Wie KI richtig und sinnvoll nutzen

Künstliche Intelligenz sorgt gerade für Diskussionen in der Bildungslandschaft. Die PHBern unterstützt Lehrpersonen mit Weiterbildungskursen wie "KI in der Schule" und entwickelt weitere Angebote. Die Nachfrage ist gross.
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Vor gut einem Jahr wurde die neue Gratisversion von ChatGPT veröffentlicht. Das hat weltweit für Furore gesorgt und künstliche Intelligenz definitiv ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. In den Medien las man Schlagzeilen wie "ChatGPT läutet technologische Revolution ein" oder "ChatGPT: Wortgewaltiger Wendepunkt". KI ist nicht neu, sondern wird seit Langem in vielen Bereichen angewandt, sei es bei Fahrzeugen, bei der Gesichtserkennung oder bei Applikationen (Siri, DeepL, Suchmaschinen, Fotofiltern usw.). Mittlerweile ist jedoch klar, dass generative KI grosse Auswirkungen auf alle Lebensbereiche hat. So auch auf die Bildung.

Pfannenfertige Lösungen: ja, gerne!

Die PHBern hat bereits diverse Angebote zum Thema KI im Unterricht erarbeitet, die auf grosses Interesse stossen und rege besucht werden. Pfannenfertige Lösungen für die dringlichsten Anliegen gibt es jedoch nicht, obwohl sich das manche insgeheim erhoffen mögen. Nino Zehnder, Dozent und wissenschaftlicher Mitarbeiter der PHBern, vermittelt im Kurs "KI in der Schule" Grundlagenwissen zu KI, stellt diverse Tools vor und will vor allem zum Denken anregen. Er stellt klar, dass er bezüglich KI weder Panikmache noch Verharmlosung für richtig hält: "KI ist ein Werkzeug. Wie jedes Werkzeug hat sie zwei Seiten. Ein Hammer kann Nägel einschlagen – aber auch Köpfe. Das Werkzeug produktiv einsetzen kann nur, wer sowohl die Möglichkeiten als auch die Gefahren des Missbrauchs kennt." Für ihn wie auch für das ganze Dozierendenteam ist klar: Schulen müssen neue Medienkompetenzen aufbauen. Es geht sozusagen darum, Nägel mit Köpfchen zu machen. "Schulen sollen eine Haltung entwickeln, wie sie mit KI umgehen wollen. KI hat das Potenzial, unser Leben und unsere Arbeit fundamental zu verändern", betont Nino Zehnder. Dazu sollten sich Schulleitende, Kollegien wie auch jede Lehrperson Fragen stellen wie: Welche Haltung habe ich persönlich, welche Haltung will ich vermitteln? Wie können Schülerinnen und Schüler KI für ihre Lernprozesse nutzen? Wo ist KI hilfreich, wo sind die Gefahren? Viele offene Fragen und wenig klare Antworten.

KI ist ein Werkzeug, und wie jedes Werkzeug hat sie zwei Seiten. Ein Hammer kann Nägel einschlagen – aber auch Köpfe.
Nino Zehnder  -  Dozent und wissenschaftlicher Mitarbeiter der PHBern
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KI im Unterricht

Bild erstellt durch KI-Anwendung Midjourney. Vorgabe: «illustration for a book cover, subject ‹understanding AI in everyday life for kids›, welcoming, abstract, interesting».

Tipps im Umgang mit KI im Unterricht

Medienkompetenz erlangen

– Eigene Haltung und Vision als Schule/Kollegium entwickeln

– Ethikstandards im Kollegium definieren

– Rechtliche Grundlagen kennen (Datenschutz, Mindestalter, usw.)

– Den richtigen Umgang mit Daten sowie deren Qualität sicherstellen

– Aufgabenstellungen im Unterricht anpassen

Im Forum für Lehrpersonen finden sich Beiträge und Diskussionen zu KI und ChatGPT: www.lehrperson-bern.ch

"Wie sollen wir mit KI im Unterricht umgehen?"

