Im Auftrag der Bildungsdirektion des Kantons Zürich hat die PHBern die Situation auf der Kindergartenstufe im Kanton Zürich untersucht. Am Donnerstag, 26. September 2019, wurden die Erkenntnisse an einer Medienkonferenz der Bildungsdirektion vorgestellt. Sie haben wesentlichen Einfluss auf die Lehrerinnen- und Lehrerbildung im Kanton Zürich.
Der Kindergarten ist im Kanton Zürich erst seit 2005 obligatorischer Teil der Volksschule. Die Ausbildung der Kindergartenlehrpersonen ist entsprechend jung und noch stehen zahlreiche Fragen im Raum: Wie sieht die Praxis im Kindergarten genau aus? Welche Altersspanne soll die Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule Zürich idealerweise abdecken?
Um diese Fragen zu klären, hat die Bildungsdirektion des Kantons Zürich die PHBern um eine wissenschaftliche Studie gebeten:
Im Forschungsprojekt Situation auf der Kindergartenstufe im Kanton Zürich haben Doris Edelmann, Leiterin des Instituts Forschung, Entwicklung und Evaluation, gemeinsam mit Evelyne Wannack und neun weiteren Forschenden von der PHBern sowie Hansjakob Schneider von der PH Zürich 20 Kindergärten im Kanton Zürich untersucht. Mit Videoaufnahmen wurden die Unterrichtsprozesse beobachtet, mittels Befragungen die Einstellungen und Haltungen der Kindergartenlehrpersonen erfasst und mittels spielerischer Tests die Kompetenzen der Kindergartenkinder erhoben. Im Fokus standen zudem die Übergänge in den Kindergarten und aus diesem hinaus in die weiterführenden Klassen. In der Studie wurden städtische wie ländliche Kindergärten berücksichtigt, kleine und grosse Gemeinden sowie Gemeinden mit sozioökonomisch besser und weniger gut gestellten Bevölkerungsgruppen.
Aufbauend auf der Kindergartenstudie sowie weiterer, vom Kanton Zürich erhobener Daten ist nun ein umfassender Monitoringbericht entstanden. Gemeinsam bieten die beiden Dokumente die Grundlage, um die Kindergartenstufe besser zu verstehen und zu regeln und um die Lehrerinnen- und Lehrerbildung an der PH Zürich neu zu denken.
An der Studie der PHBern sowie am Monitoringbericht waren von Anfang an alle wichtigen Akteurinnen und Akteure aus Politik, Verwaltung, Schule und Forschung beteiligt. "Diese Art, gemeinsam eine Herausforderung aus der Praxis anzugehen, ist beispielhaft", sagt Doris Edelmann von der PHBern. "Das gemeinsame Vorgehen ist sehr zielführend und es ist sinnstiftend, zu sehen, wie die Forschungsergebnisse den Transfer in die Praxis schaffen."
An der Medienkonferenz in Zürich wurden zentrale Erkenntnisse aus der Kindergartenstudie und aus dem Monitoringbericht vorgestellt. An der Medienkonferenz anwesend waren unter anderem Silvia Steiner, Vorsteherin der Bildungsdirektion sowie Präsidentin der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren, Heinz Rhyn, Rektor der PH Zürich, sowie vonseiten der PHBern Doris Edelmann und Sabina Staub. Die Aufzeichnung ist unter www.news.zh.ch verfügbar.
Es folgt eine Tagung am 1. Februar 2020, an der die Erkenntnisse der beiden Studien ausführlich präsentiert und die Folgen für die Lehrerinnen- und Lehrerbildung besprochen werden.
Die erste Ganztagesschule des Kantons Bern steht im Berner Stöckacker und besteht aus einer Basisstufe und einer 3. bis 6. Klasse. Im Unterschied zur Tagesschule sind die Kinder in der Ganztagesschule an fixen Zeiten im gleichen Klassenverband mit den gleichen Lehr- und Betreuungspersonen zusammen. Das soll eine bessere Beziehung und weniger Stress verursachen und damit das Lernen der Kinder insgesamt positiv beeinflussen.
Das Schulamt der Stadt Bern hat ein Forschungsteam der PHBern unter der Leitung von Michelle Jutzi und Ueli Hostettler beauftragt, den Betrieb in der Ganztagesschule ein Jahr lang zu beobachten und zu analysieren. Dazu wurden Beobachtungen, Interviews und Gruppendiskussionen mit den Leitungspersonen, Mitarbeitenden, Lehrpersonen sowie Schülerinnen und Schülern durchgeführt.
