Das Kommunikationsinstrument "Sprache" muss von Lehrpersonen in unterschiedlichen Situationen variantenreich und differenziert beherrscht werden. Um mit Schülerinnen und Schülern, Erziehungsberechtigten und Mitarbeitenden wirksam kommunizieren und interagieren zu können, ist ein hohes sprachliches Niveau unabdingbar.
Die PHBern bietet darum neu ein Sprachförderprogramm für Lehrpersonen mit einer anderen Erstsprache als Deutsch an. Es hilft ihnen, ihre Sprachkenntnisse für den Berufsalltag zu verbessern, den Unterricht besser zu gestalten und – bei Bedarf – ihr Lehrdiplom anerkennen zu lassen.
Berufsbezogene Sprachkurse, die am Institut für Weiterbildung und Dienstleistungen vom Dozierenden-Team Yuliya Pyvovar, Nathalie Glauser und Alma Amagjekaj entwickelt wurden, sind eine weitere Massnahme der PHBern gegen den Lehrpersonenmangel im Kanton Bern. Yuliya Pyvovar und Alma Amagjekaj geben Einblick in die Entstehung und die Inhalte des Programms.
Wie kam es zur Entwicklung der Angebote für die berufsbezogene Sprachförderung an der PHBern?
Alma Amagjekaj: Sprache ist das zentrale Arbeitsinstrument von Lehrpersonen. Sprach- und Kommunikationskompetenzen sind daher essenzielle Bestandteile ihrer Professionalität. Im zwei- und mehrsprachigen Kanton Bern besteht ein Bedarf an sprachlicher Professionalisierung für Lehrpersonen mit anderen Erstsprachen als Deutsch – etwa französischsprachige Lehrpersonen oder solche mit ausländischem Diplom. Mit dem ersten bilingualen Lehramtsstudium hat die PHBern bereits in der Grundausbildung einen wichtigen Schritt zur Anerkennung sprachlicher Vielfalt unternommen.
Ein Drittmittelprojekt des Fonds Hochschulprojekte von Perspektiven – Studium ermöglichte zunächst die Entwicklung eines schweizweit einsetzbaren Rahmenkonzepts "Sprachmassnahmen im Berufsfeld Pädagogik (Sprachniveau B2, C1, C2)", das berufsbezogene sprachliche Bedürfnisse und Professionalisierungschancen adressiert. Darauf aufbauend wurden konkrete Sprachkurse entwickelt, um auch in der Weiterbildung die Lebensrealitäten der Lehrpersonen besser zu berücksichtigen.
Des Weiteren verlangt die EDK für die Berufsausübung je nach Fächerkombination ein Sprachniveau zwischen C1 und C2. Zwar gibt es viele Sprachkurse auf dem Markt, doch kaum einer ist speziell auf den Lehrberuf zugeschnitten – erst recht nicht mit Fokus auf Mehrsprachigkeit und Dialekt. Als erste Pädagogische Hochschule der Schweiz bietet die PHBern ab August 2025 die entwickelte „berufsbezogene Sprachförderung für Lehrpersonen mit anderen Erstsprachen als Deutsch“ gezielt auf den Niveaus C1 und C2 an.
Wie wird denn das individuelle Sprachniveau der Teilnehmenden zu Beginn festgestellt, und wie wird darauf im Kursverlauf eingegangen?
Yuliya Pyvovar: Eine der Zulassungsvoraussetzungen ist der Nachweis eines Sprachzertifikats auf mindestens Niveau B2 für den C1-Kurs bzw. auf mindestens Niveau C1 für den C2-Kurs. Zusätzlich ist die Selbsteinschätzung der eigenen Sprachkompetenz ein wichtiger Bestandteil des Aufnahmeverfahrens. Bei Unklarheiten findet ein persönliches Einstiegsgespräch mit der angemeldeten Person statt.
