Die kürzlich lancierten Studien finden im Rahmen von vier Schwerpunktthemen statt. Zu "Governance im System Schule" laufen gleich drei Projekte, bei der "Inklusiven Bildung" sind es zwei und für die "Fachdidaktische Forschung" sowie "Familie – Bildung – Schule" ist es je eines. Hier sind sie im Überblick:
Governance im System Schule
Lehrpersonenmangel im Schulalltag
Fehlende Lehrpersonen bleiben ein Dauerbrenner. Das Forschungsprojekt untersucht, wie diese Situation den Alltag in einzelnen Schulen beeinflusst und welche Massnahmen Schulleitende und Lehrpersonen ergreifen. Konkrete Fragen sind:
- Welche Schulen sind besonders vom Lehrpersonenmangel betroffen?
- Was machen Schulleitende und Lehrpersonen, um damit umzugehen?
- Was hat einen Einfluss darauf, welche Massnahmen als wichtig und wirksam erlebt werden?
Methodisch geht es um eine online Umfrage für alle Schulleitungen mit vertiefenden Analysen in sechs betroffenen Schulen. Interviews und Gruppengespräche in den ausgewählten Schulen beleuchten erfolgreiche Strategien und Herausforderungen. Ziel ist es, Schulen und Behörden den praxisnahen und kontextspezifischen Umgang mit Massnahmen (auf Kantonsebene und eigene) aufzuzeigen und Handlungsspielräume zu identifizieren.
| Projekt | “LEiF” - Lehrpersonenmangel: Einzelschulen im Fokus |
| Leitung | Michelle Jutzi und Chantal Kamm |
| Team | Luis Aguilar und Céline Lüthi |
| Laufzeit | 1. April 2025 bis 31. Mai 2028 |
Vom Umgang mit Assistenzpersonen
An den Schulen arbeiten immer mehr Assistenzpersonen, etwa Klassenhilfen. Sie unterstützen Lehrpersonen in grossen Klassen oder Kinder mit besonderen Bedürfnissen. Oft fehlt ihnen aber eine pädagogische Ausbildung, was zu Problemen führen kann. In der Schweiz gibt es dazu noch wenig Wissen, was das Forschungsprojekt ändern will.
Es untersucht, wie Schulleitungen im Kanton Bern mit Assistenzpersonen umgehen: Wie setzen sie sie ein? Wie erfolgt die Begleitung? Und was bringt ihr Einsatz? Dafür führt das Forschungsteam Interviews mit Schulleitungen. Es werden unterschiedliche Schulen berücksichtigt, um verschiedene Erfahrungen zu erfassen. Die für die Praxis aufbereiteten Ergebnisse sollen helfen, den Einsatz von Assistenzpersonen zu verbessern.
| Projekt | Der Einsatz von Schulassistenzen aus der Sicht von Schulleitungen (ESaSS) |
| Leitung | Sonja Beeli-Zimmermann |
| Laufzeit | 1. April 2025 bis 31. März 2027 |
Digitale Technologien selbstbestimmt nutzen
Digitale Plattformen werden heute häufig für die Organisation des Unterrichts genutzt. Da sie spezifische Vorstellungen von Lernen und Bildung beinhalten, sind sie keine neutralen Werkzeuge.
Vor diesem Hintergrund will das Forschungs- und Entwicklungsprojekt den selbstbestimmten Umgang mit digitalen Technologien stärken. Ziel ist, dass Lehrpersonen Plattformen kritisch-reflexiv für ihre Unterrichtsentwicklung nutzen können. Die Reflexion und Entwicklung wird durch Fachinputs und den Austausch in gemeinsamen Workshops angeregt sowie durch eine ethnografische Forschung begleitet. Für die Ausarbeitung konkreter Unterrichtsszenarien erhalten die Lehrpersonen Unterstützung von Medienpädagoginnen und -pädagogen.