Erkenntnisse und Empfehlungen helfen der Stadt Bern weiter
In ihrer Medienmitteilung vom 10. Februar 2020 stellt die Direktion für Bildung, Soziales und Sport der Stadt Bern nun zentrale Erkenntnisse vor. "Wichtigste Erkenntnis ist, dass die Einführung der Ganztagesschule von den Lehr- und Betreuungspersonen neue Formen der Zusammenarbeit erfordert, da Bildung und Betreuung stärker verzahnt sind", schreiben die Verantwortlichen. Die Ganztagesschule sei "erst teilweise" in die Gesamtorganisation des Schulstandorts Schwabgut / Stöckacker integriert.
Um die Zusammenarbeit am Schulstandort zu verbessern und die Bekanntheit der Ganztagesschule zu steigern, schlägt das Forschungsteam der PHBern die Erarbeitung eines Kommunikationskonzepts vor. Zudem soll die pädagogische Ausrichtung noch besser herausgearbeitet werden.
Die Empfehlungen im Detail können der Begleitstudie entnommen werden. Diese liegt sowohl in einer Kurz- als auch einer Langfassung vor.
PHBern begleitet auch die zwei nächsten Ganztagesschulen
Im Sommer 2020 starten zwei weitere Ganztagesschulen in der Stadt Bern, in Bümpliz und im Schulkreis Breitenrain-Lorraine. Die Erkenntnisse aus der wissenschaftlichen Begleitung helfen diesen beiden Projekten beim Start. Die PHBern wird die beiden neuen Ganztagesschulen in den nächsten beiden Jahren ebenfalls wissenschaftlich begleiten.
Die Stadt Bern hat im Schuljahr 2018/2019 die erste Ganztagesschule eröffnet. Ein Forschungsteam der PHBern hat das erste Betriebsjahr wissenschaftlich begleitet. Nun hat die Stadt Bern die Begleitstudie veröffentlicht.
Seit dem gewaltsamen Tod von George Floyd reissen die Proteste in den USA nicht ab. Diskussionen über Polizeigewalt, über (strukturellen) Rassismus in der amerikanischen Gesellschaft und deren Bezug zu Sklaverei und Kolonialismus haben inzwischen auch in anderen Staaten zum Nachdenken über die eigene koloniale Vergangenheit geführt. Auch in der Schweiz gehen Menschen gegen Rassismus und für Vielfalt auf die Strasse. Nicht nur in Diskussionen über Süssigkeit von Dubler rückt der in der Fachwissenschaft bereits präsente Diskurs über die "koloniale Vergangenheit der Schweiz" in den Blick der Öffentlichkeit.
Diesem virulenten Thema der "(post-)kolonialen Schweiz" widmet sich ein Ideenset, das an der PHBern entstanden ist. In Kooperation mit der Stiftung Cooperaxion stellt das IdeenSet Materialien zur Verfügung, welche zur handlungsorientierten Auseinandersetzung mit dem Thema Kolonialismus anleiten.
Mit der (post-)kolonialen Geschichte der Schweiz setzt sich auch Nadine Ritzer, Geschichtsdozentin am Institut Sekundarstufe I, in einem jüngst erschienen Artikel auseinander. Neben dem aktuellen Forschungsstand zur Thematik beleuchtet dieser auch rassistische Darstellungen in älteren Schulbüchern.
Die Sprache ist einer der wichtigsten Schlüssel zum Bildungserfolg. Kinder, die nicht ausreichend lesen und schreiben können oder über einen eingeschränkten Wortschatz verfügen, können sich schulische Inhalte weniger gut aneignen.
"Viele Kinder, die zum Kindergarteneintritt über keine altersgemässe Sprachkompetenz verfügen, holen diesen Rückstand im Laufe der Schulzeit nicht mehr auf. Die Sprache ist für sie also immer wieder ein Hindernis", weiss Dr. Pascale Schaller. Sie ist Dozentin am Institut Primarstufe der PHBern und Leiterin des Entwicklungsprojekts "Durchgängige integrierte Sprachbildung am Übergang von der Vorschule in den Kindergarten" – kurz bisKids.
