frage stellt sich bei jeder neuen Technologie. Die Antwort ist stets dieselbe: Es kommt darauf an, was wir daraus machen. Das gilt auch für Künstliche Intelligenz (KI). "In der Schule ist KI angekommen", sagt Doris Ittner, Bereichsleiterin Erziehungs- und Sozialwissenschaften Sek I an der PHBern. Wie und in welchem Ausmass sie genutzt wird, ist noch weitgehend eine Blackbox. Die PHBern hat deshalb die Arbeitsgruppe "KI lehren und lernen" initiiert. Ihr Auftrag: Potenziale von KI ausloten, Best-Practice-Beispiele sammeln, Erfahrungen austauschen, Weiterbildungen anstossen.  

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Doris Ittner:

Doris Ittner: "KI-Tools bieten ein geschütztes Umfeld, um soziale Situationen zu simulieren und Konfliktlösungsstrategien zu erlernen."

Für Doris Ittner ist klar: "KI kann den Lernprozess individualisieren und Lehrpersonen bei der Unterrichtsentwicklung entlasten. Diese Chance müssen wir für eine positive Pädagogik im Dienst des Menschen nutzen." KI-basiertes Lernen könne die Lernmotivation von Schülerinnen und Schülern steigern und dazu führen, mehr Selbstwirksamkeit zu erleben. Auch Empathie und zwischenmenschliche Kompetenzen könnten trainiert werden. "KI-Tools bieten ein geschütztes Umfeld, um soziale Situationen zu simulieren und Konfliktlösungsstrategien zu erlernen."

Auch Lehrpersonen profitieren von KI. Doris Ittner: "Aufgabenstellungen lassen sich mit weniger Aufwand individualisieren. Das schafft Raum für die gezielte Förderung einzelner Lernender und kann den Aufbau eines lernfreundlichen Klassenklimas begünstigen." Viele Lehrpersonen sind bereits in die KI-Welt eingetaucht, andere stehen noch aussen vor. Es sei daher wichtig, so Doris Ittner, Weiterbildungsangebote bereitzustellen. "KI entwickelt sich so rasant, dass man permanent dranbleiben muss."

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IdeenSet VR Wasserkreislauf

Mit Virtual Reality abstrakte Naturereignisse erlebbar machen – das ist mit dem IdeenSet VR Wasserkreislauf möglich.

KI verstehen und einsetzen

Ein solches Weiterbildungsangebot ist der CAS-Lehrgang "Artificial Intelligence for Teachers" (AI4T), den die PHBern ab August in Zusammenarbeit mit der Universität Bern anbietet. "Wir wollen die Lehrpersonen befähigen, KI gezielt und verantwortungsvoll einzusetzen", sagt Marc Eyer, Institutsleiter Sekundarstufe II der PHBern. "Zurzeit hält KI unkontrolliert Einzug in die Klassenzimmer." Mehr noch: "Viele der eingesetzten Tools verfolgen primär kommerzielle Zwecke. Das ist aus pädagogischer Sicht problematisch." Der CAS fokussiert daher auf zwei Ziele: Er vermittelt einerseits ein vertieftes Verständnis darüber, wie KI-Tools funktionieren, andererseits zeigt er, wie KI den Unterricht effektiver machen kann. 

Der Kurs bringt Theorie und Praxis zusammen. "Im ersten Teil trainieren die Teilnehmenden ein einfaches Sprachmodell – je nach mathematischer Vorbildung alleine oder mithilfe der Dozierenden", sagt Marc Eyer. "So wird verständlich, wie neuronale Netzwerke lernen." Im zweiten Teil liege der Fokus darauf, bestehende KI-Tools sinnvoll in den Unterricht zu integrieren. "Die inhaltliche Bandbreite reicht von KI-Tutoren zur Begleitung von Lernprozessen bis zum Erstellen individueller Lernpläne."

Der Kurs richtet sich an Lehrpersonen der Sek I und II (Maturitätsschulen), an Dozierende in der Lehrpersonenbildung sowie an alle, die sich für das Thema Digitalisierung in der Bildung interessieren. Im Zentrum steht die Entwicklung praktischer Fertigkeiten, welche die Teilnehmenden in ihrem Arbeitsumfeld einsetzen können. 

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Marc Eyer

"Lehrpersonen dazu befähigen, KI gezielt und verantwortungsvoll einzusetzen": Das ist das Ziel von Marc Eyer, Institutsleiter Sekundarstufe II der PHBern.