Im Kurs selbst arbeiten die Teilnehmenden in ihrem individuellen Lerntempo. Dies wird durch das Blended-Learning-Format ermöglicht, das Präsenzunterricht mit digitalen Selbstlernphasen kombiniert. Wir gehen davon aus, dass die Teilnehmenden bereits über erprobte Lernstrategien verfügen, die sie gezielt einsetzen und aktiv in die Gruppenarbeit einbringen können. So kann flexibel auf unterschiedliche sprachliche Ausgangsniveaus und individuelle Lernbedürfnisse eingegangen werden.
Welche spezifischen sprachlichen Kompetenzen werden im Programm vermittelt,, und warum sind diese für den Schulalltag in der Schweiz besonders wichtig?
Yuliya Pyvovar: Im Programm werden drei zentrale Kompetenzbereiche vermittelt:
- Basiskompetenz in Deutsch (Niveau C1/C2): sicheres sprachliches Handeln in der Unterrichts- und Schulsprache
- Grammatik & Wortschatz für Lehrpersonen: Fokus auf schriftliche Kommunikation, Fachvokabular und situationsgerechten Sprachgebrauch – auch im Umgang mit Dialekt
- Berufsspezifische Sprachkompetenz: sprachlich komplexe Situationen (z. B. Elterngespräche, Berichte, Erklärungen) professionell und adressatengerecht bewältigen
Diese Kompetenzen sind zentral, da Lehrpersonen in ihrem Berufsalltag nicht nur unterrichten, sondern auch kommunizieren, beraten, dokumentieren und moderieren müssen – und das in einem mehrsprachigen und vielschichtigen schulischen Umfeld.
Nebst den wichtigen sprachlichen Kompetenzen gibt es aber auch kulturelle oder pädagogische Anpassungen, die bewältigt werden müssen: Wie werden diese im Kurs behandelt?
Alma Amagjekaj: Die Kurse sind teilnehmendenspezifisch konzipiert: Die Szenariomethode ermöglicht eine gezielte Ausrichtung, ergänzt durch individuelle Standortbestimmungen im Kursverlauf. Auch die Auseinandersetzung mit schulkulturellen Unterschieden – sei es zwischen der West- und Deutschschweiz oder im internationalen Vergleich – wird angeregt.
Lehrpersonen mit ausländischem Lehrdiplom bringen häufig eine fundierte akademische Ausbildung mit und zeigen eine ausgeprägte Offenheit für wissenschaftliche Entwicklungen sowie pädagogische Innovationen. Lehrpersonen aus anderen Sprachregionen der Schweiz – etwa aus der Romandie oder dem Tessin – verfügen über wertvolle schulpraktische Erfahrungen im hiesigen Bildungssystem und können ihre sprachlich-kommunikativen Kompetenzen für den deutschsprachigen Schulalltag gezielt vertiefen.
In eigens dafür geschaffenen Austauschformaten teilen und reflektieren die Teilnehmenden ihre Erfahrungen aus unterschiedlichen schulischen Kontexten. Wie beim Thema Sprache wird auch hier die Vielfalt an beruflichen Hintergründen als gemeinsamer Lerngewinn genutzt.
Ein weiterer Fokus liegt auf der durch den Dialekt geprägten Diglossie in der Deutschschweiz, die für anderssprachige Lehrpersonen – unabhängig davon, ob diese ihre Ausbildung im In- oder Ausland absolviert haben – eine besondere Herausforderung darstellt. Aus diesem Grund wird dieser Aspekt im Kurs aus sprachkultureller Perspektive vertieft behandelt.
So profitieren Teilnehmende vom Sprachkurs
- sprachliche Professionalisierung im Unterrichtsalltag
- höhere berufliche Integrationschancen und Laufbahnperspektiven im Schweizer Schulsystem
- kompetente Kommunikation mit Eltern, Kolleginnen und Kollegen und Behörden
- souveräner Umgang mit Dialekt und Mehrsprachigkeit im Schulumfeld
- gezielte Vorbereitung auf Sprachzertifikate C1/C2 für EDK-Anerkennung