Verlauf und Lehrplanbezug
Ziel
Im 19. und 20. Jahrhundert fanden in Europa zahlreiche Völkerschauen statt, in welchen dem Publikum "Fremde Völker" vorgeführt wurden. Mittels einer Quellenarbeit sowie eines Perspektivenwechsels beschäftigen sich die Lernenden mit diesen Völkerschauen und betten sie in die historische Epoche des Kolonialismus ein, wobei auch Bezüge zum heutigen "Ethnotourismus" hergestellt werden. In der abschliessenden Synthese nähern sich die Lernenden der übergeordneten Thematik des “Othering” an.
Zeit
Für die Behandlung dieser Sequenz sollten mindestens 2-4 Lektionen veranschlagt werden. Falls alle Teilthemen behandelt werden, beträgt der Zeitaufwand 8-10 Lektionen. Die didaktische Phase “Anwenden” kann bei knapper Zeit auch weggelassen werden, die Synthese kann gekürzt und/oder mündlich im Klassengespräch durchgeführt werden.
Didaktische Phase * | Aufgaben |
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Explorieren erkunden, begegnen, Vorwissen und Erfahrungen aktivieren, Konzepte prüfen und hinterfragen, aktiventdeckend |
Heranführen an Völkerschauen Die visuelle Irritation des afrikanischen Dorfs in der Schweizer Agglomeration soll bei den Lernenden Verwunderung auslösen und ihre Neugier wecken.
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Erarbeiten neue Konzepte und Handlungsweisen kennenlernen, ordnen |
Völkerschauen – Bilder des Fremden
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Vertiefen trainieren, erweitern, für sich verfügbar machen |
Aufgabe 3: Perspektivenwechsel Alternative: Für Klassen, in welchen “emotionales Outing” schlecht funktioniert, resp. wo die Gefahr besteht, dass der Perspektivenwechsel ins Lächerliche gezogen wird, kann der Auftrag als Tagebucheintrag konzipiert werden, evt. auch als Hausaufgabe. Didaktische Prinzipien und historische Kompetenzen: |
Anwenden in bekannten Situationen |
Moderner Ethnotourismus unter der Lupe
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Synthese/Exkurs in unbekannten Situationen |
Die Gefahr der einzigen Geschichte Die Synthese in dieser Form eignet sich vor allem für engagierte und rhetorisch begabte Klassen. Didaktische Prinzipien und historische Kompetenzen: |
* Die didaktischen Phasen basieren auf dem Modell kompetenzfördernder Aufgabensets nach Kalcsics & Wilhelm, 2017.
Beurteilen
Besonders die Aufgaben zu Üben und Vertiefen sowie Anwenden müssen von der Lehrperson sorgfältig begleitet werden. Dabei ist besonders darauf zu achten, dass die Lernenden die Aufgaben mit der gebotenen Ernsthaftigkeit angehen. Nur so kann ein Perspektivenwechsel gelingen und bereichernd sein.
Als Prüfungsfrage (summative Beurteilung) könnte z.B. ein Fazit verlangt werden, weshalb/weshalb nicht ein Lernende einen Äthiopischen Stamm besuchen würde. Bewertet werden könnte dabei die Stringenz der Argumentation.
Auch die letzte Frage der Aufgabe 6 eignet sich als Prüfungsaufgabe:
Warum sind Menschen so anfällig für “die einzige Geschichte”?
Bei leistungsschwächeren Klassen kann die Aufgabe auch noch gestellt werden, wenn sie bereits im Unterricht besprochen wurde.
Unterrichtsmaterial

Völkerschauen
Unterrichtsmaterialien1925 wurden in Zürich während zwei Monaten eine Gruppe von 74 westafrikanischen Menschen zur Schau gestellt. Diese Völkerschau wird als Ausgangspunkt gewählt, um den rassistischen Zeitgeist des Kolonialismus zu dekonstruieren. Ausserdem werden die Lernenden dazu angeregt, sich auf emotionaler und persönlicher Ebene mit dem Thema auseinander zu setzen, Parallelen in die Gegenwart zu ziehen und über den Prozess des "Othering" zu reflektieren.

