Im Team durch den Sumpf

Christian Stauffer und Tim Schwander sind Oberstufenlehrer in Bern und bereiten in einem Zusammenarbeitsprojekt mit der PHBern Masterstudierende des Instituts Sekundarstufe I (IS1) auf Landschulwochen vor. Ein Praxisbericht.
Image
Christian Stauffer, Praxislehrperson mit erweitertem Auftrag, erklärt die Spielregeln.

Christian Stauffer, Praxislehrperson mit erweitertem Auftrag, erklärt die Spielregeln.

NEWS —

Zwei Studierende kauern sich gegenüber, getrennt durch einen vertikal aufgespannten Bettbezug, den die Praxislehrpersonen Christian Stauffer und Tim Schwander halten. Die Spannung steigt. "Drei, zwei, eins!" Das Tuch fällt. "Alyssa!", ruft die eine Studentin namens Anina laut heraus, bevor ihre Kontrahentin den Namen ihres Gegenübers überhaupt aussprechen kann. Gruppe eins hat damit einen Punkt mehr und applaudiert voller Begeisterung. Das Spiel heisst "Maulwurf" und ist eines von vielen, die die 29 Masterstudierenden des IS1 an der PHBern in den nächsten zwei Tagen ausprobieren werden. Man spürt die Spielfreude förmlich in der Luft. In Wirklichkeit geht es bei diesen Spielen aber um viel mehr: zum Beispiel Teambildung, Integration, Zusammenarbeit.

Planen und durchführen

Der Blockkurs findet in Magglingen in einer Waldhütte statt und ist Teil eines Zusammenarbeitsprojekts von Christian Stauffer und Tim Schwander. Das Ziel des Kurses ist es, den Masterstudierenden Sekundarstufe I das pädagogische Rüstzeug für die Durchführung einer Landschulwoche mitzugeben. Während der ersten beiden Tage des Kurses steht eine anständige Portion Theorie zur Organisation, zur Administration und zum Management eines Lagers auf dem Programm, bevor die Studierenden zwei Tage lang in das Lagerfeeling eintauchen und sich damit erlebnispädagogische Kompetenzen aneignen.

Die beiden Oberstufenlehrer haben den CAS-Lehrgang "Berufspraxis kompetent begleiten" absolviert und sind seither nicht nur Praxislehrpersonen, die Studierende während der Praktika begleiten, sondern haben einen erweiterten Auftrag: In Zusammenarbeitsprojekten mit dem Institut Sekundarstufe I der PHBern können sie aus der Schulpraxis heraus etwas für die Studierenden anbieten. In ihrem Fall ist es eine Vertiefungsveranstaltung für Masterstudierende "Planung und Durchführung einer Landschulwoche".

Praxislehrperson werden: Die Praktika der Studierenden der PHBern sind ein zentraler und entscheidender Teil der Ausbildung zur Lehrperson. Für eine praxisnahe Ausbildung arbeitet die PHBern eng mit zahlreichen Schulen im Kanton Bern und ausserhalb zusammen. Als professionelle Begleitpersonen und Coachs leisten Praxislehrpersonen einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der angehenden Lehrerinnen und Lehrer.

Gemeinsam Lehrpersonen ausbilden

Praxislehrpersonen mit erweitertem Auftrag besuchen den CAS Berufspraxis kompetent begleiten. Aufgrund der hohen Nachfrage wird die diesjährige Durchführung des Lehrgangs doppelt geführt. Anmeldungen für den CAS BKB-2 (Start 9. Oktober 2023) sind bis zum 12. August 2023 möglich!

Mehr Informationen und Anmeldung für den CAS Berufspraxis kompetent begleiten

"Bessere Lehrperson"

Nebst den praktischen Kompetenzen für die Organisation einer Lagerdurchführung geht es auch darum, den pädagogischen Umgang mit herausfordernden Situationen zu üben, weil es in Landschulwochen garantiert dazu kommen wird. Tim Schwander formuliert es so: "Lager sind eine permanente Gewaltprävention." Was er damit meint? Auf so engem Raum gibt es kleine und grössere Konflikte, die gelöst sein wollen. Zum Beispiel wenn Regeln gebrochen werden oder ein Streit entsteht.