Mit VR erlebnisorientiert lernen

KI prägt die öffentliche Debatte – doch auch in Virtual Reality (VR) steckt viel didaktisches Potenzial. Die PHBern lotet es aus. Seit August 2024 bietet sie den Unterrichtskoffer "IdeenSet VR Wasserkreislauf" an. Er enthält VR-Brillen, mit denen Kinder der 5. und 6. Klasse den Wasserkreislauf hautnah erleben und gestalten können. In der virtuellen Welt treffen sie Onos – ein Wesen von einem Planeten, auf dem das Wasser verschwunden ist. Mit Onos versuchen die Kinder herauszufinden, wie der Wasserkreislauf funktioniert. 

"Die Schülerinnen und Schüler schweben quasi auf Wolken", sagt Sebastian Tempelmann, Leiter Schwerpunktprogramm Fachdidaktische Forschung an der PHBern. "Sie erleben unsichtbare Strukturen und steuern spielerisch Verdunstung, Wolkenbildung und Niederschlag." Virtuelle Lerntools sind aber mehr als faszinierende Spielzeuge; sie sind effektive Lernmedien. Das zeigen Studien. "Schulklassen, welche die Lerneinheit zum Wasserkreislauf mit VR erarbeiten, erzielen signifikant bessere Lernergebnisse als jene, die traditionell lernen." Für den Fachdidaktiker keine Überraschung. "Lernen basiert stark auf Erfahrung. Dank VR erlebt man Phänomene, die man sich sonst nur vorstellen kann."

Die VR-Lernumgebung hat die PHBern zusammen mit anderen Hochschulen entwickelt. Von der Idee bis zur fertigen App dauerte es ein Jahr. "Wir betraten Neuland", sagt Sebastian Tempelmann. "Das gilt für Didaktik und Programmierung. Umso schöner sind die positiven Rückmeldungen von Lehrpersonen und Schülerinnen sowie Schülern." Motiviert das, weitere VR-Lernmedien zu entwickeln? "Ja, wir arbeiten beispielsweise an Tools, um mit Lehrpersonen schwierige Unterrichtssituationen zu trainieren oder Kinder mit Konzentrationsproblemen zu unterstützen." Übrigens: Auch in der virtuellen Realität wird KI die Entwicklung massgeblich vorantreiben, davon ist Sebastian Tempelmann überzeugt.

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Sebastian Tempelmann

Sebastian Tempelmann forscht und lehrt an der PHBern. KI eröffne neue Potenziale im Unterricht: "Lernen basiert stark auf Erfahrung. Dank VR erlebt man Phänomene, die man sich sonst nur vorstellen kann."

Was immer in den Bereichen KI und VR entsteht: Die PHBern bleibt dran und wird weitere Angebote des digitalen Lehrens und Lernens entwickeln – damit die Schule fit ist für die Bildung von morgen. 

CAS AI4T: Jetzt vormerken

Der CAS in Artificial Intelligence for Teachers (AI4T) startet voraussichtlich im Schuljahr 2026/2027. Er umfasst 20 Unterrichtstage (16 ECTS-Punkte). Der Kurs wird von der Universität Bern in Zusammenarbeit mit der PHBern angeboten, die Kosten betragen 9600 Franken (für Mitarbeitende und Studierende der PHBern und der Universität Bern 5600 Franken).  

Wasserkreislauf mit VR unterrichten

Das Angebot "VR Wasserkreislauf" besteht aus einem IdeenSet mit einem Lernarrangement sowie einer ausleihbaren Medien- und Materialkiste mit sechs VR-Brillen. Damit kann die VR-Technologie im eigenen Unterricht genutzt werden. Das Lernarrangement eignet sich für den 2. Zyklus und ist das Resultat eines gemeinsamen Forschungsprojekts der PHBern, der FernUni Schweiz und der Pädagogischen Hochschule der Fachhochschule Nordwestschweiz. Finanziert wurde es vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF). 

KI-Tutor kennenlernen

Ein weiteres Angebot der PHBern: der KI-Tutor. Dabei handelt es sich um eine Software, welche mögliche Unterrichts- bzw. Lernsituationen zu verschiedenen Themengebieten abbildet (etwa Physik und Französisch). Sie tritt mit den Schülerinnen und Schülern in einen Lerndialog. Das Tool reagiert individuell, passt sich laufend an und unterstützt die Standortbestimmung durch eine automatische Einstufung.