Das Schulzimmer in den Bergen: AlpenLernen

Im Projekt "AlpenLernen" verbringen Jugendliche mit ihrer Klasse eine Woche in einer SAC-Hütte in den Bergen und lernen dabei verschiedene Aspekte des Bereichs Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) kennen. Im Herbst 2022 erhielten die Schülerinnen und Schüler in drei Projektwochen Besuch von Studierenden des Fachdidaktikmasters Sport, um Daten für die Weiterentwicklung des Projektes zu erheben.
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Schulklassen aus dem Zyklus 2 und 3 tauschen ihr Klassenzimmer gegen eine SAC-Hütte: Das Projekt "AlpenLernen", das aus einer Zusammenarbeit der Stiftung UNESCO-Welterbe Swiss Alps Jungfrau-Aletsch (SAJA) und dem Schweizer Alpen-Club (SAC) entstand, lädt Schülerinnen und Schüler ein, während fünf Tagen mit einer Bergführerin oder einem Bergführer und einem Hüttenteam verschiedene Aspekte des Bereichs Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) zu erarbeiten. Dabei werden in dieser Projektwoche soziale, ökonomische und ökologische Themen live vor Ort angeschaut und besprochen.

Aufgrund des grossen Interesses und des Erfolges soll das Projekt nun vom SAJA-Gebiet auf andere Regionen und SAC-Hütten ausgeweitet werden. Dies führt dazu, dass das Projekt in Zusammenarbeit mit éducation21 die Unterrichtsmaterialien überarbeitet und weiterentwickelt. Um sich dabei die nötige Expertise in der Erarbeitung von Unterrichtsmaterialien zu beschaffen, wurde die PHBern angefragt.

Für das Fachdidaktikzentrum der PHBern ist dies eine äusserst spannende Zusammenarbeit, da ausserschulische Lernorte in den drei Fachbereichen Sport, NMG+NE sowie TTG-D eine zentrale Rolle spielen. Durch Qualifikationsarbeiten von Studierenden soll einerseits bestehendes Unterrichtsmaterial evaluiert, dieses andererseits aber auch interdisziplinär weiterentwickelt werden. Dadurch erlangen und erweitern die Studierenden ihre Kompetenzen in den Bereichen "outdoor education", der Persönlichkeitsförderung und in BNE.

Einblick in die Projektwoche

So statteten drei Studierende Master Fachdidaktik Sport diesen Herbst einigen Projektwochen einen Besuch ab und analysieren im Anschluss deren Inhalt. Ziel ist es, mittels Literaturrecherche, Interviews, Beobachtungen und Fragebögen herauszufinden, was in der aktuellen Konzeption der Projektwochen gut funktioniert, welche Inhalte noch fehlen und wo Optimierungen angebracht werden könnten. Für die Studierenden ist dies eine Gelegenheit, aktiv an der Weiterentwicklung eines spannenden Projektes mitzuarbeiten, während das Projekt "AlpenLernen" damit von der Expertise der PHBern profitiert.

Im Interview geben die drei Studierenden Einblick in ihre Erfahrungen und Erkenntnisse:

Was die Studierenden erlebten

Was haben Sie in der Projektwoche untersucht? Was war Ihr Ziel?

Flurina Bosshard: Die Fragestellung meiner Arbeit bezieht sich auf die Vor- und Nachbereitung des Bewegungsaspektes in der Woche. Daher habe ich während der Projektwoche allgemeine Eindrücke gesammelt, beobachtet sowie miterlebt, wie die Woche ablaufen kann. Ich wollte ein Gefühl für und einen Einblick in das Projekt erhalten.

Tobias Zolliker: Ich habe die Bergsportblöcke untersucht. Der Bergsport bietet mit seinem nicht alltäglichen Setting ein grosses Potenzial für einen mehrperspektivischen Unterricht, bei welchem der Fokus beispielsweise auf soziale Werte, das soziale Verhalten oder auf die Persönlichkeitsentwicklung gelegt werden kann. So habe ich versucht zu erfassen, welche Zielperspektiven vom Bergführer verfolgt und wie diese umgesetzt werden.

Elias Bieri: Im Rahmenkonzept der Projektwoche ist festgehalten, dass die Lernenden erlebnispädagogische Wagniserlebnisse erleben sollen. Eine solche Wagniserfahrung kann etwa eine Wanderung in ungewohnter Umgebung sein. Daher untersuchte ich, ob die Lernenden nach einer Woche voller Wagniserlebnisse an ausserschulischen Lernorten einen nachhaltigen Transfer in ihrem Sportunterricht, ihrem Schulalltag sowie auch in ihrem Alltag vornehmen können.

Welche Erkenntnisse haben Sie gewonnen?

Flurina Bosshard: Die Projektwoche ist mit grossen Herausforderungen verbunden, kann aber auch sehr interessante Erlebnisse ermöglichen: der Aufstieg in die Hütte, das Leben in und um die Hütte sowie die ganze Organisation rund um die Projektwoche. Die lange und anstrengende Wanderung in die Hütte geschafft zu haben, war für viele Schülerinnen und Schüler ein Erfolgserlebnis. Gleiches galt auch fürs Klettern und Abseilen, was mit dem Bergführer möglich war.

Tobias Zolliker: Die Bergsportblöcke haben den Kindern viel Freude bereitet, auch wenn einige oft ihre Angst überwinden mussten. Der Bergführer erklärte den Schülerinnen und Schüler den Unterschied von subjektiven und objektiven Gefahren, damit sie ihre Ängste besser einordnen konnten. Ich habe festgestellt, dass man das Potenzial der Bergsportblöcke bezüglich der Entwicklungsförderung noch stärker nutzen könnte. Um dies zu erreichen, werde ich nun für die Bergführer und Bergführerinnen ein Tool mit Ideen und Hinweisen ausarbeiten. Ziel ist es, die Blöcke mehrperspektivischer zu gestalten.

Elias Bieri: Die Woche war ein voller Erfolg. Die Lernenden erlebten verschiedene Wagniserlebnisse: Einerseits galt es Wagnisse zu überwinden, welche wie das Klettern mit einem körperlichen Risiko verbunden waren, anderseits gab es psychische Wagnisse, wie auf sehr engem Raum mit Personen zusammenzuleben, die sich nicht gut kennen.

Was hat Sie in der Projektwoche am meisten überrascht?

Flurina Bosshard: Es hat mich überrascht, wie kleine Unannehmlichkeiten im Hüttenleben vielen Schülerinnen und Schüler stark zugesetzt haben. So war für viele das Schlimmste, dass es in der Hütte kein fliessendes Trinkwasser gab. So musste das Wasser abgekocht werden, weshalb es immer Tee gab. Diesen fanden die Schülerinnen und Schüler jedoch nicht besonders schmackhaft, was zur Folge hatte, dass sie sich beklagten, sie hätten Durst. Diese Erfahrung war für die Klasse sicher einschneidend. Die Jugendlichen erfuhren am eigenen Leib, wie privilegiert wir sind, wenn wir überall fliessendes Trinkwasser haben.

Tobias Zolliker: Beeindruckend war, dass die gesamte Klasse den Anstieg zur Blüemlisalphütte, mit Gepäck für eine Woche, solide meisterte. Überrascht hat mich, dass während der ganzen Woche die Stimmung gut war. Es wurde trotz kühlen Temperaturen und reduziertem Komfort praktisch nie gejammert.

Elias Bieri: Wie toll die Lernenden mitgeholfen haben und wie viele schöne Erlebnisse die Lernenden in dieser Woche erfahren durften.