Geplant ist, die entwickelten Unterrichtsszenarien als frei zugängliche Materialien zu veröffentlichen. Die Erkenntnisse fliessen in die Bildung der Lehrpersonen ein.
| Projekt | Kritisch-reflexive Entwicklung plattform-vermittelter pädagogischer Praktiken |
| Leitung | Judith Hangartner |
| Team | Daniel Hürzeler und María Guadalupe Ramirez |
| Laufzeit | 1. Oktober 2025 bis 31. Juli 2029 |
Inklusive Bildung
Mehr Wohlbefinden dank Digitalkit
Lehrpersonen und Schulen vermitteln den Kindern nicht nur Inhalte. Es geht auch darum, für ihr Wohlbefinden und ein positives Lernklima zu sorgen und soziale Kompetenzen zu vermitteln. Hierzu ist es wichtig zu wissen, wie es den Schülerinnen und Schülern geht, zu überlegen, was sie tun können, damit das soziale Miteinander gelingt – und zu entscheiden, an welchen Kompetenzen sie mit den Kindern arbeiten wollen.
Mit Lehrpersonen und Fachleuten aus der Schulpsychologie und der sozialen Arbeit soll im Projekt ein kostenloses digitales Toolkit entstehen, das Schulen und Lehrpersonen bei diesen Aufgaben unterstützt. Dabei fliessen die Stimmen der Schülerinnen und Schüler ein.
Das Toolkit enthält drei Bausteine, um die psychische Gesundheit der Kinder zu stärken und überfachliche Kompetenzen zu fördern:
- ein Befragungstool, mit dem Kinder über ihr Befinden Auskunft geben können,
- ein Feedback-Tool, das die Ergebnisse einfach und verständlich darstellt, sowie
- eine Sammlung mit Ideen für praktische Übungen für die Schule und den Unterricht.
| Projekt | Schul-Connect – eine digitale Lösung zur Förderung von Zugehörigkeit, Wohlbefinden und überfachlichen Kompetenzen |
| Leitung | Sergej Wüthrich |
| Team | Katja Saxer |
| Laufzeit | 1. Oktober 2025 bis 30. September 2027 |
Auswirkungen integrativer Massnahmen auf den Berufseinstieg
LABIRINT II ist der vierte Teil der Längsschnittstudie BELIMA der PHBern. Im Zentrum stehen junge Erwachsene im Kanton Bern, die während der obligatorischen Schulzeit unterschiedliche integrative Massnahmen erhalten haben (integrative Förderung durch eine heilpädagogische Fachperson, reduzierte individuelle Lernziele oder einen Nachteilsausgleich).
Das Projekt fragt nach den langfristigen Auswirkungen integrativer schulischer Massnahmen und psychischer Erkrankungen. Es geht dabei einerseits um den Ausbildungsabschluss auf Sekundarstufe II und den Eintritt in die Erwerbstätigkeit. Zum anderen richtet sich das Erkenntnisinteresse auf soziale Integrationsprozesse und das Wohlbefinden.
Um Antworten zu erhalten, ist im Frühjahr 2026 eine online Befragung einer Stichprobe junger Erwachsener vorgesehen. Ein Jahr später werden mit ausgewählten Teilnehmenden zusätzlich vertiefende Interviews geführt. Die erhobenen Daten ermöglichen einen detaillierten Einblick in die Situation von jungen Erwachsenen mit besonderem Bildungsbedarf beim Übertritt in die Erwerbstätigkeit. Im Dialog mit Fachpersonen der Berufsbildung sollen praxisorientierte Unterstützungsmöglichkeiten entstehen.