Man spürt bei den beiden Klassenlehrern der PH-Partnerschule Spitalacker im Berner Breitenrain, wie viel Herzblut sie in dieses Kursangebot stecken. Vor rund zehn Jahren haben sie als Praxislehrpersonen mit Grundauftrag begonnen, seit vier Jahren wirken sie als Praxislehrpersonen mit erweitertem Auftrag am IS1 mit diesem Zusammenarbeitsprojekt im Bereich Erziehungs- und Sozialwissenschaften mit. Christian Stauffer sieht es so: "Es macht mich zur besseren Lehrperson. Es ist bereichernd und lehrreich für alle Beteiligten. Für die Studierenden, weil sie viel praktische Erfahrungen kriegen, und für uns, weil wir vorleben müssen, was wir den Studierenden erzählen. Ausserdem bekommen wir durch die Studierenden die neusten Entwicklungen in der Lehre mit."

Diese Praxisnähe schätzen auch die angehenden Lehrpersonen in Magglingen enorm. Beim Hinausgehen in den Wald erwähnt die Studentin Alyssa Sägesser (25): "Man merkt, dass sie wissen, wovon sie reden. Die Geschichten und Anekdoten, die sie erzählen, bleiben gut im Kopf." Und schon stecken die Teilnehmenden in der nächsten Aufgabe: Sie müssen mithilfe von Holzbrettern den Weg durch einen imaginären Sumpf finden. Dabei ist eine Person mit verbundenen Augen und jemand mit einem Wasserkrug, der nichts verschütten darf. Wie kommen alle heil hinüber? Christian Stauffer beobachtet das Team, gibt Tipps, ermutigt, wenn nötig. Als sie alle sicher am anderen Ufer angekommen sind, analysiert er den Prozess, erklärt die Absicht und die Stolpersteine des Spiels. Kopfnicken, ein Frösteln, alle sind hellwach. Der Kurs ist intensiv und hält, was er verspricht: viele praktische Tipps und bleibende Erfahrungen.

Nachwirkungen garantiert

Tim Schwander und Christian Stauffer sind sich einig, dass die Arbeit von Praxislehrpersonen garantiert Nachwirkungen hat: "Wir bilden nicht nur den Nachwuchs aus, sondern sind auch Vorbild für zukünftige Lehrpersonen und Schulen mit Praxislehrpersonen. Das Mandat erlaubt uns, ein wertvolles Netzwerk aufzubauen. Und manchmal hilft es auch bei der Stellenbesetzung", erklärt Christian Stauffer mit einem Augenzwinkern. Diese Bemerkung kann der Student Sebastian Fankhauser (29) bestätigen: "So wie ich die beiden hier erlebe, kann ich mir vorstellen, in ein paar Jahren selbst Praxislehrperson zu werden. Bis dahin hole ich mir noch etwas Erfahrung im Unterrichten."

Und dann wendet er sich wieder der Gruppe zu, die bereits beim nächsten Spiel ist: Ein grosses Spinnennetz aus Schnur ist zwischen den Bäumen aufgespannt. Die Teilnehmenden sollen durch die Zwischenräume auf die andere Seite gelangen, ohne das Netz zu berühren. Sonst müssen sie wieder von vorne beginnen. Die Schwierigkeit daran: Alle Leerräume müssen mindestens einmal durchstiegen werden. Die Gruppe diskutiert, wer zuerst durch das Netz klettert. Christian Stauffer steht daneben und spielt Schiedsrichter. Die Ersten steigen durch die unteren Zwischenräume und sind bereit, die Nächsten in Empfang zu nehmen, die durch die oberen Felder "durchgereicht" werden. Die Spannung steigt. Schaffen sie es, ohne die Schnur zu berühren? Teamarbeit und strategisches Denken sind gefragt. Aus dem Spiel wird angewandte Erlebnispädagogik.