"Es ist nie zu spät, Lehrerin bzw. Lehrer zu werden"

Sinnstiftend und vielfältig: So beschreibt Daniel Steiner von der Pädagogischen Hochschule PHBern den Lehrberuf. Im Gespräch mit dem "Einsteiger" erklärt er, was den Beruf attraktiv macht. Und er zeigt, welche Wege in den Studiengang "Vorschulstufe und Primarstufe" führen.

Daniel Steiner

Herr Steiner, weshalb sollte jemand Lehrerin bzw. Lehrer werden?

Weil es schlicht der schönste Beruf ist … (schmunzelt). Er ist sinnstiftend und vielfältig. Sinnstiftend, weil Lehrpersonen Kinder in ihrer Persönlichkeitsentwicklung fördern und sie dabei unterstützen, grundlegende Fertigkeiten und Kompetenzen zu erwerben. Kurz: Sie geben ihnen etwas fürs Leben mit. Damit prägen sie auch die Gesellschaft der Zukunft.

Anmerkung: Daniel Steiner ist Leiter des Instituts Vorschulstufe- und Primarstufe der PHBern.

Und was macht den Beruf vielfältig?

Die Lehrpersonen tragen die Verantwortung dafür, dass sich die Kinder in der Schule wohl fühlen und sich optimal entwickeln können. Dabei sind sie auf fachlicher und menschlicher Ebene gefordert. Gefragt sind interessierte, begeisterungsfähige und aufgeschlossene Persönlichkeiten, die den Spielraum zur Gestaltung des Unterrichts kreativ nutzen. Lehrpersonen stehen zudem im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, mit Fachpersonen, mit der Schulleitung, mit den Eltern. Dies alles macht den Beruf vielfältig, interessant und abwechslungsreich.

Viele Berufe haben sich über die Jahre massiv gewandelt. Gilt dies auch für den Lehrberuf?

Ja. Die Zeiten, in denen den Schülerinnen und Schülern Wissen eingetrichtert wurde, sind vorbei. Heute erwarten Eltern und Gesellschaft, dass die Schule auf die individuellen Lernvoraussetzungen und Bedürfnisse der Kinder eingeht. Zu Recht. Die Lehrpersonen müssen die Lernumgebungen und die Lernaufgaben entsprechend gestalten. Zudem sind viele Themen und Herausforderungen hinzugekommen: Heterogenität, Migration, Medien und Informatik, um nur einige zu nennen. Der Lehrberuf ist auf pädagogischer wie auf fachlicher Ebene anspruchsvoller geworden – aber auch interessanter.

Wie sieht die aktuelle Stellensituation im Kanton Bern aus?

Sie ist ausgezeichnet – aus Sicht der Lehrpersonen. Insbesondere auf der Vorschul- und der Primarstufe sind Lehrerinnen und Lehrer gesucht, weil die Schülerzahlen steigen, der Lehrplan 21 mehr Lektionen vorsieht und in den nächsten Jahren überdurchschnittlich viele Lehrpersonen in Pension gehen.

Wie gross ist das Interesse am Lehrberuf?

Wir verzeichnen seit mehreren Jahren steigende Studierendenzahlen. Das zeigt: Der Lehrberuf ist attraktiv. Und: In der Öffentlichkeit wird der Beruf positiver wahrgenommen als vor einigen Jahren.

Der klassische Zubringer zur Lehrpersonenausbildung ist das Gymnasium. Gibt es auch andere Wege in den Studiengang "Vorschulstufe und Primarstufe"?

Selbstverständlich. Insbesondere der Weg via Fachmittelschule und Fachmaturität Pädagogik wird immer beliebter. Er ermöglicht den prüfungsfreien Übertritt in den Studiengang. Beliebt ist auch der Weg über die Berufsmaturität. Berufsmaturandinnen und -maturanden absolvieren allerdings eine Ergänzungs-prüfung. Zu dieser wird auch zugelassen, wer ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis und genügend Berufserfahrung hat. Mit einem Anteil von 55 Prozent ist das Gymnasium immer noch der wichtigste Zubringer. Auf die Berufsmaturität entfallen 17, auf die Fachmaturität Pädagogik 14 Prozent.

Gibt es auch Zugänge für Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger?

Ja. Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sind eine grosse Bereicherung für unser Berufsfeld, weil sie zusätzliche Erfahrungen und Kompetenzen einbringen. Wer beispielsweise ein Hochschulstudium abgeschlossen hat, kann prüfungsfrei in den Studiengang eintreten. In der Regel wird dabei ein Teil der erbrachten Studienleistungen angerechnet. Wer älter als dreissig ist, ein eidgenössisches Fähigkeitszeugnis und genügend Berufserfahrung hat, kann "sur dossier" aufgenommen werden. Es ist nie zu spät, Lehrerin bzw. Lehrer zu werden. Wir haben Studierende, die fünfzig und älter sind.

Kann der Studiengang berufsbegleitend ab-solviert werden?

Ja. Die Studierenden haben die Möglichkeit, das Studium in Teilzeit zu absolvieren und daneben einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Vollzeit dauert der Studiengang sechs Semester, Teilzeit mindestens acht Semester.

Einmal Lehrperson, immer Lehrperson? Oder gibt es Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten?

Lehrpersonen der Vorschul- und Primarstufe stehen viele Optionen offen. Sie können sich weiterqualifizieren, beispielsweise zum schulischen Heilpädagogen oder zur Logopädin. Oder sie können ein Lehrdiplom für die Sekundarstufe I erwerben. Möglichkeiten gibt es auch im Bereich der Schulführung: Man kann die Verantwortung für ein Fachgebiet übernehmen, Schul- und Entwicklungsprojekte leiten oder sich zur Schulleiterin bzw. zum Schulleiter weiterbilden. Schliesslich gibt es die Möglichkeit, als Mentorin bzw. Mentor Berufseinsteigende zu begleiten oder in die Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen einzusteigen.

Alle im Interview gemachten Aussagen betreffen den an der PHBern und an der NMSBernangebotenenStudiengang "Vorschulstufe und Primarstufe". Für den Einstieg in die Studiengänge "Sekundarstufe I", "Sekundarstufe II" und "Schulische Heilpädagogik" gelten andere Zulassungsbedingungen (siehe www.phbern.ch).

Das Interview wurde im Januar 2019 in der Bildungsbeilage "Einsteiger" publiziert.