Integration: Bachelorarbeiten zeigen auf, was Lehrpersonen wissen müssen

Was können Lehrperson beachten, um geflüchtete Kinder erfolgreich in die Schule zu integrieren? Damit befassen sich mehrere Bachelorarbeiten am Institut Vorschulstufe und Primarstufe (IVP) der PHBern. Sie entstanden in Zusammenarbeit mit dem Projekt "Bildung ohne Grenzen" der PHBern.
Image
Gabriela Zaino mit ihrer Bachelorarbeit

IVP-Absolventin Gabriela Zaino mit ihrer Bachelorarbeit

NEWS —

    

An ihr erstes Praktikum wird sich Gabriela Zaino, 45-jährig und seit diesem Sommer diplomierte Lehrerin für die Vorschulstufe und Primarstufe, noch lange erinnern. "Von einem Tag auf den anderen sass plötzlich ein geflüchtetes Mädchen aus Syrien in unserer 3./4. Klasse. Es sprach kein Wort Deutsch und hatte anscheinend noch nie eine Schule besucht. Niemand wusste Genaues über ihren Hintergrund." Im Rahmen ihres Praktikumseinsatzes konnte die angehende Lehrerin dem geflüchteten Kind Unterstützung bieten. "Als mein Praktikum zu Ende ging, war die Klassenlehrerin aber grösstenteils wieder auf sich allein gestellt." Seit diesem Erlebnis interessiert sich die Walliserin für das Thema schulische Integration.

Als es darum ging, ein Thema für die Bachelorarbeit zu finden, erinnerte sich Gabriela Zaino an das Projekt "Bildung ohne Grenzen" (BOG) der PHBern. Es ermöglicht Studierenden, einem sozialen Engagement nachzugehen und dafür im Rahmen eines Leistungsnachweises ECTS-Punkte zu sammeln. "Die BOG-Koordinatorin war von meiner Idee, eine Bachelorarbeit zum Thema Integration zu schreiben, begeistert", erzählt Gabriela Zaino.

Eine Betreuerin für die Arbeit fand sich in der Person von Verena Pisall, Deutsch-Dozentin am IVP. Bei ihr hat Gabriela Zaino das Modul Deutsch 3 besucht, wo Themen wie Sprachförderung und Integrationsklassen behandelt wurden. Die Dozentin beschloss, eine Ausschreibung zu lancieren, um weitere Interessierte zu gewinnen. "Vom Ansturm war ich völlig überrascht!", berichtet Verena Pisall. "Ganze 25 Bewerbungen kamen herein, die Auswahl fiel nicht leicht." Sieben Studentinnen kamen schliesslich zum Zug, ihre Abschlussarbeit innerhalb der Arbeitsgruppe zu verfassen. Vier Arbeiten wurden diesen Sommer eingereicht, die restlichen sind noch am Entstehen. "Die Arbeiten konnten verschiedene Aspekte der Integration abdecken", freut sich Verena Pisall.

Der Fokus von Gabriela Zainos Arbeit liegt auf Spracherwerb und Integration, laut der Zermatterin die Grundpfeiler der Integration und des Wohlfühlens in der Klasse. Ihre Leitfrage lautet: Über welche Kenntnisse sollten Lehrpersonen verfügen, um genügend auf die Situation der Flüchtlingskinder vorbereitet zu sein? Gabriela Zaino zeigt auf, mit welchen Schwierigkeiten Flüchtlingskinder bezüglich Spracherwerb und Integration in ihrem neuen Alltag im Kanton Bern konfrontiert sind. Daraus leitet sie die benötigten Kompetenzen der Lehrpersonen für eine bestmögliche schulische Unterstützung ab. Die Arbeit schliesst mit einem Handlungskatalog: An ihm können sich Lehrpersonen orientieren, wenn sie eine spezifische Frage haben.

Ebenfalls einen solchen Handlungskatalog besitzt die Arbeit von Anja Fankhauser. Wie Gabriela Zaino ist sie ehemaliges Mitglied der Bachelor-Arbeitsgruppe und seit diesem Sommer frischdiplomierte Lehrerin. In ihrer Arbeit untersucht die 22-Jährige, wie die Willkommenskultur in der Schule gefördert werden kann. Für den praktischen Teil der Arbeit hat sie ein aus Afghanistan stammendes Mädchen über ein halbes Jahr im Schulalltag begleitet. Die Erlebnisse mit der neunjährigen Tamina hält sie in einem berührenden Lernjournal fest.

"Beide Bachelorarbeiten zeigen wichtige Aspekte auf, die sich Lehrpersonen überlegen müssen, wenn sie ein geflüchtetes Kind in die Klasse erhalten", sagt Verena Pisall, Betreuerin der Arbeiten. "Die Lektüre der beiden Arbeiten kann Lehrpersonen Vieles abnehmen, was sie sonst in mühsamer Kleinarbeit zusammensuchen müssten."

Gabriela Zaino unterrichtet mittlerweile eine 6. Klasse in Brügg, nahe Biel. Durch die intensive Beschäftigung mit dem Thema Integration hat sie zahlreiche Erkenntnisse gewonnen. Ihre wichtigste Empfehlung an die Lehrpersonen lautet: Nehmt Integration genug wichtig – auch wenn das angesichts von zwanzig Kindern, die man auch noch unterrichtet, nicht immer einfach ist. "Die Anstrengungen, die man bei der Aufnahme in die Klasse und bei der Förderung der Grundkompetenzen leistet, zahlen sich später mehrfach aus."

Mehr zum Studium am IVP

Angebote des Instituts für Weiterbildung und Medienbildung zu den Themen Integration und Sprachförderung

Bildung ohne Grenzen

Das Projekt Bildung ohne Grenzen (BOG) der PHBern unterstützt Studierende, die ein Bildungsangebot für geflüchtete Menschen auf die Beine stellen. Im Rahmen eines freiwilligen Engagements erhalten sie dafür einen Sozialzeitausweis. Im Rahmen von Studienleistungen (Service Learning) und in Absprache mit Dozierenden können dafür auch ECTS erworben werden.

Mehr unter www.phbern.ch/bog