| Projekt | LABIRINT II – Auswirkungen von integrativen schulischen Massnahmen und psychischen Erkrankungen auf den Sekundarstufe-II-Abschluss und den Übergang in die Erwerbstätigkeit |
| Leitung | Caroline Sahli Lozano |
| Team | Kathrin Brandenberg, Sara Lustenberger und Xenia Melas |
| Laufzeit | 1. August 2025 bis 31. Juli 2029 |
| Drittmittel | Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI), andere Drittmittel |
Fachdidaktische Forschung
Wie Nachdenken über das Denken das Lernen verbessert
Menschen haben die Fähigkeit, sich Vorgänge zu erklären, ohne etwas darüber gelernt haben. Ein Kind, das noch keinen Physikunterricht hatte, könnte beispielsweise sagen, dass ein Stein im Wasser untergeht, weil "das Wasser ihn herunterzieht". Solche spontanen Erklärungen heissen intuitive Erklärungen.
Diese sind zwar nützlich, widersprechen aber oft wissenschaftlichen Erkenntnissen und erschweren mitunter das Verständnis für komplexe Konzepte im Schulunterricht. Daher versucht man, intuitive Vorstellungen durch wissenschaftliche Fakten zu ersetzen oder sie ganz aus dem Unterricht zu verbannen. Schülerinnen und Schüler sollten indes nicht lernen, solche Erklärungen zu vermeiden, sondern zwischen intuitiven und wissenschaftlichen Erklärungen zu unterscheiden und beide gezielt einzusetzen ("konzeptuelle Zweisprachigkeit").
Das Projekt möchte entsprechende Unterrichtsmethoden entwickeln und testen. Zusätzlich untersucht es, wie man Lehrkräfte ausbilden kann, um solchen Unterricht erfolgreich zu gestalten. Zu prüfen ist, ob das Nachdenken über das eigene Denken angehenden Lehrpersonen hilft, die nötigen Fähigkeiten selbst zu entwickeln und den Kindern effektiv weiterzugeben. Durch neue Wege soll das Verständnis für Naturwissenschaften wachsen und der naturwissenschaftliche Unterricht gefördert werden.
| Projekt | Integrating Intuitive and Scientific Reasoning: A Pluralistic Approach for Primary Science Education |
| Leitung | Sebastian Tempelmann |
| Team | Isabell Adler, Trix Cacchione, Fabienne Flessa, Katharina Kalcsics und Erdinë Krasniqi |
| Laufzeit | 1. September 2025 bis 31. August 2029 |
| Drittmittel | Schweizerischer Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) |
Familie – Bildung – Schule
Damit Schule und Eltern besser zusammenarbeiten
Die Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonen und Eltern hat zum Ziel, Schülerinnen und Schüler in ihrer Entwicklung bestmöglich zu unterstützen. Unklar ist aber, wie sich beide Seiten diese Kooperation vorstellen und welche Erwartungen sie haben. Wenn Letztere verschieden sind, können sie die Kommunikation und das Vertrauen belasten – und damit auch die Zusammenarbeit. Das Forschungsprojekt untersucht daher, wie Eltern und Lehrpersonen die Rollen in ihrer Beziehung sehen, inwiefern ihre Sichtweisen übereinstimmen und wo sie sich unterscheiden.
In einem ersten Schritt finden Gespräche mit Eltern und Lehrpersonen statt, um ihre jeweiligen Perspektiven besser zu verstehen. Davon ausgehend werden passende Fragen entwickelt und die entstandene Skala anhand einer Befragung von rund 600 Personen im Kanton Bern geprüft. Mit der Skala lässt sich untersuchen, inwiefern Sichtweisen von Lehrpersonen und Eltern die Qualität der Zusammenarbeit beeinflussen. So liefert das Projekt wertvolle Grundlagen, um die Kooperation zwischen Schule und Elternhaus zu verbessern.
| Projekt | Beliefs and role expectations in parent-teacher relationship – development and validation of a measurement tool |
| Leitung | Sümeyra Sahbaz und Caroline Villiger Hugo |
| Team | Sara Mühlematter und Edith Niederbacher |
| Laufzeit | 1. Oktober 2025 bis 31. März 2027 |