Zwei Fachpersonen – ein Strang
Welche Interessen verfolgt das Projekt? "Wir wollten einen Einblick darin bekommen, auf welche Weise Kinder in der Kita und im Kindergarten sprachlich gefördert werden. Dies machen wir unter anderen Methoden mit Videoaufnahmen", erklärt Pascale Schaller. Die Sprachbildung beginne im Idealfall nicht erst im Kindergarten, sondern möglichst früher. Die Forschung zeige, dass die sprachliche Förderung konstant und anhaltend sein soll. "Das bedeutet, dass es bei Übergängen – wie beispielsweise beim Übergang von der Kita in den Kindergarten – keine Brüche geben soll. Die Kinder profitieren, wenn sich die Fachpersonen aus der Vorschulzeit und jene in der Schuleingangsstufe an den gleichen Ideen und Strategien der Sprachförderung orientieren."
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Die Kinder profitieren, wenn sich die Fachpersonen aus der Vorschulzeit und jene in der Schuleingangsstufe an den gleichen Ideen und Strategien der Sprachförderung orientieren.
Dr. Pascale Schaller
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Dozentin Institut Primarstufe
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Expertise vereinen
Pädagogische Fachpersonen aus der Vorschulzeit (Kita, Spielgruppen) absolvieren ihre Ausbildung nicht an der Pädagogischen Hochschule wie die Lehrpersonen. "Die Expertisen sind deshalb sehr unterschiedlich", so Pascale Schaller. Erste Erkenntnisse des bisKids-Projekts zeigen, dass sich diese Expertisen mithilfe eines Austausches zwischen diesen Fachpersonen sehr gut und mit Gewinn für die Kinder einfach ergänzen liessen lassen.
Die PHBern schafft dafür bereits gute Voraussetzungen: Die Dozierenden des Instituts für Primarstufe arbeiten mit den Videoaufnahmen des Projektteams aus den Berner Kitas, um die Studierenden mit dem Studienschwerpunkt Zyklus 1 sowie angehende schulische Heilpädagoginnen und Heilpädagogen für die durchgängige integrierte Sprachbildung sensibilisieren zu können. Dies ist ein erster wichtiger Schritt, findet Pascale Schaller: "Dies öffnet den Blick der angehenden Lehrpersonen für die frühe kindliche Sprachentwicklung. Und schärft das Bewusstsein, dass der Kita und den Spielgruppen eine wichtige Rolle zukommt für diejenigen Kinder, die sprachlich eine engere Begleitung brauchen."
Das Projekt bisKids läuft noch bis Ende September 2022. Geplant ist eine Fortsetzung, um von der Expertise und den Erfahrungen aus dem Projekt bestmöglich profitieren zu können.
Die PHBern engagiert sich für die frühe Sprachbildung, und zwar mit Fokus auf den Übergang von der Vorschule in den Kindergarten. Erste Ergebnisse fliessen bereits in die Hochschullehre ein. Hier erhalten Sie einen Einblick in das laufende Entwicklungsprojekt.
Die PHBern führt ein Forschungsprojekt zum Lesen in der Zweitsprache Deutsch auf Primarstufe durch. Der Schweizerische Nationalfonds unterstützt dieses Projekt mit über einer halben Million Franken.
In «Lesen in der Zweitsprache Deutsch» (LiZD) steht das Zusammenspiel von Leseverständnis und Wortschatz bei Kindern mit Deutsch als Zweitsprache (DaZ) im Fokus. Hervorgegangen ist LiZD aus dem Vorgängerprojekt «Entwicklung von Wortschatz und Lesen» (EnWoLe), in dem primär die Zusammenhänge zwischen Wortschatz und Lesen und deren Entwicklung bei Kindern mit Deutsch als Erstsprache untersucht wurden. Das auch seitens der Lehrpersonen formulierte Bedürfnis nach mehr Grundlagenwissen zur Rolle des Wortschatzes bei DaZ-Kindern hatte bereits in EnWoLe zum Einbezug einer Teilstichprobe von Kindern mit Deutsch als Zweitsprache geführt. Die Auswertungen haben deutlich gezeigt, dass der Wortschatz einen entscheidenden Einfluss auf das Leseverständnis von DaZ-Kindern ausübt. Dies gilt vor allem für das Wissen um die exakte Bedeutung und um die Beziehungen zwischen Wörtern. LiZD ist deshalb darauf ausgelegt, diesen ersten Hinweisen genauer nachzugehen, um Grundlagen für die Wortschatzvermittlung bei DaZ-Kindern zu schaffen. Im Fokus steht die Zeit vom Ende des 2. bis zum Ende des 4. Schuljahres, in der die Grundlagen der Lesetechnik bereits erworben sind und die Basis für das Verständnis stets komplexerer Texte gelegt wird.
Der Schweizerische Nationalfonds bewilligt einen Beitrag in der Höhe von über einer halben Million Franken für ein PHBern Projekt zu Lesen in der Zweitsprache Deutsch.