Auch die Schulinformatik der PHBern kriegt das wachsende Interesse wie auch die Besorgnis der Lehrpersonen zu spüren. "Wie sollen wir mit KI umgehen?" ist eine der häufigsten Fragen, die der Helpdesk in den letzten Monaten erhalten hat. Kurt Reber, Leiter der Schulinformatik der PHBern, teilt die Meinung von Nino Zehnder: "Wir müssen eine Mündigkeit im Umgang mit KI erlernen, und damit schwindet auch die Angst vor dem Einsatz von KI mehr und mehr." Wiederum fällt das Wort "Medienkompetenz". Er plädiert dafür, KI im Unterricht einzusetzen, aber kontrolliert und beschränkt und diesen Einsatz als Teil des Lernprozesses intensiv zu reflektieren. Die Nutzung von KI verlangt danach, die Aufgabenstellungen für die Schülerinnen und Schüler anzupassen. Denn dank der neuen Werkzeuge könnten die Kinder und Jugendlichen heute Aufgaben erfolgreich bewältigen, mit denen sie früher überfordert gewesen wären. Genau deswegen müssten der Lernprozess und andere Kompetenzen in den Fokus rücken. Kurt Reber führt weiter aus: "Es geht eher darum, vermehrt konzeptuelle Aufgaben zu erstellen, Kriterien und Briefings zu fordern, die Resultate gemeinsam kritisch zu hinterfragen und so das Urteilsvermögen zu schulen." Dabei sind Fragen zentral wie "Wann entspricht das Resultat meinen Kriterien?" oder "Wie beurteile ich die Leistung der Schülerinnen und Schüler, wenn KI im Spiel war?". Aus aktuellem Anlass veröffentlichte die Schulinformatik der PHBern ein E-Book als Empfehlung zum Umgang mit generativen Sprachmodellen in der Volksschule. Es beinhaltet die wichtigsten Schritte, die zu einer sinnvollen Nutzung von KI notwendig sind. Ein anderes Angebot der Schulinformatik ist das Spiel "Net’s Fetz!", mit dem Kinder und Jugendliche für diverse Herausforderungen in der digitalen Welt sensibilisiert werden. Als weitere Hilfestellung entsteht an der PHBern das IdeenSet "Künstliche Intelligenz" für den Unterricht. Das modular aufgebaute IdeenSet steht ab Anfang 2024 zur Verfügung. Ausserdem entwickelt der Think Tank Medien und Informatik (TTIM) gerade einen Onlinekurs "KI explains KI" für Studierende und Lehrpersonen (als OER).

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Bild erstellt mit der KI-Anwendung Canva Pro. Vorgabe: "Illustriere den Ausdruck 'Eine heisse Kartoffel wird von Hand zu Hand herumgereicht'."

Datenschutz – eine heisse Kartoffel

Am Thema Datenschutz will sich niemand die Finger verbrennen. Hier gilt es, grundsätzliche Überlegungen anzustellen wie zum Beispiel:

  • Wie sichere ich den Zugang zu KI? ⇨ Zum Beispiel mit einem durch die Lehrperson für die ganze Klasse administrierten Zugang.
  • Wie stelle ich sicher, dass die verwendeten Daten nicht personalisiert sind (Verwendung von Adressen, Geburtstagen, Fotos)? ⇨ Alle User müssen geschult werden, welche Daten sie in ihren Anweisungen (Prompts) nutzen dürfen und welche nicht. Am Anfang einer geleiteten Nutzung von KI braucht es eine Schulung zu einem rechtskonformen Datenmanagement.

Ausserdem ist es ratsam, die Eltern über den Gebrauch und das Vorgehen zu informieren, um Transparenz zu schaffen. Genau deshalb ist es entscheidend, klare Datenschutzrichtlinien und -verfahren an der Schule zu entwickeln und umzusetzen, um die Privatsphäre und die Rechte der Beteiligten im Bildungsbereich zu schützen, während gleichzeitig die Vorteile der KI im Unterricht genutzt werden. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Schule, Behörden, Datenschutzbeauftragten und Eltern. Zusammenfassend lässt sich feststellen: Generative KI im Unterricht kann Lehrpersonen und Schülerinnen und Schüler unterstützen und die Lernenden befähigen, anspruchsvolle Aufgaben erfolgreich zu bewältigen. Was wiederum ihre Motivation fördern kann. Damit rücken neue Lernbereiche wie die Stärkung der Sozial- und Schlüsselkompetenzen der Schülerinnen und Schüler oder die Wertvermittlung in den Fokus. Solche Aspekte fliessen bereits jetzt in die Ausbildung von Lehrpersonen ein. Es wird nicht die letzte Veränderung sein, die durch KI angestossen wird. Wie Heraklit gesagt haben soll: "Die einzige Konstante im Leben ist die Veränderung."