Fremde Bilder - Koloniale Spuren in der Schweiz
UnterrichtsmaterialienDas Lehrmittel enthält auch einen Teil zu Völkerschauen. Der Fokus liegt aber eher auf den Fragen, weshalb die Völkerschauen grosse komerzielle Erfolge waren (Exotismus), als auf dem rassistischen und kolonialistischen Gedankengut dahiner.

Koloniale Interpretationsmuster in Schweizer Comics
UnterrichtsmaterialAnhand einer Auswahl von Bild- und Textquellen dekonstruiert diese Unterrichtssequenz die kolonialistischen und rassistischen Bilder, welche die scheinbar harmlosen Kinderfiguren Globi und Kasperli reproduzieren.
Das Modul aus dem Buch "Kolonialismus und Dekolonisation in nationalen Geschichtskulturen und Erinnerungspolitiken in Europa" ist wohl in erster Linie für die Sekundarstufe II konzipiert. Gerade die Bildquellen eignen sich jedoch auch für den Einsatz im RZG-Unterricht. Die Aufträge müssen allenfalls etwas vereinfacht werden.
Das Modul besteht aus Quellen, zusätzlichem Material, Einordnung des Moduls in den Unterrichtskontext, Lernzielen und Kompetenzen, Arbeitsaufträgen, Erwartungshorizont und Verlaufsplanung.

Ein anderes Bild von Afrika
UnterrichtsmaterialChimamanda Adichie fordert die Welt auf, nicht mehr nur die einzige Geschichte zu erzählen. Der Verein "geimsam für Afrika" hat Unterrichtsmaterialien entwickelt, welche die Vielfalt des Kontinents aufzeigen, Vorurteile aufbrechen und positive Entwicklungen an konkreten Beispielen aufzeigen, ohne die anstehenden Herausforderungen aus den Augen zu verlieren.
Der Youtubekanal "MyAfricaIs" erzählt Geschichten abseits von Vorurteilen und Stereotypen - etwa das Musikvideo einer kenianischen Rockband.

Merken, was läuft - Rassismus im Visier
Handbuch und UnterrichtsmaterialVom Fremden, das zu unserem Alltag gehört, über Vorurteile und Anfeindungen in ihren verschiedenen Erscheinungsformen bis zur rassistischen Ausgrenzung und Machtausübung ist der Weg oft kurz. Es ist das Anliegen der Herausgeber/innen, den aktuellen Wissensstand über die Mechanismen von Rassismus mit passenden Materialien für die Schulen zugänglich zu machen. Die Publikation mit der integrierten DVD ist für den Einsatz im Unterricht auf der Sekundarstufe und an Berufsschulen konzipiert. Den Lehrpersonen wird mit präzisen Unterrichtshinweisen ermöglicht, auf ihre Lernende zugeschnittene Lektionen direkt zu übernehmen und zu gestalten. Die Materialien finden sich zusammen mit dem Film 'Colors of Schweiz' einsatz- und kopierbereit auf der DVD (Quelle: toleranzkultur.ch)

Look Twice - Sensibilieren gegen Ausgrenzung, Gewalt und Rassismus
Handbuch und UnterrichtsmaterialWie kann man menschenverachtende Taten illustrieren, ohne die Gefühle gewisser Gruppen zu verletzen oder bestehende Vorurteile zu zementieren? Wie kann man hochproblematische zwischenmenschliche Situationen darstellen, ohne si so zu zeigen, dass sich bestehende Stereotypen noch verfestigen statt abschwächen? Auf der Suche nach einer Antwort auf diese grundsätzlichen Fragen geht "Look Twice" neue Wege.
Anhand von 30 Bildmontagen mit Kommentaren und Verwendungshinweisen werden die Themen Ausgrenzung, Gewalt und Rassismus für den Unterricht aufbereitet. Die Montagen sind dabei nicht explizit sondern implizit: Tieren und Gegenständen werden kurze Dialoge und Statements angedichtet - und somit Fragestellungen aufgeworfen ohne Vorurteile zu reproduzieren.